Gorm den Gamle

20. Mai 2012
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Mit Gorm dem Alten beginnt die Einigung Dänemarks. Vielfach wird er als erster König angesehen. Doch die Dänen hatten keine Idee von einem Reich mit verbindlicher Rechtssetzung unter einem absoluten Herrscher. Ihre Anführer waren Häuptlinge mit beschränkter Gewalt – meist beschränkte sie sich auf Raubzüge. Es konnte sogar passieren, daß mit einem Häuptling der schonende Abzug aus einer überfallenen Stadt (natürlich gegen Lösegeld) verabredet wurde, dieser tatsächlich abrückte – ein Teil seiner Leute aber sich um den Raub geprellt wähnte und also  weiter brandschatzte.

Gorm wird vor 900 als Sohn von Harthaknut geboren. Angeblich regiert die Familie in East Anglia. Dort herrscht Guthrum der Ältere, ein dänischer Wikinger. Alfred der Große hatte die Dänen nach etlichen Niederlagen zwar in das von ihnen eroberte Gebiet “Danelag” zurückdrängen können und dem Nordmann als Friedenszeichen den Übertritt zum Christentum abverlangt; er war sogar der Pate und damit “geistliche” Vater Guthrums geworden – aber wenige Jahre später brach dieser erneut den Friedensvertrag, fiel wieder in Wessex ein und konzentrierte sich erst nach dieser letzten Niederlage auf das dänische Gebiet in East Anglia. Passend zu diesem kriegerischen Hintergrund heißt der Häuptlingssohn: “Gorm” ist eine Kurzform zu dem Namen Guttorm und bedeutet “Gott” und “Ehre”.

Harthaknut kam 916/17 auf das Festland zurück und eroberte von Sigtrygg Gnupasson die Herrschaft über Haithabu. Etwa 946 ist er gestorben und hinterließ Gorm ein ausbaufähiges Herrschaftsgebiet. Dieser unternahm Plünderungszüge nach Friesland, Nordfrankreich und England und erweiterte seinen Einfluß Richtung Jütland, nach und nach auf die dänischen Inseln und nach Südschweden.

Verheiratet war Gorm der Alte mit Thyra Danebod. Sie soll die jüngste Tochter des angelsächsischen Königs Ethelred von Wessex und Nichte Alfreds des Großen gewesen und als Geisel nach Jütland gekommen sein. Vielleicht (und wahrscheinlicher) war sie eine Tochter Ethelstans von England, der eine konsequente Heiratspolitik betrieb, um Allianzen in alle Richtungen zu schmieden. Thyra war eine selbstbewußte und weitsichtige Fürstin. Auf ihre Veranlassung hin wurde das Danewerk, ein Grenzwall im Süden des Herrschaftsgebietes, ausgebaut. Das Danewerk beginnt bei Hollingstedt an der Treene und zieht sich 30 Kilometer weit bis Haithabu an der Schlei. Die Grenzwehr sollte Schutz für die Handelswege und Schutz vor dem Frankenreich bzw. später dem Heiligen Römischen Reich bieten.

Gorm und Thyra hatten vier (bis fünf) Kinder. Die Tochter Gonnor wurde mit Ranulf de Crépon verheiratet, einem Wikingerjarl in der Normandie. Die Tochter Gunnhild wurde mit Erik Blutaxt vermählt, dem König von Norwegen und Northumbria. Der Sohn Knut Danaast ist 940 gefallen. Harald Blauzahn ist der einzig sichere überlebende Sohn und Erbe. Ein Torke Gormsson kann nicht sicher zugeordnet werden.

Obwohl vermutlich Haithabu mit dem umliegenden Land anfangs der Herrschaftsbereich Gorms und Thyras gewesen sein dürfte, hatte sich das Gebiet durch Kriegszüge und friedliche Anschlüsse doch erheblich vergrößert. Ziemlich sicher ist Jelling in Mitteljütland ein wichtiges Heiligtum gewesen. Vielleicht war hier auch ein Herrschersitz. In Jelling ist Thyra um 935 beerdigt worden, und zwar in einem Hügelgrab, daß Gorm der Alte für sie umgestalten ließ. Auch einen Runenstein hat er für sie setzen lassen: “König Gorm errichtete dieses Denkmal nach (für) Thyra seine Frau, die Zierde Dänemarks”.

Gorm starb 958 und wurde ebenfalls in diesem Hügelgrab beigesetzt. Dendrochronologische Untersuchungen an den hölzernen Einbauten der Grabkammer haben diesen Zeitpunkt ergeben. Allerdings ist die Grabkammer leer. Harald Blauzahn, der Sohn und Nachfolger Gorms des Alten, hatte sich 960 taufen lassen und ließ die erste Kirche in Jütland errichten – in Jelling, bei der Grablege seiner Eltern. Die heutige einfach Steinkirche wurde über den Fundamenten etlicher abgebrannter hölzerner Vorgängerkirchen gebaut. In die erste Holzkirche wurden Gorm der Alte und Thyra umgebettet. Die Gräber oder ihre Spuren hat man allerdings bislang nicht gefunden. Auch Harald ließ einen Runenstein setzen. Wegen der Widmung wird er als “Taufurkunde Dänemarks” bezeichnet: “König Harald ließ dieses Denkmal zur Erinnerung an König Gorm, seinen Vater, und seine Mutter Thyra errichten; jener Harald, der ganz Dänemark und Norwegen gewann und die Dänen zu Christen machte” .

Haraldstein Jelling

"Taufurkunde Dänemarks" (Quelle: Wikipedia)

 © Amhara zu Agorá

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