Recht im Mittelalter

2. September 2012
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Folter

Im Gegensatz zur landläufigen Meinung vom “finsteren Mittelalter” war diese Zeitperiode kein rechtsfreier Raum. Bestimmend war neben weltlichen Maßgaben aber auch kirchliches Recht bei der Rechtsprechung. Die Rechtsprechung basierte bis ins 13. Jahrhundert größtenteils auf überliefertem Gewohnheitsrecht. So wie es von den Vorfahren gehandhabt worden war, so wurde es auch weiterhin gehandhabt. Zwischen 1220 und 1230 schrieb der Ritter Eike von Repgow den “Sachsenspiegel“. Er wollte das geltende Recht, auch das Standesrecht, festhalten. Das Werk wurde aber mehr als ein Spiegel des Rechts, da es im damaligen Deutsch, für viele verständlich, verfasst wurde. Es wurde das Vorbild für viele Rechtsbücher.

Peinliches Verhör (Quelle: WIkimedia)

Ab dem 12. Jahrhundert wurde zwischen hoher und niederer Gerichtsbarkeit unterschieden. Die niedere Gerichtsbarkeit hatten die Gutsherren inne. Eigentumsdelikte, Erbstreitigkeiten, Körperverletzung, Beleidigungen und ähnliches fielen in ihre Zuständigkeit. Gerichtsherren der hohen Gerichtsbarkeit waren meist Grafen. Sie richteten über schwerwiegende Fälle wie heimtückischen Mord, Herstellung von Falschgeld, Hochverrat. Hier wurde ein Blutrichter eingesetzt, der über Leben oder Tod bzw. über Folter bestimmte.

Gerichtsverhandlungen basierten auf Zeugenaussagen oder anderen Beweisen, eine Staatsanwaltschaft, die Sachverhalte objektiv sicherte, gab es nicht. Um Schuld oder Unschuld festzustellen, gab es im ganzen Mittelalter die Folter oder es wurde das Gottesurteil praktiziert, dieses aber auch, um Sühne einzufordern. Eine fragwürdige Logik, die fast immer zu dem Ergebnis führte, das die Folterknechte haben wollten.
Im Mittelalter waren viele Methoden bekannt, um durch Folter ein Geständnis zu erzwingen oder zu strafen. Manche Foltermethoden aus dem Mittelalter sind belegt: Arme auf den Rücken fesseln, ein Seil festbinden und dann das Opfer nach oben ziehen. Auch alle erdenklichen Zwingen (Hals, Bauch, Beine), die mit Eisendornen ausgestattet waren und sich in das Fleisch des Opfers bohrten, sind überliefert.
Ritter zum Beispiel konnten ein Gottesurteil einfordern, beispielsweise wegen Beleidigung. Ein Gottesurteil hatte eine perfide Logik: der Beschuldigte wurde gefesselt ins Wasser geworfen, ging er unter, war er unschuldig, starb aber leider dabei. Schwamm der Angeklagt aber, war er schuldig und wurde getötet. Der Beschuldigte hatte keine Chance.

Hochziehen (Quelle: Wikimedia)

Strafen der niederen Gerichtsbarkeit waren Ehrenstrafen, Freiheitsstrafen und Geldstrafen, aber auch Verstümmelungsstrafen. Mit Ehrenstrafen wurden die Schuldigen öffentlich gedemütigt. Sie verloren nicht nur ihre gesellschaftliche Reputation, sondern auch ihre Ehrenrechte wurden entzogen. Wurde ein Handwerker mit einer Ehrenstrafe belegt, verlor er meist seine Lebensgrundlage. Der Ehrenkodex der Zünfte sah dann einen Ausschluss vor. Die bedeutete ein Berufsverbot. Zu den Ehrenstrafen gehörten der Pranger, der Schandkorb, der Schandpfahl, die Halsgeige, der Lästerstein und der Eselsritt. Freiheitsstrafen wurden erst im 16. Jahrhundert in die Rechtssprechung aufgenommen. Milde Freiheitsstrafen waren auch Verbannung ins Exil oder in ein Kloster. Auch das Verbot, ein Territorium innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu betreten, gehörte dazu. Geldstrafen spielten nur eine geringe Rolle. Sie dienten als Genugtuung oder als Schadensersatz. Verstümmelungsstrafen waren so gestaltet, dass sie das Vergehen widerspiegelten. Dieben oder Räubern wurde die Hand abgeschlagen, die gestohlen hatte. Bei kleineren Vergehen konnten auch nur Fingerglieder amputiert wurden. Seltener wurden Füße abgeschnitten, häufiger aber die Nase, die Ohren oder die Zunge. Die schlimmste dieser Strafen war das Blenden der Augen.
Mord, Raub, Brandstiftung und Vergewaltigung, Entführung, Sodomie, Diebstahl, Aufruhr und Verrat, Vergiftung sowie Ketzerei und Zauberei wurden häufig mit dem Tode bestraft. Diese Vergehen richtete die Hohe Gerichtsbarkeit. Zunächst war die Vollstreckung der Urteils Sache des Klägers. Später vollstreckten Henker die Todesurteile. So ein Vollzug war ein öffentliches Spektakel. Jeder Einwohner war selbstverständlich zugegen. Meistens wurden die Verurteilten gehängt.

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