Hatto I. von Mainz

10. März 2013
Von

Geboren um 850, gestorben am 13.05.913, ist Hatto I. zu diesem Zeitpunkt Erzbischof von Mainz, Erzkanzler des Ostfränkischen Reiches, Abt der Reichsklöster Reichenau, Ellwangen, Lorsch, Weißenburg (im heutigen Elsaß) und Klingenmünster (Rheinland-Pfalz) – einer der mächtigsten Männer des Ostfrankenreiches.
Hatto stammt aus einer alemannischen Familie, die zum karolingischen Reichsadel zählte. Wohl sein Vater (Ato I.) ist als Graf unter den Kaisern Ludwig der Fromme und Lothar I. für weite Gebiete in der Bertoldsbaar zuständig und als kaiserlicher Beauftragter auch in politischer Mission unterwegs. Sein Onkel Adalbert ist Graf von Metz, ebenfalls ein Ratgeber und Vertrauter der beiden Kaiser.

Egbert-Psalter

König David; Egbert-Psalter; Werkstatt Kloster Reichenau um 980; Quelle: Wikipedia

Hatto ist Mönch auf der Reichenau, als er 887 Arnulf von Kärnten begegnet und von da an zu seinen Gefolgsleuten (“fideles” – Getreue) zählt. Im Kloster hat er eine profunde Ausbildung erfahren, er ist literarisch gebildet und im Kirchenrecht bewandert. Arnulf ernennt ihn im September 891 zum Erzbischof von Mainz, dem wohl wichtigsten Bistum des ostfränkischen Reiches, und zu seinem Erzkanzler. Als Erzkanzler leitet der Geistliche die Kanzlei und ist für den Schriftverkehr, die Verträge und die Urkunden des Herrschers zuständig.
Hatto kann bei Arnulf das Recht auf freie Abtswahl für die von ihm geleiteten Klöster erwirken. Damit kann jeder Konvent unabhängig von den politischen Interessen des Herrschers seine eigene Leitung wählen. Dennoch haben natürlich gerade die Reichsklöster nach wie vor eine immense Bedeutung für die Regierung: sie haben den Herrscher zu beherbergen, im Kriegsfalle Gefolgschaft (auch militärisch!) zu leisten, ihre Besitzungen weise zu verwalten, Kleriker auszubilden und – nicht zuletzt – die geglaubte Einheit der Lebenden und Toten durch die treue Beachtung der “memoria” in den Gottesdiensten zu bewahren.
Die Klöster brauchen selbstverständlich als Existenzgrundlage Besitzungen: ihnen gehören Dörfer, Felder, Seen, Wälder. Hatto kann bei Arnulf Königsprivilegien für seine Abteien erlangen, die ihm z.B. bestimmte Besitzungen bestätigen. Auch damit werden die Reichsabteien unabhängiger vom Hofe.
Als Abtbischof steht Hatto an erster Stelle der Rangordnung – er verfügt über die Einnahmen und Güter der Abteien und des Bistums. Dieser Reichtum verleiht Gewicht, und Hatto spielt in der Politik eine eigenständige Rolle. Die Synoden von Frankfurt (892) und Tribur (895) gestaltet Hatto inhaltlich entscheidend mit. Er veranlaßt Regino von Prüm, die kirchliche Gesetzgebung für die Visitation eines Kirchensprengels zusammenzustellen, und schafft damit ein geschätztes und praktisches Handbuch. Auf der Reichenau läßt er die St.Georgskirche erbauen, stattet den Dom zu Mainz prächtig aus und erweitert die Stadt bis an den Rhein. Und er begleitet Arnulf Anfang 894 und im Winter 895/96 nach Italien und ist bei der Kaiserkrönung im Februar 896 in Rom zugegen. Ebenfalls wichtig ist seine Beteiligung an den Verhandlungen 899 in St. Goar: Arnulf und sein Friedelsohn Zwentibold, König von Lothringen, bereiten Friedensverhandlungen mit Karl “le Simple” vor, um Lothringen beim Ostfränkischen Reich zu halten. Inzwischen neigt der lothringische Adel dem westfränkischen Karolinger zu und ist nur mit Waffengewalt zum Einhalten der Gefolgschaftseide zu zwingen. Diese Kraft aber hat nicht Zwentibold, sondern nur Kaiser Arnulf.
Als der Kaiser schon 899 stirbt und der Thronfolger noch so jung ist (Ludwig das Kind ist erst sechs Jahre alt!), zieht wohl Hatto die Fäden. Er ist maßgeblich an der Wahl des Kindes zum König beteiligt und möglicherweise er hält den Sachsenherzog Otto den Erlauchten aus dem Beraterstab der Regenten heraus, in dem er neben dem alten Bischof Albero von Würzburg und seinem guten Freund Bischof Salomo von Konstanz vermutlich die Hauptrolle spielt. “Weltliche” Berater sind verwandte Adlige aus Franken (Konradiner) und Baiern, die sich aber durchaus nicht immer einig sind. Statt dessen suchen sie, ihre eigene Position unter dem schwachen König zu stärken und kriegen sich in der Babenberger Fehde fürchterlich in die Wolle. Da die alemannischen Bischöfe zu den fränkischen Konradinern halten, greift schließlich im Jahre 906 auch das königliche Reichsheer in diese Fehde ein. Dem letzten überlebenden Babenberger verspricht Hatto eidlich freies Geleit – und dieser Eid wird gebrochen, Adalbert von Babenberg wird gefangen genommen, verurteilt und hingerichtet. Dieses fränkische Adelsgeschlecht ist nun trotz seiner Verwandschaft mit den Karolingern und den Sachsenherzögen ausgeschaltet. Die Krone zieht die Besitzungen ein und vergabt sie an Bischof Rudolf von Würzburg – einen Konradiner und Verwandten Ludwigs des Kindes. Konrad der Jüngere (ein Neffe Rudolfs) ist nun der mächtigste Fürst von Franken und praktisch der einzige weltliche Berater des jungen Ludwig.
Hatto hat nicht nur seinen Eid gegen Adalbert von Babenberg gebrochen, sondern auch ein Mordkomplott gegen Herzog Heinrich von Sachsen ausgeheckt. Das aber wurde verraten und schlug darum fehl.
Die Königssalbung von Konrad I., bis dahin Herzog der Franken, zelebriert Hatto wohl im November 911 – es ist aber nicht überliefert, wo.
Die Legende vom Bingener Mäuseturm wird seit dem 19. Jahrhundert auf Hatto I. von Mainz bezogen: wegen der hartherzigen Behandlung der hungernden Bevölkerung sei er in dem auf einer Rheininsel bei Bingen gelegenen Turm bei lebendigem Leibe von Mäusen aufgefressen worden.  Tatsächlich stirbt er am 13.05. “vor Kummer” darüber, daß Herzog Heinrich von Sachsen sich die in Thüringen und Sachsen gelegenen Mainzer Besitzungen gewaltsam aneignen konnte. Zu diesem Raubzug wird sicher die Tatsache beigetragen haben, daß Konrad I. dem Sachsenherzog einen Teil seines in Thüringen gelegenen Lehens vorenthalten wollte – was damals schon dem Ränkeschmied Hatto angelastet wird.

Tags: ,

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *