Schuldturm

23. Juni 2013
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In der heutigen Zeit scheint es manches Mal so, dass es ein Kavaliersdelikt sei, seine Schulden nicht zu begleichen. Im Mittelalter waren die Sitten etwas rauer. Noch bis ins frühe Mittelalter wurden Schuldner in Privatgefängnissen inhaftiert oder einer sogenannten Schuldknechtschaft unterworfen. Der Schuldner musste seine Schuld abarbeiten. Die Bedingungen konnte dieser allerdings nicht mitbestimmen. Somit kann man davon ausgehen, dass der Schuldner als Sklave dienen musste.

Männerschuldturm Nürnberg

Männerschuldturm in Nürnberg
Titel: Nuremberg – Schuldturm 2011 (aka)
Foto: André Karwath aka Aka
Original-Datei: Nuremberg – Schuldturm 2011 (aka)
Lizenz: creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.en

Im späten Mittelalter dann setzte sich die öffentliche Schuldhaft in Deutschland durch. Mit der Haft sollte die Zahlung der Schuld erzwungen werden. Die Verweildauer war meist auf eine kurze Zeit beschränkt. In vielen Städten wurden Türme innerhalb der Stadtmauer als sogenannte Schuldtürme zu diesem Zweck genutzt. An manchen Orten gab es allerdings auch die Möglichkeit, dass man seine Schulden absitzen konnte.

Ein Beispiel dafür ist Nürnberg. Dort gab es ebenfalls Schuldtürme, welche ein Teil der Stadtmauer waren. Sie wurden 1323 unter dem Stadtbaumeister Conrat Stromer errichtet. Sie standen zu beiden Seiten der Pegnitz und waren durch die Schuldturmbrücke miteinander verbunden. Der am nördlichen Ufer der Pegnitz gelegene Männerschuldturm wurde auch Männereisen genannt und ist dank des Widerstandes der Nürnberger Bürger heute noch erhalten. Der Frauenschuldturm am Südufer der Pegnitz, welcher auch Weibereisen genannt wurde, hatte nicht so viel Glück. Hier erfolgte der Abriss bereits Anfang des 19. Jahrhunderts.

Aus Bremen ist bekannt, dass es das Ansgariitor, eines von sechs Toren, welches ein Teil der Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert war, gab. Im 14. Jahrhundert baute man einen Torturm mit einem hohen Dach dazu, welcher als Schuldturm diente.  Leider wurde der Torturm bereits 1831 wieder abgerissen, da er zu jener Zeit kaum noch genutzt wurde.

Schuldturm Westerntorturm Wernigerode

Schuldturm Westerntorturm in Wernigerode
Titel: Westerntorturm als Eingang zur Altstadt von Wernigerode
Foto: Lutz Hartmann
Original-Datei: WR Westerntorturm
Lizenz: creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

In Wernigerode dagegen steht noch heute der Westerntorturm. Der Turm soll etwa 1250 erbaut worden sein. Die erste Erwähnung als Toranlage soll aus dem Jahre 1356 stammen. Der frühgotische Turm war auch hier Teil des Festungsrings mit seinen drei doppelten bewehrten Toren. Auch hier wieder wurde der Turm nicht nur als Wohnung für den Türmer, sondern auch als Schuldgefängnis genutzt. So saßen die Schuldner in einer Stube mit zwei Fenstern für kurze Zeit ein. Erwähnenswert ist hier noch die Sage von den zwei Schwestern, welche Wernigerode gegründet haben sollen. Aus Angst vor Feinden zogen sie in den massiven  Westerntorturm. Eine befreundete Frau versorgte sie mit allem Lebensnotwendigen. Dieses wurde mit Hilfe einer Seilwinde auf den Turm befördert. Nach langer Zeit verstarben die Schwestern. Sie sollen im Turm verfault sein. Das besagte Seil soll noch lange Zeit an seinem Platz gehangen haben.

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