Gerberga von Sachsen: Herzogin von Lothringen, Königin von Frankreich

22. September 2013
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Sie ist die älteste Tochter Heinrichs I. aus seiner zweiten Ehe, die nächstjüngere Schwester Ottos I. Als Gerberga geboren wird (im Jahre 913), ist ihr Vater gerade erst Herzog der Sachsen geworden – er hatte diese Würde von seinem Vater geerbt – und muß sich gegen König Konrad verteidigen. Als Konrad im Jahre 919 stirbt, wird Heinrich zum König des Ostfränkischen Reiches gewählt.

Gerberga von Sachsen

Gerberga von Sachsen
Verwandtschaftstafel der Ottonen
(Chronica St. Pantaleonis, zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts. Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 74.3 Aug., pag. 226)
Quelle: Wikipedia

Gerberga wird als hochgebildet beschrieben und wird, wie für hochadelige Töchter üblich, in einem Frauenstift erzogen worden sein. Dafür kommt vor allem das “Familienstift” der sächsischen Herzöge in Frage – Gandersheim. Dort amtieren nächste weibliche Familienangehörige als Äbtissin, sodaß die Ausbildung des Kindes durch vertraute Tanten und Cousinen geschieht.

König Heinrich verheiratet seine älteste Tochter 928 mit Giselbert, Herzog von Lothringen. Wie jede Ehe damals ist dies eine Zweckehe – Giselberts Ansehen wird dadurch aufgewertet, daß er eine Königstochter zur Frau bekommt, und gleichzeitig wird der mächtigste Adlige Lothringens an das Ostfränkische Reich gebunden. 925 hatte Giselbert Heinrich die Treue geschworen – Lothringen aber war seit 880 ein Zankapfel zwischen Ostfrankenreich und Westfrankenreich gewesen.

Dennoch versucht Giselbert, aus Spannungen im Ostfrankenreich eigene Vorteile zu ziehen. Er verbündet sich mit seinem jüngeren Schwager Heinrich (später Herzog von Bayern) gegen Otto I. Im Verlauf des Aufstandes ertrinkt Giselbert im Oktober 939 im Rhein.

In zehn Jahren Ehe hat Gerberga vier Kindern das Leben geschenkt. Ihr ältester Sohn Heinrich hat Anspruch auf die Würde des Vaters – und Aufgabe der Mutter ist es, dem Stammhalter diesen Anspruch als Regentin zu erhalten. Doch als Witwe fällt sie unter die Munt des Familienoberhauptes, nämlich ihres Bruders Otto I. Würde Otto nicht, um das umkämpfte Lothringen beim Ostfrankenreich zu halten, einen anderen Hochadligen mit der Herzogswürde belehnen?

Statt abzuwarten, was ihrem königlichen Bruder gefallen könnte, beginnt Gerberga, eigene politische Entscheidungen zu treffen. Sie verweigert Bruder Heinrich ihren Schutz und geht noch im selben Jahr eine neue Ehe ein. Sie heiratet Ludwig IV. den Überseeischen, König des Westfrankenreiches. Mit dieser Eheschließung erhebt Ludwig Anspruch auf Lothringen und holt ein Statusdefizit zu seinem innenpolitischen Gegner Hugo von Franzien auf, der bereits mit einer Schwester Ottos und Gerbergas verheiratet ist. Den Anspruch auf Lothringen kann Ludwig aber nicht durchsetzen. Auch der Erbe Heinrich stirbt mit etwa 14 Jahren.

945 gerät Ludwig in die Gefangenschaft von Normannen und wird an Hugo ausgeliefert. Für die Freilassung Ludwigs fordert Hugo den Thronfolger Lothar – ein Bübchen von vier Jahren – als Geisel sowie die sehr wichtige Stadt Laon. Gerberga ist in dieser Notlage die Regentin für ihren Sohn und es gelingt ihr, eine andere Geisel anzubieten: ihren erst etwa sechs Monate alten Sohn Karl. Im Anschluß an die Freilassung Ludwigs kann sie den gedemütigten und politisch geschwächten Gatten zu einem politischen Kurswechsel bereden. Ludwig geht in der Folge ein Bündnis mit seinem Schwager Otto ein. Zwischen 946 und 950 treffen die Könige sich fünf Mal. Dieses Bündnis ist das ausschlaggebende Druckmittel für den Frieden 953 zwischen Ludwig, dem König des Westfrankenreiches, und Hugo, dem Herzog der Franken.

954 erleidet Ludwig in Folge eines Reitunfalles so schwere Verletzungen, daß er an ihnen stirbt. Gerberga ist zum zweiten Mal Witwe und nun Regentin des Westfrankenreiches, da ihr Sohn Lothar mit 13 Jahren noch nicht regierungsfähig ist. Außerdem ist die Thronfolge nicht allein erbrechtlich geregelt – der Adel muß Lothar zum König wählen.

Gerberga bittet Hugo um Unterstützung – den Rivalen des verunglückten Königs. Statt selbst nach der Krone zu greifen, unterstützt er seinen Neffen.

956 stirbt auch Hugo und die beiden Schwestern Gerberga und Hadwig handeln als Regentinnen für ihre minorennen Söhne. Sie kooperieren und bekommen Unterstützung von ihrem Bruder Brun, der Erzbischof von Köln, Herzog von Lothringen und Kanzler Ottos I. ist.

Ab 959 lebt Gerberga als Äbtissin in der Abtei von Notre-Dame in Soissons, ist politisch aber weiter aktiv. 965 nimmt sie am Kölner Hoftag Ottos I. teil, auf dem ihr Sohn Lothar, König des Westfrankenreiches und Karolinger, die Ehe mit Ottos Stieftochter Emma eingeht.

Gerberga hat insgesamt 11 Kinder, von denen fünf das Erwachsenenalter erreichen. Die beiden Töchter aus ihrer ersten Ehe werden (politisch sinnvoll) mit französischen Grafen verheiratet.

Sie stirbt am 05.05.969 und wird in der Kirche Saint Rémi zu Reims beigesetzt. Dort ist vor ihr auch Ludwig bestattet worden.

© Amhara zu Agorá

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