Malve

19. Juni 2016
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Heil- und Nutzpflanzen
Die Malven bilden eine Pflanzengattung und sind in Eurasien und Nordafrika verbreitet. Die moderne Genetik hat in die Unterscheidung der Gattungen und Arten einige Unruhe gebracht. Bislang zählt man 15 bis 30 Malven-Arten. Manche von ihnen werden aufgrund ihres Aromas in der Industrie vor allem für Kosmetikartikel verwendet oder in Kräutertees gemischt. Der lateinische Artname “Malva” leitet sich aus dem Hebräischen her – “Malluah” heißt “Salat”. Tee aus Malvenblättern ist außerdem ein Heilmittel gegen Reizhusten. Einige Malven-Arten werden als Zierpflanzen in Gärten gepflanzt.

Weg-Malve (Tafel aus "Deutschlands Flora in Abbildungen"; 1796; J.G.Sturm; Quelle: BioLib.de)

Weg-Malve (Tafel aus “Deutschlands Flora in Abbildungen”; 1796; J.G.Sturm; Quelle: BioLib.de)

Die Weg-Malve hat viele volkstümliche Namen und wird auch Feld-Malve, Gänse-Malve, Gänsepappel, Hasenpappel, Käsepappel, Roßpappel oder Schwellkraut genannt. Der Namenszusatz “Pappel” leitet sich von *Papp* für “Brei” ab und hat nichts mit dem Baum gleichen Namens zu tun. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet liegt in Europa und Westasien. Am besten gedeiht sie auf nicht zu trockenen Böden. Da sie stickstoffliebend ist, wächst sie gern in Stallnähe und bei Komposthaufen. Bei zu guter Versorgung mit Stickstoff ist sie leider ein beachtlicher Nitratsammler – das sollte bei der Verwendung in der Küche beachtet werden. Sie verträgt weder Salz noch Schwermetalle.
Die sommergrüne, bis zweijährige krautige Pflanze bildet an einer kräftigen Rübenwurzel kurze Faserwurzeln. Meist breitet sie sich am Boden niederliegend aus, wobei die Stengelenden häufig ein wenig in die Höhe streben.
Die Blätter sind annähernd rund, deuten fünf bis neun Lappen an und sind am Rand gezähnt. Mindestens drei Blattnerven ziehen tiefe Furchen über das behaarte Blatt, das bis zu sechs Zentimeter im Durchmesser haben kann.
Die Blütenstände entspringen in den Blattachseln und enthalten bis zu sechs Blüten. Diese sind zwittrig, radiärsymmetrisch, haben fünf Blütenblätter, bilden einen “Kelch” und sind weiß bis rosa gefärbt. Auffällig sind die dunkler gefärbten Striche auf jedem Blütenblatt. Typisch für die Malvengewächse ist, daß die Staubgefäße zu einer Röhre zusammengewachsen sind, die den Stempel umgibt. Bei der Weg-Malve hat der sich daraus ergebende Pinsel eine weißlich-gelbe Farbe.
Die radähnlich runden, grünlichen Früchte sind in 12 bis 15 behaarte Segmente mit je einem Samenkorn aufgeteilt. Sie erinnern in der Form an ein Käselaibchen – daher der Name “Käsepappel”. Die Samen haben einen Durchmesser von bis zu acht Millimetern.
Seit der Antike wurde die Weg-Malve als Gemüse und Mehllieferant verwendet, auch als Heilkraut.
Die Weg-Malve enthält in Blüten und Blättern neben Vitamin C und Gerbstoffen (Tannin) große Mengen an Schleimstoffen (Monosaccharide). Diese machen die lindernde Wirkung bei Reizhusten und entzündlichen Prozessen aus. Bei der Verwendung in der Küche muß ein möglicher hoher Nitratgehalt (abhängig vom Standort der Pflanzen), ähnlich wie bei Rucola, beachtet werden.
In der Küche eignen sich junge Blätter der Weg-Malve hervorragend als Salat oder, gekocht, als Gemüse oder zum Andicken von Suppen, da die Blätter beim Kochen eine schleimige Konsistenz bekommen. Auch die unreifen Samen können roh als Snack oder gekocht verwendet werden, sie schmecken nussig. In Notzeiten wurden sie zu Mehl verarbeitet. Der Wurzelsud ist ebenfalls verwendbar.
Dioskourides unterscheidet die Weg-Malve von der Wilden Malve und hält sie für weniger “gut” als ihre Verwandte. Er verwendet Zubereitungen daraus bei Hautleiden, sogar bei Brandverletzungen, bei Verdauungsbeschwerden und für Sitzbäder.
Die Landgüter-Verordnung Karls des Großen unterscheidet die Malvenarten nicht und befiehlt ihre Anpflanzung in den Kloster- und Pfalzgärten des Fränkischen Reiches.
Heutzutage werden Zubereitungen aus Malve vor allem bei Erkältungskrankheiten, bei Entzündungen in Mund und Rachen, aber auch von Magen, Darm und Blase verordnet. Eine moderne Laborstudie zeigt sogar Hinweise auf eine Wirksamkeit gegen Magengeschwüre.

Die Rosen-Malve wird auch Spitzblättrige Malve, Sigmarskraut oder Sigmarswurz genannt.
Sie stammt ursprünglich wahrscheinlich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Wohl im Zuge der Entwicklung des Ackerbaus gelangte sie schon vor Jahrtausenden mit den Menschen nach Mitteleuropa. Dort kommt sie heute auf Ödland meist in Siedlungsnähe vor. Am besten gedeiht sie auf kalkhaltigen und stickstoffreichen Böden.
Die sommergrüne, ausdauernde krautige Pflanze erreicht Wuchshöhen von 50 bis 125 Zentimetern. Der stets aufrechte Stengel ist im oberen Bereich behaart.
Die oberen wechselständigen Blätter sind sehr tief handförmig in drei bis sieben Abschnitte geteilt. Die unteren Blätter sind rundlich bis nierenförmig  und kaum geteilt. Alle Blätter sind mit “Sternhaaren” bedeckt.
Die Rosen-Malve blüht von Juni bis Herbst. Die zwittrigen Blüten stehen einzeln in den Achseln der Laubblätter; sie können bis sieben Zentimeter im Durchmesser haben, sind rosafarben bis dunkler violett (selten weiß) und duften nicht. Sorten von ihr werden als Zierpflanze genutzt.
Blätter und Blüten können gegessen werden, ebenso die Samen.
Aus unterschiedlichen Pflanzenteilen kann ein cremefarbener, gelber und grüner Farbstoff extrahiert werden.
Wie die Weg-Malve eignet sich auch die Rosen-Malve für Heiltees bei Erkältungskrankheiten. Auch die übrigen Heilwirkungen sind belegt. Daher hat man ihr den Namen Sigmarskraut oder Sigmarswurz gegeben – der Malve traute man Hilfe gegen alle Gebrechen zu.

Moschus-Malve (Tafel aus "Flora Batava, X Deel"; 1849; J.Kops; Quelle: BioLib.de)

Moschus-Malve (Tafel aus “Flora Batava, X Deel”; 1849; J.Kops; Quelle: BioLib.de)

Die Moschus-Malve ist ebenfalls eine alte Nutz- und Heilpflanze. Sie wurde schon vor einigen Jahrhunderten bewusst aus dem Mittelmeergebiet nach Mitteleuropa eingeführt. Sie sieht der Rosen-Malve sehr ähnlich, bleibt aber kleiner. Ihre Blätter sind noch tiefer geschlitzt und wirken dadurch noch filigraner als die der Rosen-Malve. Sie blüht von Juni bis Oktober weiß bis rosa und duftet.

Wilde Malve (Tafel aus "Köhler's Medizinal-Pflanzen"; 1897; F.E.Köhler; Quelle: Wikipedia)

Wilde Malve (Tafel aus “Köhler’s Medizinal-Pflanzen”; 1897; F.E.Köhler; Quelle: Wikipedia)

Die Wilde Malve, auch Große Käsepappel genannt,  zählt zu den ältesten bekannten Nutzpflanzen und wurde bereits in der Antike als Gemüse- und Heilpflanze angebaut. Die zwei- bis mehrjährige ausdauernde Pflanze wird normalerweise bis 120 cm hoch. Sie gedeiht auf trockenen, stick- und nährstoffreichen Böden bis in Höhenlagen von 1800 Meter. Man darf sie dort erwarten, wo auch Disteln und Kletten gedeihen. So besiedelt sie Ödland, Wegränder und Mauern. Wahrscheinlich stammt  sie aus dem Mittelmeerraum, aber inzwischen ist sie weltweit in den gemäßigten und subtropischen Zonen heimisch. Im Gegensatz zur Weg-Malve ist sie aber gebietsweise selten. In milden Gegenden (und dem entsprechenden Wetter) bleibt sie auch im Winter grün.
Ihre weichen Blätter sind beidseits behaart. Sie sind herzförmig und fünf- bis siebenteilig gelappt sowie am Blattrand deutlich gekerbt und sitzen wechselständig am rauhhaarigen Stengel. Der Stengel ist normalerweise aufrecht, aber es gibt auch Pflanzen mit niederliegenden, bogig aufsteigenden Stengeln. Kein Wunder, daß man früher die einzelnen Malven-Arten kaum auseinander halten konnte!
Die Blütezeit liegt zwischen Mai und September. Die Blüten stehen meist zu zweit bis viert (selten bis zu zehnt) in Büscheln in den Blattachseln, sie können jedoch auch einzeln stehen. Im Durchmesser können sie mehr als fünf Zentimeter erreichen. Die fünf Blütenblätter verschmälern sich keilförmig zur Basis und sind am Rand deutlich eingebuchtet. Ihre Grundfarbe ist rosa-violett, durchzogen von dunkleren, strahlig verlaufenden Strichen auf jedem Blütenblatt. In der männlichen Phase der zwittrigen Blüten sieht die Stempelsäule wie ein cremefarbener Pinsel aus, in der weiblichen schieben sich die Narben vor und die Stempelsäule wirkt dunkler. Bestäubt werden die Blüten vor allem von Hummeln. Aber auch Bienen, Schwebfliegen und Hummelschweber schätzen den reichlich angebotenen Nektar.
Die jungen Blätter und Sprosse werden mindestens seit dem 8. vorchristlichen Jahrhundert verzehrt. Die jungen Blätter eignen sich als Wildgemüse und auch die Blütenknospen sind eßbar. Unreife Samenkapseln sind eine ungewöhnliche Salatbeigabe. Die Wurzel kann man zahnenden Babys zum Kauen geben. Die Antike kannte die entzündungshemmende, schleimhautschützende, augenheilende und alte Geschwüre erweichende Heilkraft der Malven. Zudem nahm Dioskourides an, daß Malve bei Gebärmutterleiden helfe und insgesamt ein Mittel gegen tödliche Gifte sei. Bei Verstopfung wurde von Ärzten der Genuss von Malvenblättern als Gemüse verordnet. Hildegard von Bingen rät dem gesunden Menschen wegen des hohen Schleimgehaltes und “den dicken, giftigen Säften” vom Genuss der rohen Pflanze ab, empfiehlt aber die Einnahme von zerriebenen Blättern bei schwachem Magen.
Insgesamt wirkt die Malve reizmildernd und wegen ihres Gehaltes an Gerbstoffen auch zusammenziehend. Sie wird in der Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) entsprechend eingesetzt, meist als Tee. Weil Malve die Aufnahme anderer arzneilicher Wirkstoffe behindern kann, sollte man sie um mindestens eine Stunde zeitversetzt einnehmen.
Hauptinhalt der Wilden Malve sind Schleimstoffe, die sich aus verschiedenen Einfachzuckern zusammensetzen. Blüten und Blätter enthalten etwa 10% davon. Die Blüten enthalten außerdem Malvin, ein Anthocyanglycosid. Es färbt sich mit Säuren hellrot, mit Basen hellgrün. Der Farbstoff kann zum Färben von Lebensmitteln eingesetzt werden und wurde früher sogar in industriellem Maßstab dafür verwendet. Helle Rotweine “deckte” man mit diesem Farbstoff, damit diese ein kräftigeres Rot entwickelten.

Stockrose (Tafel aus "Köhler's Medizinal-Pflanzen"; 1897; F.E.Köhler; Quelle: Wikipedia)

Stockrose (Tafel aus “Köhler’s Medizinal-Pflanzen”; 1897; F.E.Köhler; Quelle: Wikipedia)

Die Gewöhnliche Stockrose ist keine Malve im botanischen Sinne, sondern gehört in eine Schwester-Gattung. Möglicherweise stammt sie vom Balkan oder aus Süditalien. Sie wird in vielen Sorten als Zierpflanze angebaut. Die mindestens zwei Jahre lebende Pflanze kann normalerweise zwei Meter, selten auch einmal drei Meter hoch werden. Der Stengel ist kräftig, aufrecht, kaum verzweigt und dicht rauhaarig. Im ersten Jahr bildet die Pflanze eine Rosette aus. Die Blätter können 16 Zentimeter breit werden, sind leicht gebuchtet bzw. gekerbt und erinnern in der Form etwas an Weinlaub oder Hopfenblätter. Meist sind sie dicht behaart.
Die Stockrosen blühen je nach Standort von Februar bis Oktober. Die Blüten stehen einzeln oder zu mehreren in den oberen Blattachseln und in einem endständigen ährenähnlichen Blütenstand. Die auffälligen Blüten sind zwittrig und radiärsymmetrisch. Sie können einen Durchmesser von zehn Zentimetern haben. Die fünf Blütenblätter sind rosa- bis purpurfarben oder schwärzlich rot, selten auch weiß oder gelb. Die Staubblattröhre ist kahl und etwa zwei Zentimeter lang; die freien Bereiche der Staubfäden sind nur etwa zwei Millimeter lang. Der vielästige Griffel ist flaumig behaart. Sie werden vor allem von Hummeln angeflogen und bestäubt.
Selten wird sie auch als Heil- und Färbepflanze angebaut. Für die Gewinnung von Farbstoffen werden nur schwarz-rote Varianten verwendet, weil deren Blüten das Anthocyanglycosid Malvin in großen Mengen enthalten. Früher wurden hiermit beispielsweise Wein, Likör, Süßspeisen, Lebensmittel und Textilien gefärbt, heute hat es keine Bedeutung mehr. Mit der Pflanze kann man violettblau bis grau färben. Aufgrund der in der Gewöhnlichen Stockrose enthaltenen Gerb- und Schleimstoffe ist sie in zahlreichen Hustentee-Mischungen enthalten.

© Amhara zu Agorá

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