Viele Spiele, die im Mittelalter gespielt wurden, stammten noch aus der Antike oder waren noch älter. Anders verhält es sich mit den Kartenspielen. Sie wurden im Mittelalter erfunden und rasch sehr beliebt. Sie waren sogar eine Innovation im Bereich der Spiele, denn die Kartenspiele waren die ersten Spiele mit unvollständiger Information. Kartenspiele zählen zu den Glücksspielen. Allerdings konnte der Spielverlauf bei vielen Spielvarianten durch das taktische Verhalten des Spielers beeinflußt werden. Je besser der Spieler seine Mitspieler während des Spiels durchschaute, desto erfolgreicher konnte er das Spiel gestalten.
Die ersten Kartenspiele entstanden im 13. und 14. Jahrhundert. Einheitliche Karten waren bis zum Ende des Mittelalters nicht üblich. Genauso, wie es auch sehr große Unterschiede in den Spielregeln gab. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Zahlenwerte und deren Auslegung sehr unterschiedlich gehandhabt wurden. War man mit einem As in dem einen Spiel noch der Beste, konnte dies in einem anderen Spiel schon ganz anders aussehen. Selbst die Anzahl der Karten in den unterschiedlichen Spielen hat eine Bandbreite von 32 bis 52 Karten.
Zwar sind nicht viele Regeln der damaligen Kartenspiele überliefert worden, aber die Namen unzähliger Spiele können wir aus den alten Schriften entnehmen. Aus ihnen geht ebenfalls hervor, dass aufgrund von Spielverboten sich die Namen häufig auch änderten, um diese zu umgehen. Der Kirche und auch der Obrigkeit waren die Glücksspiele ein Dorn im Auge. Die vertane Zeit, unflätiges Verhalten und natürlich das Spiel um Geld passte ihnen nicht. Allerdings kam es bei Spielen mit hohen Wetteinsätzen oft zu Streit und in Folge dessen auch zu körperlicher Gewalt. Der Versuch, dies durch Verbote einzudämmen, scheiterte immer wieder. Auch versuchten viele Städte, an der Spielsucht ihrer Bürger zu verdienen. Vielfach war es nur noch erlaubt, Glücksspielen in sogenannten Spielhäusern nachzugehen. Daneben waren Kartenspiele im Krieg eine willkommene Ablenkung.
Die verschiedenen Kartenspiele lassen sich in unterschiedliche Gruppen einteilen:
Ablegespiele: Wie der Name schon sagt, müssen die Karten möglichst schnell abgelegt werden. Beispiel: Poch.
Stichspiele: Es werden möglichst wenige bzw. viele Stiche gesammelt. Beispiel: Tarock
Wettspiele: Es wird auf den Ausgang des Spiels gewettet. Beispiel: Poker
Eines der ältesten deutschen Kartenspiele ist Karnöffel. Anfang des 15. Jahrhunderts ist es entstanden. Es wird vermutet, dass Karnöffel arabischen Ursprungs ist. Schon in der Nördlinger Spielordnung aus dem Jahre 1426 wird Karnöffel erwähnt. Die Grundlagen des Spiels sind heute bekannt, da eine an den Papst verfasste Schrift „Eyn frage des gantzen heiligen Ordenns der Kartennspieler vom Karnoeffell An das Concilium Mantua“ aus dem Jahre 1537 erhalten ist.
Ein vergleichbares Alter dürfte Baccara haben. Dieses Kartenspiel entstand in Italien. Schon gegen Ende des 15. Jahrhunderts hatte es sich bis nach Frankreich verbreiten können.
Unter den taktischen Kartenspielen wird Imperial als eines der Ältesten angesehen. Man kann sogar die Entwicklung dieses Spiels über die Jahrhunderte weiterverfolgen. Im 16. Jahrhundert entstanden kompliziertere Variationen namens Briscan bzw. Brisque. Noch heute ist eine weitere Variante mit dem Namen Mariage bekannt. Imperial ist ebenfalls der Vorgänger für Pikett. Bei Pikett wird vermutet, dass es im 14. Jahrhundert entstanden ist.
Auch wenn sich für die Herstellung von Karten schon bald der Berufsstand des Kartenmachers etablierte, gab es an einigen Orten z. B. Witwen, die sich mit dem Drucken von Karten ihr Einkommen aufbesserten. Die Herstellung muss man sich so verstellen, dass die Kartenbogen mittels Stempel auf Papier gedruckt wurden. Diese waren preiswert und einfach herzustellen. Um die Karten einheitlich farbig zu gestalten, kamen Schablonen zum Einsatz. Die Ornamente auf den Rückseiten der Karten sollten verhindern, dass Spuren von Schmutz und Ähnlichem die Karten verrieten.
Die Motive auf den Karten waren recht unterschiedlich. Die Landsknechte mit ihren Lanzen und Schwertern waren eine sehr beliebte Darstellung. Aber auch die noch heute gebräuchliche Herz Dame gab es schon. Die Bilder auf den Karten gaben nur zu gut die Gesellschaftsstruktur jener Zeit wieder. Der König, Dame und Bube erklären sich uns von selbst. Interessant dürfte sein, dass die Zahlenkarten ein Synonym für die niederen Untertanen waren.
Das Spiel mit den Karten war kein Laster, welchem nur die niederen Schichten verfallen waren. Ganz im Gegenteil. Die Spielsucht zog sich durch alle Bevölkerungsschichten und das Kartenspielen war bei allen gleichermaßen beliebt.
Wo kann man die Spielregeln finden
Nach den Spielregeln haben wir nicht recherchiert. Wenn du (oder ein anderer Leser) Spielregeln für mittelalterliche Spiele “ausgraben” kannst, veröffentlichen wir diese hier sehr gern.
Prima Artikel!
Schade, dass es zu Karnöffel keine einigermaßen gesicherten Regeln mehr gibt.