Die Skalden und die nordischen Sagas 2. Teil – Ragnarök – die Götterdämmerung

9. Dezember 2012
Von

Nach längerer unfreiwilliger, krankheitsbedingter Unterbrechung soll es nun weitergehen. Im Mai 2012 erschien der erste Teil. Ich versuche, ihn kurz zusammen zu fassen. Erste schriftliche Aufzeichnungen der Mythen der Germanen entstanden durch Snorri Sturluson im 12. Jh. in Island. Sturluson sammelte die mündlichen Überlieferungen, die durch fahrende Sänger und Erzähler, genannt Skalden, von Häuptlingshof zu Häuptlingshof vorgetragen wurden. Durch Snorri haben wir die Sammlung der Lieder-Edda, aus der meine Zitate stammen.Bevor ich mit dem Streit der Götter und Ragnarök fortfahre, noch einige Worte zu Freya, der obersten Göttin. Sie gehörte zum Geschlecht der Wanen – die Götterwelt wurde in drei Geschlechter unterteilt: Asen, Riesen und Wanen. Sie hat einen von Waldkatzen gezogenen Wagen und ein Falkengewand, mit dem man wie ein Falke durch die Lüfte gleiten kann. Ihre Eltern sind der Meeresgott Njörd und Skadi, Tochter des Riesen Thiazi. Daran ist zu erkennen, dass die Göttersippen miteinander verwandt sind. Trotzdem hielt sie diese Verwandschaft am Ende nicht davon ab, in einen gewaltigen Streit gegen einander zu verfallen. Der Bruder von Freya ist Freyr, der Gott des Feuers. Sie gilt als Göttin des Herdfeuers und der Liebe. Nach der Ynglinga Saga Snorris lehrte sie die Asen den Zauber. Aber ihre Hauptaufgabe liegt darin, die Walküren auf den Schlachtfeldern anzuführen und die Hälfte der gefallenen Recken für sich zu beanspruchen und nach Walhall zu führen, während Odin, ihrem Gatten, die andere Hälfte zusteht. Mit Thor und Odin (im Süden Germaniens wird er Wotan genannt und Thor Donar) zusammen bildet sie, wie in der Religionswissenschaft bezeichnet, eine göttliche Triade der obersten Götter. Eine Parallele findet sich in der griechisch/römischen Götterwelt mit Zeus – Hera – Aphrodite. Im Unterschied zum griechisch/römischen Bereich ist Thor der Sohn von Odin und Freya.

Voelva Heioi - Briefmarke des Postverk Foroya - 2003 von Anker Eli Petersen

Voelva Heioi – Briefmarke des Postverk Foroya – 2003 von Anker Eli Petersen
(Quelle: Wikipedia)

Yggdrasil mit Nornen - Briefmarke des Postverk Foroya - 2003 von Anker Eli Petersen

Yggdrasil mit Nornen – Briefmarke des Postverk Foroya – 2003 von Anker Eli Petersen
(Quelle: Wikipedia)

Naglfar leitet Ragnaroek ein - Briefmarke des Postverk Foroya - 2003 von Anker Eli Petersen

Naglfar leitet Ragnaroek ein – Briefmarke des Postverk Foroya – 2003 von Anker Eli Petersen
(Quelle: Wikipedia)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ragnarök

(altnordisch „Schicksal der Götter“; aus regin, gen. pl. ragna = „Gott“ + rök = „Ursache, Sinn des Ursprungs)

Wie es zu diesem Ende der Götterwelt kommt, wird von mir schon im ersten Teil meiner Erläuterung beschrieben. Hier sei nur noch der Tod Baldurs durch den zwielichtigen Gott Loki genannt. Sein Begleiter ist das Eichhörnchen Ratatöskr , das in der germanischen Mythologie ein Geschöpf des Unfriedens ist. Es huscht im Geäst des ersten Baumes, der Weltesche Yggdrasil, auf und ab und stiftet zwischen dem Drachen Nidhöggr, der an der Wurzel sitzt, und dem Adler Aar, zwischen dessen Augen der Habicht Vedrfölnir sitzt, in ihrer Krone Unfrieden. Der Mythos war so stark, dass selbst in der Vorstellungswelt der mittelalterlichen Christen das Eichhörnchen als “Teufelstier” betrachtet worden ist ähnlich wie der Wolf. Eichhörnchen standen daher nicht auf dem Speiseplan der mittelalterlichen Köche.

Kampf der untergehenden Goetter

Kampf der untergehenden Götter
hier in einer Darstellung von Friedrich Wilhelm Heine
von 1882
(Quelle: Wikipedia)

In der Endschlacht stehen sich Odin und der Fenriswolf gegenüber, sein Sohn Thor der Midgardschlange, Loki dem Heimdall, dem Wächter der Regenbogenbrücke. Alle töten sich gegenseitig. Nach der von der Midgardschlange verursachten Flut und der Verdunklung der Welt, als der Wolf Skoll die Sonne frisst, erfolgt der Fimbulwinter. Dann wird durch Surt, den Flammenriesen, der Weltenbrand ausgelöst.

In Snorris Edda steht die Völuspa, die Vision der Seherin. Im 56. Vers der Völuspa beschreibt sie das Ende der Welt.

Hier heißt es:

Schwarz wird die Sonne, die Erde sinkt ins Meer

Vom Himmel schwinden die heiteren Sterne

Glutwirbel umwühlen den allnährenden Weltenbaum,

die heiße Lohe bedeckt den Himmel.

Doch bei Snorri folgen dann interessante Verse. Das Ende bleibt nicht das Ende. In Vers 57 geht es weiter.

Da sah ich auftauchen zum anderen Male

Aus dem Wasser der Erde und wieder grünen

Die Fluten fallen, darüber fliegt der Aar,

Der auf dem Felsen nach Fischen weidet.

Die Götter sammeln sich und finden wundersame goldene Bälle im Gras.

Der Fürst der Götter taucht auf aus einem vorher unbekannten Geschlecht.

In Vers 60 heißt es:

Da werden unbesäet die Äcker tragen,

Alles Böse bessert sich, Baldur kehrt wieder

Im Heeresvater Himmel wohnen Hödur und Baldur

Die walweisen Götter; wißt ihr was das bedeutet?

Spätestens hier ist der christliche Einfluss in den Visionen der Völuspa zu spüren. Nicht nur dass die Bilder des Untergangs der Welt an die Apokalypse der Offenbarung des Johannes erinnern oder der Adler an die Taube nach der Sintflut, die in die Arche Noahs den Ölzweig bringt. Der blinde Hödur tötete durch Lokis List seinen Bruder Baldur. Hier sind sie wieder als Versöhnte zusammen im Himmel des Götterfürsten.

Unwahrscheinlich, dass Snorri Sturluson hier etwas manipuliert hätte. Er hätte genügend Kritiker gehabt. Die Frage stellt sich, gab es Skalden, die auf Island als Christen versteckt etwas vom Evangelium erzählt haben oder ist hier ein Sehnen der sonst auf Blutrache fixierten Germanen nach Versöhnung zu spüren? Der Text macht uns noch als moderne Menschen nachdenklich. Sind wir doch oft nicht viel weiter und stecken Rachegedanken immer noch in uns.

Den ersten Teil verpasst? Dann lies jetzt: Die Skalden und die nordischen Sagas

 

 

 

 

Tags: , , ,

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *