Von dieser Fürstin ist nicht allzuviel bekannt – nicht nur, weil nur noch wenige Dokumente aus dieser grauen Vorzeit erhalten sind, sondern auch, weil Frauen damals schon nicht allzu viel galten. Und doch muß sie ungeheuer einflußreich gewesen sein.
Geboren wird sie etwa 888 als Tochter des Gaugrafen Eberhard I., der im Gebiet um Zürich seine Besitzungen hatte, und Giselas von Friaul – diese war eine Enkeltochter Kaiser Berengars und Urenkelin Ludwigs des Frommen. Vor 905 wird sie mit Burchard II. verheiratet, dessen Vater zu der Zeit der mächtigste Adlige im alemannischen Stammesgebiet war.
In den Auseinandersetzungen um die Gründung eines Herzogtums in Alemannien unterliegt der Schwiegervater Burchard I. dem Bischof von Konstanz und dem Konkurrenten Erchanger sowie dem ostfränkischen König Konrad I. und wird 911 hingerichtet. Reglindis muß mit ihrer Familie zu Verwandten in die Lombardei fliehen. Aber schon wenige Jahre später (etwa 913) kehren sie zurück und nehmen die Besitzungen des Umgekommenen in Anspruch. 915 besiegt Burchard II. den König bei der Pfalz Bodman, wird aber noch nicht zum Herzog ausgerufen. Pfalzgraf Erchanger kann die Alemannen für sich gewinnen und diesen Titel erstmalig in Alemannien führen. Zwei Jahre später (917) sind Erchanger, ein Bruder und ein Neffe tot und Burchard, bislang Markgraf in Rätien und Graf im Thurgau und Zürichgau, kann ihn beerben. Er ninmt alle Besitztümer Erchangers an sich und wird von den Adligen Alemanniens als Herzog anerkannt. Im Jahr darauf stiftet er zusammen mit Reglindis das Frauenkloster St. Margarethen in Waldkirch.
Derweile ist die Familie von Reglindis gewachsen:
etwa 905 wird die Tochter Gisela geboren, die Laienäbtissin des Klosters St. Margarethen in Waldkirch wird. Möglicherweise wird sie mit Hermann, Graf im Pfullichgau, verheiratet. Beides steht damals nicht im Widerspruch – die Gründer und Gründerinnen eines Klosters oder Stiftes können trotz einer Ehe und ohne selber Gelübde abgelegt zu haben, dieses leiten.
Das zweite Kind ist wohl wieder eine Tochter, Hicha, die mit Werner V., Graf von Herrenberg, verheiratet werden wird. Ihr Sohn ist Konrad der Rote, später Schwiegersohn Ottos des Großen. (Möglicherweise ist Konrads Mutter aber auch eine Konradinerin, wofür der Name des Sohnes spricht.)
Auch das dritte Kind ist eine Tochter, Berta, geboren um 907 – sie wird später mit Rudolf II., König von Burgund, verheiratet. Ihre Tochter ist die spätere Kaiserin Adelheid, zweite Ehefrau Ottos des Großen.
Endlich wird um 915 der Stammhalter geboren – Burchard III., später Markgraf von Rätien, Graf im Thurgau und im Zürichgau sowie Herzog von Alemannien. Wenig später kommt noch ein Sohn auf die Welt – Adalrich, der als Einsiedler und Wundertäter auf der Insel Ufenau leben und sterben wird. Die Insel gehört seit 947 dem Kloster Einsiedeln, vorher gehörte sie zu den Besitzungen des Damenstiftes Säckingen.
Im Jahre 919 erobert Rudolf II. von Burgund die Königspfalz Zürich und dringt bis an den Bodensee vor. Das Gebiet dort ist zum damaligen Zeitpunkt das politische und kulturelle Zentrum des Herzogtums Alemannien. Burchard II. kann durch den Sieg bei Winterthur im selben Jahr die Expansionsgelüste Rudolfs dämpfen. Als Besiegelung des Friedens mit Burgund wird 922 eine politische Ehe geschlossen: Rudolf heiratet Berta. Im gleichen Jahr kann Rudolf die Krone Italiens annehmen. Da sich die lombardischen Adligen damals genau so wenig einig sind wie die italienischen Politiker in der Neuzeit, entwickeln sich binnen weniger Jahre heftige Widerstände. Als der lombardische Adel 926 zu revoltieren beginnt, eilt Burchard seinem
Schwiegersohn zu Hilfe. Die Alemannen laufen ins Messer. Burchard fällt vor Novara, Rudolf zieht sich aus Italien zurück und übergibt im November desselben Jahres in Worms die Heilige Lanze Italiens an König Heinrich im Tausch für Basel.
König Heinrich der Vogler vergibt umgehend die Herzogswürde für Alemannien, denn dieses Herzogtum ist geopolitisch wegen der Alpenpässe nach Burgund und Italien ungemein wichtig. Seine Wahl fällt auf Hermann I., einen Cousin König Konrads I. und gebürtigen Franken. Noch im selben Jahr verheiratet sich Reglindis mit ihm, sodaß die Erbfolge auch formal für die Alemannen in Ordnung geht. Durch die erneute Eheschließung kann sie die Erbansprüche ihrer Söhne sichern. Wenige Jahre nach der zweiten Hochzeit kommt Reglindis’ vierte Tochter zur Welt, Ita, später die Ehefrau Liudolfs von Sachsen und Schwiegertochter Ottos des Großen.
Das Herrscherpaar gibt reiche Zuwendungen an das Fraumünster (ein Nonnenkloster) zu Zürich sowie an das Damenstift Säckingen. Besonders Säckingen hat unter den Hunneneinfällen der Jahre 917 und 925 sehr gelitten, es wurde zerstört und geplündert. Seit 928 ist Reglindis Laienäbtissin der beiden Klöster. Nach dem Tode Hermanns im Jahre 949 zieht sich Reglindis in das Züricher Fraumünster zurück. Sie unterhält enge Beziehungen zum Kloster Einsiedeln, dem ihr jüngster Sohn als Mönch
angehört, und an dessen Gründung um 930 sie mit Hermann beteiligt war. Im Jahre 947 verleiht Otto der Große dem Kloster Immunität sowie das Abtwahl-Recht und macht es damit zu einem Königskloster im Range einer karolingischen Reichsabtei. Reglindis stiftet auf Ufenau, das damals dem Damenstift Säckingen gehört, später aber durch kaiserliche Schenkung zu Einsiedeln kommt, die Martinskapelle und die Pfarrkirche St. Peter und Paul. Dort lebt ihr jüngster Sohn Adalrich inzwischen als Einsiedler. Hier ist er auch um 973 gestorben. Später wurde er heilig gesprochen.
Reglindis ist an einem 19.08. nach 958 gestorben, möglicherweise auf Ufenau, und wurde in der Kilianskapelle des Klosters Reichenau beigesetzt. Ihr Sterbetag ist durch verschiedene erhalten gebliebene Memorialverzeichnisse unterschiedlicher Klöster und Stifte (Essen, Einsiedeln, Waldkirch, Merseburg) überliefert. Auf das Jahr muß man schließen: noch im Frühjahr 958 schenkt Otto der Große seiner Schwiegergroßmutter eine Besitzung in Nassau.
© Amhara zu Agorá
Letzte Kommentare