Erchanger II., Herzog von Schwaben

27. Januar 2013
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Wahrscheinlich ist dieser Haudegen ein Sohn des schwäbischen Pfalzgrafen Berchthold I. und einer Tochter des elsässischen Grafen Erchanger. Aber es wird auch spekuliert, die Mutter könne Gisela gewesen sein, eine Tochter Ludwigs des Deutschen. Damit wäre er mütterlicherseits Karolinger…
Sein Geburtsjahr ist nicht überliefert. Aber es wird um 870 gewesen sein, vielleicht fünf Jahre früher.
Seine Schwester Kunigunde wird mit Markgraf Luitpold von Karantanien verheiratet, das ist das heutige Kärnten, Teile Ungarns gehören ebenfalls zum Zuständigkeitsbereich (Westpannonien). Die Hauptaufgabe des Markgrafen ist es, gegen die ständig ins Land einfallenden Ungarn gerüstet zu sein. Fast jährlich überfallen nomadische Magyaren die seßhaften Bayern, Sachsen, Schwaben und Franken. 907 gedenkt Luitpold, den Spieß umzudrehen, und fällt mit einem großen Aufgebot in Pannonien ein. Es endet katastrophal. In der Schlacht bei Preßburg (Bratislava) am 05.07.907 fallen der Markgraf, mit ihm drei Bischöfe, fast alle Grafen und ein Großteil des wehrfähigen Aufgebots der “Bayern”.

Wiborada und Salomo III.

Salomo III. im Gespräch mit Wiborada (Cod. Sang. 260; 15. Jhdt.; Quelle: Wikipedia)

Mit seinem Bruder Berchthold versteht Erchanger sich gut. Erchanger wird als Königsbote bezeichnet, zudem ist er Pfalzgraf der Pfalz Bodman. In beiden Funktionen ist er Beauftragter und Sachwalter des Königs. Er gehört zur Elite des Reiches. Bis ins Jahr 911 hält eine Allianz mit Bischof Salomo III. von Konstanz wegen gemeinsamer politischer Interessen. Beide nämlich stehen in Konkurrenz zu Burchard I., der den Rang eines Herzogs anstrebt. Damit wäre er annähernd königsgleich – Bischof und Pfalzgraf wären in ihrem Freiraum beschnitten. 911 wird Burchard I. des Hochverrats beschuldigt und hingerichtet. Möglich ist auch, daß die Adelsversammlung in einen Tumult ausartet und Burchard dabei erschlagen wird. Anschließend sind Erchanger und sein Bruder Berchthold die einflußreichsten Grafen in Alemannien, wie Schwaben damals noch genannt wurde. Auch militärisch ist Erchanger erfolgreich. 913 kann er zusammen mit Arnulf von Bayern die Magyaren bei Ulm gründlich besiegen. Angeblich gab es nur 30 Überlebende auf ungarischer Seite.
Im selben Jahr kommt es zwischen Erchanger und König Konrad I. zum Streit. Möglicherweise dotiert der König den Bischof von Konstanz zu großzügig mit Krongut. Und es gilt nicht nur heute die Devise “Geld ist Macht”! Zur Versöhnung verheiratet Erchanger seine frisch verwitwete Schwester Kunigunde mit dem König. Im Gegenzug setzt dieser Erchanger als seinen Vertreter in Schwaben ein. Das wiederum führt zum Konflikt mit dem Bischof von Konstanz (auch wirtschaftlich), so daß Erchanger 914 befiehlt, Salomo in Haft zu nehmen.
Daraufhin läßt der König seinen Schwager Erchanger inhaftieren und in die Verbannung schicken, während der Bischof wieder frei kommt. Aber schon 915 kehrt Erchanger aus der Verbannung zurück. An der Seite des bayrischen Herzogs Arnulf, seines Neffen, kämpft er siegreich in der Schlacht am Inn gegen die Ungarn. Anschließend verbündet er sich mit Burchard II., dem Sohn des 911 auf sein Betreiben hin zu Tode gekommenen Fürsten, gegen den König – sie besiegen ihn in der Schlacht bei Wahlwies im Hegau. Dies liegt in der Nähe der Königspfalz Bodman. Anschließend rufen ihn seine Männer zum Herzog von Schwaben aus.

Alamannien_Hochburgund_ca_1000

Herzogtum Alemannien (nach: Allg. Hist. Handatlas; G. Droysen; 1886; Quelle: Marco Zanoli bei Wikipedia)

Die Synode von Hohenaltheim verurteilt ihn deswegen (wegen der Renitenz gegen den König, der als “christus domini” – also “Gesalbter des Herrn” bezeichnet wird) im September 916 zu lebenslanger Klosterhaft. Anscheinend ist diese Haft nicht besonders streng. Zumindest hat Erchanger die Möglichkeit, sich auf den Weg zu König Konrad zu machen. Er will versuchen, sich mit ihm auszusöhnen. Während der Anreise aber werden Erchanger und sein Bruder Berchthold mit ihren Begleitern auf Befehl Konrads ergriffen und hingerichtet. Ihr Todestag ist der 21.01.917. Sie werden in der Johanniskirche zu Wannweil bestattet. Die Güter der Brüder werden konfisziert. Erchanger ist ebenso verheiratet wie sein Bruder. Von seiner Frau ist allerdings nur der Name bekannt: Bertha. Sie darf ihren Besitz, die Morgengabe, behalten. Von Kindern wissen wir nichts Genaues – es sind zwei Söhne überliefert, aber welcher Bruder der Vater von welchem Sohn ist, erzählen die alten Dokumente nicht….

© Amhara zu Agorá

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2 Responses to Erchanger II., Herzog von Schwaben

  1. Amhara zu Agora
    15. Mai 2016 at 09:14

    Danke für diese profunde Korrektur und ausführliche Ergänzung!
    Amhara zu Agorá

  2. Monika Medel
    14. Mai 2016 at 14:51

    Der Weilheimer Historiker Rolf Götz hat sich eingehend mit der Thematik befasst.Er kommt zu dem Schluss, dass die Hinrichtung der beiden in Aldingen bei Spaichingen stattfand, und dass sie auch dort in der Nähe bestattet wurden. Die Skelette in der Wannweiler Johanneskirche wurden vom dortigen Pfarrer Caspert 1882 als die Gebeine der Pfalzgrafen interpretiert, was auch vielfach übernommen wurde, sich jedoch als haltlos erwiesen hat. Siehe auch Rolf Götz in “Aus Südwestdeutscher Geschichte” Kohlhammer 1994, Seite 58ff. Seine Schlussfolgerungen wurden allgemein anerkannt, auch in Wannweil, bei Führungen in der dortigen Kirche werden die “Kammerboten” nicht mehr erwähnt.
    Bertholds Sohn Adalbert von Marchthal hatte den Familienbesitz wieder inne, als einzige schwäbische Große hielten er und Bischof Ulrich von Augsburg zu Otto I. beim gegen diesen gerichteten Aufstand und er fiel bei der Schlacht von Schwabmünchen. Sein Sohn Berthold stiftete sehr viel Besitz an Klöster, wie es in solchem Umfang nur bei kinderlosen Adligen der Fall war. Die Tochter Judith von Marchtal wurde als Frau Konrads I. von Schwaben Mutter von Herzog Hermann II. Dieser ließ das heruntergekommene Hauskloster Marchthal beim alten Familiensitz “Alte Burg” neu gründen und erbaute dort auch ein “castellum”. Die übrigen, immer noch umfangreichen Güter der Familie finden sich kurz darauf im Besitz der späteren Zähringer bzw. Steußlinger. Historiker gehen davon aus, dass es sich höchstwahrscheinlich nicht nur um Nachfolger, sondern auch Nachkommen der Familie handelt (z.B. A.Uhrle in seiner Dissertation 1960), wenn auch irgendwie in der weiblichen Linie. Es kommt insbesonders bei den Steußlingern zu vielen Verzweigungen, die Linien sterben nach und nach aus, aber das Haus Baden blüht immer noch.
    Mit freundlichem Gruß
    Monika Medel

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