Lucrezia Borgia (auch: Lucretia Borgia)

26. Mai 2013
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Sie gilt bis heute, wie viele andere Frauen vor ihr, als besonders berechnend und skrupellos.

Dichter und Geschichtenerzähler inspirierte das Leben der Lucrezia Borgia, sodaß Victor Hugo ihr eine Tragödie widmete. Gaetano Donizetti schuf daraus eine Oper und Christian Morgenstern schrieb ihr ein Gedicht, etliche Filme spiegeln ihr Leben wieder.

Wer war Lucrezia Borgia ?

Lucrezia Borgia war eine, dem Schönheitsideal der Renaissance entsprechend, außergewöhnlich schöne Frau. Darstellungen zeitgenössischer Kunst belegen dies. Überlieferungen beschreiben sie als graziös, mit einem schwebendem Gang, mit dichtem blondem Haar, das ihr bis zu den Knien reichte, mit hohem Busen und natürlicher Anmut.

Bildnis Lucretia Borgia - Künstler und Datum unbekannt

Bildnis Lucretia Borgia – Künstler und Datum unbekannt (Quelle: Wikimedia)

“Sie ist von mittlerer Größe und anmutiger Gestalt”, beschreibt sie ein Zeitgenosse. “Ihr Gesicht ist eher lang, die Nase ziemlich schön geschnitten, das Haar golden, die Augen haben keine besondere Farbe, ihr Mund ist ziemlich groß, die Zähne sind strahlend weißt, ihr Hals ist schlank und schön, ihr Busen bewundernswürdig geformt. Immer ist sie fröhlich und lächelt.” Sie sprach Spanisch und Katalanisch, Französisch, Italienisch, Latein und verstand wohl auch Griechisch.

Aber sie scheint eine sehr mächtige Frau gewesen zu sein. Die Vorstellung von einer schönen Hexe, einer Giftmischerin, Intrigantin und zügellosen Nymphomanin, ergibt sich dann wie von selbst. Lucrezia Borgia wurde so im Laufe der Jahrhunderte zum Inbegriff der skrupellosen, machthungrigen Femme fatale, die stets einen Giftring am Finger trug, um sich aller Widersacher rasch entledigen zu können. An ihrem Hofe sollen die wildesten Orgien gefeiert worden sein.

Nichts von all dem stimmt. Es ist an der Zeit, diese Dame ins rechte Licht zu stellen, eine Frau, die für ihre Zeit wirklich bemerkenswert war.

Lucrezia Borgia  wurde am 18. April 1480 in Rom geboren. Rodrigo Borgia war ihr Vater, der damals schon Kardinal, aber noch nicht Priester war und später zum Papst gewählt wurde .

Vanozza de’ Cattanei war ihre Mutter. Lucrezia hatte drei Brüder, darunter Cesare Borgia, und mindestens drei weitere von ihrem Vater gezeugte Halbgeschwister. Dieses war in der damaligen Zeit nichts, worüber sich das Volk echauffiert hätte. Als Vanozza nach dem Tod ihrer beiden ersten Ehemänner zum dritten Mal heiratete, wurde Lucrezia von Adriana Mila Orsini erzogen, einer verwitweten Cousine ihres Vaters. In deren Haus freundete sie sich mit Giulia Farnese an, die im Alter von fünfzehn Jahren mit Adrianas Sohn Orso Orsini verheiratet worden ist.

Ihrem  Vater war es wichtig, Lucrezia gut zu verheiraten. Im Alter von elf Jahren wurde Lucrezia Borgia per procurationem mit dem Spanier Don Gasparo d’Procida und Anversa verheiratet Als Rodrigo im darauffolgenden Jahr zum Papst ernannt wurde, führte er fortan den Namen Alexander VI. Als  ihm diese Ehe nicht mehr opportun erschien, löste er sie auf und vermählte Lucrezia aus machtpolitischen Erwägungen mit dem Mailänder Giovanni Sforza, dem Neffen des faktischen Machthabers Ludovico Sforza (“il Moro”) von Mailand. (Offiziell regierte bis 1494 dessen unfähiger Neffe Gian Galeazzo Sforza.) Die Hochzeit fand am 2. Februar 1493 statt.

Nochmals  änderte Papst Alexander VI. seine Meinung. Am 14. Juni 1497 verlangte er von Giovanni Sforza und dessen Onkel die Einwilligung in eine Annullierung der Ehe. Im

Papst Alexander VI

Papst Alexander VI – Künstler und Datum unbekannt (Quelle: Wikimedia)

Zuge der erzwungenen Scheidung zeigte Lucrezia eine ungewöhnliche Charakterstärke. Sie zog sich gegen den Willen ihres Clans in ein Kloster zurück. Alle Indizien deuten darauf hin, dass ihr die stetig zunehmende Gewalt der Familie und die immer krasseren Normenübertretungen und Tabubrüche zuwider waren. Das sagen zumindest Kenner der „Materie Lucrezia“.

Am 20. Dezember 1497 erklärte man ihre zweite Ehe für ungültig. Zur Begründung hieß es … Giovanni Sforza habe wegen seiner Impotenz die Ehe nicht vollziehen können. Giovanni Sforza rächte sich für die erzwungene und vermutlich nicht den Tatsachen entsprechende Erklärung, indem er das Gerücht streute, Lucrezia lebe nicht nur mit ihrem Bruder Cesare, sondern auch mit ihrem Vater, dem Papst, in Blutschande. Darunter litt auch das, was von ihrem Ruf noch übrig war. Das absichtsvoll gestreute Gerücht glaubten nicht nur die Anhänger der Sforza gern: dass der um 1497 in den Papst-Haushalt geborene Giovanni Borgia Produkt eines Inzests zwischen Lucrezia und ihrem Bruder Cesare oder gar mit ihrem Vater Papst Alexander VI. sei. Der Papst hat später seine Vaterschaft in einer geheim gehaltenen Bulle anerkannt, den Namen der Mutter aber nicht veröffentlicht. Bei einem unehelichen Kind kam es darauf auch gar nicht an.

Doch alle Charakterstärke reichte nicht aus, sich den Wünschen des Vaters und Cesares, der wohl gerade Alexanders Lieblingssohn Giovanni durch Mord aus dem Weg geräumt hatte, zu entziehen. Lucrezia war zu wertvoll, um als totes Kapital im Kloster zu beten. Als nächstes wurde sie mit einem Sohn des neapolitanischen Königshauses verheiratet.

Im August 1498 verheiratete Papst Alexander VI. seine Tochter mit Alfonso, dem Herzog von Bisceglia, der ein Jahr jünger als die Braut war. Auch in diesem Fall  handelte es sich um eine Zweckehe. Trotzdem scheint das Paar sich  geliebt zu haben. Am 1. November 1499 gebar Lucrezia in Rom einen Sohn, der den Namen Rodrigo erhielt. Er wurde nur dreizehn Jahre alt. Im Laufe der Zeit geschahen noch einige familiäre Katastrophen. Alfonso wurde ermordet.

Papst Alexander VI. gelang es, seine einundzwanzigjährige, verwitwete Tochter Lucrezia mit dem vier Jahre älteren Alfonso I. d’Este zu vermählen. Nach dem Tod seines Vaters Ercole I. 1505 wurde er Herzog von Ferrara, Modena und Reggio. Den Hof von Ferrara machte Lucrezia Borgia zu einem Kulturzentrum. Als Lucrezia Anfang 1502 nach Ferrara aufbrach, zwang ihr Vater alle Kardinäle, ihr bis zum Stadttor das Ehrengeleit zu geben. Während Cesare das Aufbegehren gegen die Borgia-Herrschaft in Latium und Rom in der

Münze aus dem 16. Jahrhundert mit dem Bildnis von Giovanni Sforza

Münze aus dem 16. Jahrhundert mit dem Bildnis von Giovanni Sforza (Quelle: Wikipedia)

Folge in Blut ertränkte, wandelte sich die neue Fürstin von Ferrara zu einer Heiligen. Als Lucrezia 1519 im Kindbett starb, war sie eine hoch geachtete Familien- und Landesmutter. Doch ihr wirkliches Leben war längst von der unheimlichen Geschichte ihrer Familie verschlungen worden und den monströsen Bildern, die ihre Gegner davon zeichneten.

Dass Ferrara nicht nur eine hochattraktive und erfahrene Fürstin, sondern auch eine höchst versierte Regentin erhielt, dafür hatte der Papst gesorgt. Als er sich daran machte, die Güter seiner römischen Feinde einzuziehen, ließ er Lucrezia mehrmals als seine Stellvertreterin im Vatikan zurück. Tiefer, so wird es wohl dem damaligem Klerus erschienen sein, konnte der Vatikan nicht mehr sinken. Eine bildschöne Frau und Mutter, von der man erzählte, sie feiere mit ihrer Familie Orgien, Schwester eines  Bruders, der  eine einzige Blutspur hinterließ – leitete das Kollegium der Kardinäle.

Alexander VI. starb 1503. Damit brach Cesares Machtstellung wie ein Kartenhaus zusammen. Machiavellis Traktat “Der Fürst” kann durchaus als hämische Abrechnung mit dem Condottiere gedeutet werden, der sich des tönernen Fundaments seiner hochtrabenden Pläne nie bewusst geworden ist. Aus frivolen Fantasien und abgrundtiefem Hass wurden Gerüchte mit dem Segen der Kirche. Die Rechnung aber präsentierte kurz darauf ein Theologe in Wittenberg. 14 Jahre nach Alexanders VI. Tod forderte Martin Luther lautstark die Reformation des offensichtlichen Sündenpfuhls, der sich Kirche nannte.

Unterschrift "Lucretia de Borgia"

Unterschrift “Lucretia de Borgia” unter einem Brief an ihre Schwägerin Isabella Gonzaga, geschrieben im März 1519. Original Gonzaga Archiv Mantua (Italien) (Quelle: Wikimedia)

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One Response to Lucrezia Borgia (auch: Lucretia Borgia)

  1. Sofia Meister
    5. Juni 2013 at 08:36

    Spannende Romanbiographie über Lucrezia Borgia: http://www.roemerhof-verlag.ch/roemerhof-verlag/Lucrezia_Borgia.html

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