Die Herbstzeitlose

20. Oktober 2013
Von

Heil- und Nutzpflanzen

So gefährlich ist diese blasse Schönheit, daß schon die Alten als ihre Herkunft das sagenumwobene Kolchis im heutigen Georgien vermuteten. Dort war Medea zu Hause, die schöne Magierin und Giftkundige.
Die ausdauernde Blume überwintert in ihrer Sproßknolle. Im Frühjahr erscheinen die tulpenähnlichen Laubblätter, die bis 40 cm lang werden können. In ihrer Mitte sitzt die Samenkapsel, die der Unkundige für die Blütenknospe halten könnte. Statt aber sich zur Blüte zu öffnen, wird sie mit der Reife braun. Die in ihr sitzenden Samen tragen ein weißes, klebriges Anhängsel, das Ameisen sehr lecker finden. Sie verschleppen daher die Samen und tragen so zur Vermehrung der Herbstzeitlosen bei. Sind gerade keine Ameisen verfügbar, haften die Samen dank dieses Anhängsels auch an anderen Transporteuren.

Herbstzeitlose (O.W.Thomé; Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz; 1885; Quelle: BioLib)

Herbstzeitlose (O.W.Thomé; Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz; 1885; Quelle: BioLib)

Die Blätter der Herbstzeitlose ziehen ab Frühsommer wieder ein, bis von der Pflanze nichts mehr zu sehen ist. Ab September erscheinen die an Krokus erinnernden Blüten in blaßrosa bis violett, selten auch in weiß. Pro Sproßknolle sind eine bis drei Blüten zu erwarten. Sie werden von Bienen, Fliegen und Hummeln bestäubt, die hier noch einmal Nektar finden.
Herbstzeitlose kommen natürlicher Weise von Nordspanien bis in die Ukraine vor, aber nicht weiter nördlich als Südengland. Nördlicher sind sie dann als Gartengewächse eingeführt. An ihren Naturstandorten finden sie feuchte, nährstoffreiche Böden vor, besiedeln auch sonnige oder halbschattige Böschungen und mögen es relativ warm. Ursprünglich dürften sie aus Westasien und dem östlichen Mittelmeerraum stammen.
Die Herbstzeitlose ist in allen Teilen hochgradig giftig. Der Gehalt an giftigem Colchicin nimmt mit der Samenreife sogar noch zu und es wird auch nicht durch Trocknung zerstört. Dies ist für Heu bedenklich, denn es ist auch für alle Weidetiere giftig (ebenso für Haustiere, denen man Heu gibt, wie Meerschweinchen, Zwerghasen etc.). Eine Vergiftung wird erst nach zwei bis sechs Stunden fühlbar durch Brennen im Mund, Schluckbeschwerden, dann Übelkeit und Erbrechen – bis zu blutigen Durchfällen. Vergiftungen sind besonders für Kinder eine tödliche Gefahr durch Atemlähmung und Kreislaufversagen. Es sind sogar Vergiftungen belegt durch die Milch von Weidetieren, die an Herbstzeitlose geraten waren – Rinder, Schafe und Ziegen reagieren nicht ganz so empfindlich darauf wie Pferde und Schweine.
Colchicin ist ein Zellgift, das in der Medizin und in der Pflanzenzucht eine Rolle spielt. Da es die Zellteilung hemmt, setzt man es in der Krebstherapie ein. In arzneilicher Dosierung hilft es bei neuralgischen Schmerzen und gegen Entzündungen. Besonders geschätzt wird es zur Behandlung der akuten Gicht. Schon Dioskurides, der berühmteste Pharmakologe des Altertums und Militärarzt zu Zeiten der Kaiser Claudius und Nero, kannte die Herbstzeitlose und warnte vor der innerlichen Anwendung. Dennoch haben schon im Altertum erfahrene Ärzte die Herbstzeitlose zur Behandlung der Gicht und von Gelenkschmerzen eingesetzt.
Im Mittelalter war die medizinische Kunst nicht ganz so gut. Man trug Herbstzeitlosen-Knollen außen am Körper zum Schutz vor der Pest. Und man verwendete sie für Giftmorde.

© Amhara zu Agorá

Tags: ,

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *