Der Echte Eibisch, auch Arznei-Eibisch genannt, gehört zur Familie der Malvengewächse. Schon Dioskourides weiß, daß die ‘Althaia’, die auch Hibiskus genannt werde, eine Art wilder Malve sei. Im Althochdeutschen machte man aus “Hibiskus” ‘Isbisca” – und daraus entwickelte sich durch Lautverschiebung der moderne deutsche Name.
Der Echte Eibisch ist eine aufrechte, mehrjährige krautige Pflanze mit kräftigen, innen röhrigen Stengeln. Er erreicht eine Größe von 60 bis 150 (selten 200) Zentimetern und blüht von Juli bis August strahlend weiß bis rosa. Die Bezeichnung “Sammetpappel” gibt einen Hinweis auf sein Aussehen: Spross und Blätter sind samtig behaart. Mehrere aufrechte und meist unverzweigte Stengel wachsen aus einer fleischigen, weißen Wurzel, die in einen waagerecht kriechenden, fingerdicken ästigen Wurzelstock übergeht.
Die wechselständigen graugrünen Blätter sind kurz gestielt und werden bis acht Zentimeter im Durchmesser groß. Sie sind annähernd herzförmig, unregelmäßig gezähnt und im unteren Bereich der Stengel dreilappig geteilt. Durch die Behaarung sind die Blätter auffallend weich.
Die Blüten stehen zu mehreren in den Blattachseln und erreichen bis fünf Zentimeter Durchmesser. Die für die Malvengewächse typische Staubgefäß-Röhre wird etwa einen Zentimeter lang und ist kräftiger getönt als die Blütenblätter (rosa bis purpur). Blütezeit ist von Juli bis September.
Der Echte Eibisch kommt wild in den Steppenzonen Südrusslands und Kasachstans östlich bis zum Altai vor. Im Westen reicht die Verbreitung in Südeuropa vom Balkan über Italien bis zur Iberischen Halbinsel. Nach Mitteleuropa wurde die Pflanze wohl vor Jahrtausenden durch den Menschen gebracht, beständige verwilderte Vorkommen sind hier auf küstennahe Gebiete und Binnensalzstellen beschränkt. Vorübergehend taucht die Pflanze an Ruderalstellen, in Gartenanlagen oder auch auf Schuttplätzen auf. Dabei werden bevorzugt sonnige warme Standorte mit nährstoffreichen, gut wasserversorgten Lehm- oder Tonböden besiedelt.
Der Echte Eibisch ist eine Heilpflanze, die seit langer Zeit in Europa verwendet wird. Die Wurzeln des Eibischs sondern eine klebrige, weiße Substanz ab, die im nördlichen Europa vor der Verwendung von Gummi arabicum und ähnlichen klebenden Substanzen auch als Klebstoff verwendet wurde. Die medizinische Verwendung lässt sich mindestens bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgen, als kandierte Stücke der Eibischwurzel als Mittel gegen Erkältungen eingesetzt wurden. Aber schon Karl der Große verfügt in seinem “Capitulare des Villis” den Anbau verschiedener Malvenarten in den Reichsklöstern und Pfalzen – über die Klostermedizin ist das antike Heilwissen bewahrt und weiter überliefert worden.
Die Franzosen nutzten die Eigenschaften der Eibischwurzel als erste für kulinarische anstatt für medizinische Zwecke. Aus aufgeschlagenem Eiweiß, Zucker und den klebrigen Inhaltsstoffen des Eibischs produzierten sie Pâte de guimauve, den Vorläufer der Marshmallows. Verwendet wurden dafür sowohl die Stängel und Blätter als auch die Wurzel. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Substanzen des Eibischs durch Gelatine ersetzt. In ursprünglicher Form ist dieser Vorläufer der Marshmallows noch als Eibischteig erhältlich und wirkt husten- und reizlindernd. Der Name Marshmallow leitet sich von der englischsprachigen Bezeichnung “marsh mallow” (deutsch: Sumpf-Malve) für den Eibisch ab.
Gegessen hat man früher auch die weißen, mohrrübenähnlichen Wurzeln, die zuerst gekocht und dann gebraten wurden. Eßbar sind auch die Blüten, und die jungen Blätter können im Salat mitgegessen werden. Die Römer verwendeten die Pflanze als Suppenkraut und zur Füllung von Spanferkeln.
Die einzige Bezugnahme in der Bibel spielt auf den faden Geschmack des Gerichtes an (Hi 6,6 EÜ): „Wird Fades ohne Salz gegessen, oder ist Geschmack im Eibischschleim?“ Man hat dem dürftigen Aroma des Eibisch also schon in der Antike mit kräftiger Würzung nachgeholfen.
Eibisch enthält bis zu 20 % Schleimstoffe (Polysaccharide) in der Wurzel und bis zu 10 % in Blättern und Blüten, Gerbstoffe, verschiedene Zucker, Stärke, Asparagin.
Als Droge werden verwendet:
die zur Blütezeit im Juli bis August gesammelten und getrockneten Blüten
die vor und während der Blüte gesammelten und getrockneten Laubblätter
die im (Spät)Herbst gesammelte und getrocknete Eibischwurzel
Die Schleimstoffe wirken einhüllend und reizmildernd; im Tierversuch konnten auch entzündungshemmende und immunstabilisierende Wirkungen nachgewiesen werden. Weil die Schleimstoffe große Hitze nicht vertragen, müssen Eibisch-Zubereitungen kalt ausgezogen werden. Man setzt also (geschnittene) Blätter oder Wurzeln mit kaltem Wasser an, läßt mehrere Stunden abgedeckt stehen, seiht ab und erwärmt dann erst den Auszug auf Trinktemperatur. Verschiedene Zubereitungen kommen zur Anwendung bei Entzündungen des Mund- und Rachenraums, zur Minderung des Hustenreizes, bei leichten Entzündungen im Magen-Darm-Bereich. Da die Wirksamkeit von Eibisch-Zubereitungen (besonders der Wurzel) durch zahlreiche Studien belegt ist, ist die Pflanze “offizinell”, also als Heilpflanze zugelassen. Bei innerlichem Gebrauch müssen Diabetiker den hohen Zucker- und Stärkeanteil des Wurzelextraktes beachten.
Auch äußerlich kann man Eibisch anwenden – zur Behandlung gereizter Hautpartien. Eine “Eibisch-Maske” wirkt heilend, entzündungshemmend und beruhigend. Sensibilisierungen sind nicht bekannt.
© Amhara zu Agorá
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