Ludwig IV. d’Outre-Mer, König des Westfrankenreiches

21. Juli 2013
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Er ist einer der letzten Karolinger auf dem Königsthron im Westfrankenreich. Sein Vater Karl III., genannt der Einfältige, hat nur diesen einen Sohn aus zweiter Ehe. In erster Ehe waren ihm sechs Töchter geboren worden. Nach dem Tode der ersten Ehefrau hatte Karl sich eine Angelsächsin gewählt, Eadgifu von Wessex, Tochter Eduards des Älteren. Vermutlich sollte diese Verbindung für eine Koalition gegen die Normannen günstig sein, die immer wieder plündernd in das Reich einfielen. Außerdem gibt es noch einige “Kegel” aus nebenehelichen Konkubinaten, die eben aus diesem Grunde aber nicht erbberechtigt sind.

Ludwig IV d Outre-Mer

Krönung von Ludwig IV d Outre-Mer
Quelle: Wikipedia

Karl III. hat sich Zeit seines Lebens mit Gegnern auseinanderzusetzen. Erst geht es um die Thronfolge, dann um die Anerkennung als König. Schlußendlich muß er versuchen, sich gegen Gegenkönige zu behaupten. Die Herrschaft eines Karolingers wird nicht mehr anerkannt, nur weil er ein Nachfahre Karls des Großen ist. Im Jahre 923 wird er in eine Falle gelockt und gefangen genommen. Eadgifu kann in den Wirren mit ihrem kleinen Sohn nach Wessex zu ihrem Vater fliehen. Ludwig ist erst zwei Jahre alt.
Er wächst am Hofe seines Großvaters und anschließend an dem seines Onkels Aethelstan auf. Im Westfrankenreich regiert derweile Rudolf von Burgund. Im Jahre 929 stirbt Karl als Gefangener; 936 stirbt auch Rudolf und hinterläßt keine Söhne.
Hugo der Große aus dem Geschlecht der Robertiner zieht es vor, nicht selbst nach der Krone zu greifen. Lieber will er als “graue Eminenz” im Hintergrund die Fäden ziehen. Zudem ist er mit einer Schwester Eadgifus und Aethelstans verheiratet. Seine Verhandlungen mit dem sächsischen Königshaus zu Wessex führen zur Rückkehr Ludwigs auf das Festland. Hugo und andere Große des Reiches huldigen dem jungen Prinzen – Ludwig ist erst 15 Jahre alt – und er wird ohne Widerstand von irgend einer Seite am 19.06.936 durch Erzbischof Artold von Reims in Laon zum westfränkischen König gekrönt.
Hugo hat nun eine einzigartige Sonderstellung. Für ihn schafft der junge König die Stellung eines “Herzogs der Franken” (dux francorum). In allen Reichsteilen steht er zwischen dem König und den nachrangigen Vasallen. Faktisch ist Ludwig damit nur noch nominell König – Hugo hat die Machtfülle eines karolingischen Hausmeiers.
Anfangs ist Ludwig völlig von seinem Vormund abhängig, doch nach etwa einem Jahr beginnt er, sich abzunabeln. Dabei stützt er sich auf andere Vornehme. So macht er Erzbischof Artold von Reims zu seinem Kanzler und schließt mit Rudolf dem Schwarzen von Burgund ein Bündnis.
Das läßt Hugo nicht auf sich beruhen. Nach dem Tode seiner englischen Frau heiratet er Ottos I. Schwester Hadwig. Als sich Giselbert von Lothringen und Eberhard von Franken gegen Otto erheben und der Oberhoheit Ludwigs unterstellen, eröffnet sich diesem die Chance, karolingisches Stammland zurückzugewinnen. Aber Otto gewinnt die Schlacht von Andernach. Eberhard fällt und Giselbert ertrinkt im Rhein. Noch im selben Jahr heiratet Ludwig die etwa sieben Jahre ältere Gerberga, Witwe von Giselbert und Schwester Ottos. Diese Ehe macht Otto I. zum Schiedsrichter zwischen Ludwig und Hugo.
Kämpfe um die Normandie führen zu einer üblen Demütigung Ludwigs. Er gerät in einen normannischen Hinterhalt, wird gefangen genommen und an Hugo ausgeliefert. Nur gegen die Übergabe des Machtzentrums Laon kommt Ludwig im Jahre 946 frei. Zudem muß einer seiner Söhne, der erst wenige Monate alte Karl, an seiner Statt als Geisel gestellt werden.
Die dramatische Schwächung des westfränkischen Königtums liegt nicht im Interesse Ottos. Auch auf Bitten seiner Schwester Gerberga greift er ein und kommt Ludwig militärisch zu Hilfe. Die Heere der beiden Könige können zwar weder Laon, Senlis, Paris oder Rouen einnehmen, aber Reims, wo Erzbischof Artold wieder in sein Amt eingesetzt wird. Hugo hatte ihn abgesetzt und einen Kandidaten eigener Wahl zum Erzbischof erhoben.
Im Juni des Jahres 948 tritt eine Synode westfränkischer, lothringischer und ostfränkischer Bischöfe unter Vorsitz eines päpstlichen Legaten in Ingelheim zusammen. An dieser Versammlung nehmen auch Otto und Ludwig teil. Die Synode verurteilt Hugos Vorgehen gegen den Erzbischof von Reims und exkommuniziert ihn.
Im Jahre 950 vermittelt Herzog Konrad der Rote von Lothringen im Auftrage Ottos einen Frieden zwischen Ludwig und Hugo. Hugo gibt nun auch die Zitadelle von Laon zurück, die er bis zum Schluß gehalten hat. Im Jahre 951 verläßt Ludwigs Mutter, Königin Eadgifu, das Kloster von Notre Dame de Laon, um Graf Heribert den Alten von Méaux und Troyes zu heiraten. Dieser ist ein Sohn Heriberts II., in dessen Gefangenschaft Karl III. gestorben ist. Durch diese Ehe wird Heribert ein treuer und zuverlässiger Verbündeter Ludwigs.
Ludwig hat im Herbst des Jahres 954 einen schweren Reitunfall und stirbt mit 33 Jahren an den Verletzungen. Er ist in Saint-Remi zu Reims bestattet worden. Sein ältester Sohn, Lothar, kann ihn beerben – dafür sorgen die Mutter Gerberga und der Onkel Brun. Von den sechs jüngeren Geschwistern überleben nur zwei das Kindesalter, seine Schwester Mathilde und sein Bruder Karl. Dieser Karl trägt den Namen eines verstorbenen Bruders – dieser starb als Geisel der Normannen mit etwa sieben Jahren, bevor der jüngere geboren wurde.

© Amhara zu Agorá

 

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