Der Begriff “Prostitution” stammt aus dem griechischen Wort “porneia”, was soviel wie Unzucht oder Hurerei bedeutet.
Der römische Jurist Ulpian (um 170-228) definierte so Prostitution. Diese Festlegung wurde dann auch in den Justinianischen Codex aufgenommen und bildete damit die Grundlage vieler mittelalterlicher Definitionen. So auch die des Hl. Hieronymus (4./5. Jahrhundert): „Eine Prostituierte ist die, die sich vielen wollüstig preisgibt“ (Meretrix, quade multorum libidini patet).
Eine Verbindung zum mittellateinischen Wort “prostibilis”, was “sich feil bieten” heißt, ist in alten Texten und Urkunden nachgewiesen. Dieser sowie weitere Begriffe wie “prostibulum” oder”prostituta” (öffentliche Dirne) sind gemäß dem “Lexikon des Mittelalters” in der Frühneuzeit aufgekommen.
Die Ausdrücke Prostituierte, Dirne, Hure, Hübscherin, Hübschlerin sowie Slune tauchen in den Quellen erst im Spätmittelalter auf. Die in den Quellen meist gebräuchliche Begriffe sind “meretrix”, lateinischer Ausdruck für eine registrierte Prostituierte,und “prostibilis”, “sich anbieten”. Eine Prostituierte war in der Regel verpflichtet, jeden Kunden “ohne Unterschied” zu bedienen. Sogenannte “frie frowen” (freie Frauen, Privatprostituierte), die nicht im Frauenhaus, sondern in inoffiziellen Privatbordellen arbeiteten und sich nur einem exklusiven Publikum vorbehalten wollten, wurden vom Stadtrat in der Regel hart angegangen. Der auch gebräuchliche Ausdruck “gemeine weyber” war durchaus wörtlich gemeint. Die Prostituierten mussten nämlich jedem Freier zur Verfügung stehen.
Der Ausdruck „Prostituierte“ ist für das Mittelalter tatsächlich sehr fraglich, da er nach meinem Dafürhalten ein modernes Verständnis von der Prostitution impliziert.
Ab dem 12. Jahrhundert sind die ersten Bordelle in Europa urkundlich erwähnt. Sogenannte Gynaeceen waren im Frühmittelalter und Hochmittelalter Web- und Spinnhäuser; in der Forschung galten sie zeitweise als Vorläufer städtischer Bordelle. Ansässige Prostituierte waren dem Frauenhaus gegenüber häufig vertraglich verpflichtet, eine bestimmte Menge Garn für den Frauenwirt zu spinnen. Einen direkten Bezug auf die Gynaceen Karls des Großen und die kommunalen Bordelle des 15. Jahrhunderts kann man allerdings nicht herstellen.
Schriftlichen Belegen zu Folge waren die Sozialstruktur als auch das Geschlechterverhältnis der spätmittelalterlichen Gesellschaft die maßgebliche Gründe, kommunale Bordelle zu eröffnen und zu bewirtschaften. Viele Männer in der mittelalterlichen Gesellschaft waren auf Grund der Regelungen des Eherechts gar nicht in der Lage zu heiraten. Ihnen fehlten einfach die geforderten Mittel, die nachzuweisen waren, das führte zwangsweise zur Gelegenheitsprostitution der Damen des niederen Standes. Außerehelicher Verkehr mit unverheirateten Mädchen führte zur gesellschaftlichen Ächtung derselben. Die Folge waren häufig Vergewaltigungen, und um dem entgegenzutreten, wurden Frauenhäuser eingerichtet, um die Prostitution, die im Sinne Augustinus’ als “kleineres Übel” galt, in die städtische Ordnung einzugliedern.
Prostituierte im Mittelalter sind eindeutig den „Randständigen“ zuzuordnen. Das Bürgerrecht galt für diese Damen nicht. Oftmals waren sie der Vergewaltigung durch jugendliche Banden, Kunden, Frauenhändler, Zuhälter und Frauenwirte ausgesetzt. In der damaligen Rechtspraxis wurde die Vergewaltigung einer Frau aus der gleichen sozialen Schicht milder bestraft, als die Vergewaltigung einer Frau aus einer höheren sozialen Schicht. Manche Prostituierte wurde durch absichtlich herbeigeführten Verschuldung in eine sklavenähnliche Abhängigkeit getrieben.
.
Die „Dirne“,ist die häufigste Übersetzung für das lateinische Wort „Meretrix“. Zu 90% war sie eine unverheiratete Frau, die Sex mit mehreren Männern hatte. Die Tatsache, dass sie Geld für ihre Liebesdienste nahm, galt bei den wenigsten Zeitgenossen als unmoralisch. Als moralische Beurteilung der Person galt viel eher die Armut, als eine Art „Schuld mindernder Umstand“.
Über die Frühmittelalterliche Prostitution ist wenig überliefert. Man weiß jedoch, dass sich Prostituierte den Wallfahrten anschlossen. Mancher Pilger nahm die Fürsorge der Damen, das leibliche Wohl und andere „Annehmlichkeiten“ betreffend, gern in Anspruch. Auf den Kreuzzügen wurden die Soldaten von vielen Marketenderinnen begleitet. Dirnen begleiteten die Heere des Mittelalters; sie wurden von einem “Hurenweibel“ befehligt. Die Trossweiber erledigten auch andere Frauenarbeiten wie kochen, putzen und waschen.
Prostitution wurde für selbstverständlich erachtet und galt (bei Männern!) nicht als Ehebruch. Von Lust- und Leibfeindlichkeit – wie es die Kirche gerne gesehen hätte – konnte also keine Rede sein. Man sollte aber nicht vergessen, dass diese sexuellen Lustbarkeiten meist auf Kosten der Frauen gingen. Oft genug wurden Alleinstehende oder wirtschaftlich Abhängige in die Prostitution gezwungen. Es gab regelrechte Räuberbanden, die junge Frauen raubten und an die Freudenhäuser verkauften. Vergewaltigung war an der Tagesordnung.
Obgleich es eigentlich verboten war, sind Fälle von Prostituierten bekannt, deren Eltern oder Ehemännern sie an ein Frauenhaus verkauft oder verpfändet hatten.
Eine große Zahl von Frauen wurde im Hochmittelalter im Rahmen von Turnieren und Kreuzzügen angezogen. Angeblich sollen beim ersten Kreuzzug eintausend Prostituierte dem französischen Heer ins “Heilige Land” gefolgt sein. Der Verkehr mit heidnischen Frauen galt als eine schwere Sünde. Es war durchaus regional üblich, dass Prostituierte an offiziellen Empfängen hoher Gäste teilnahmen. Bei Hochzeiten tanzten oft Prostituierte vor und überbrachten ihre Glückwünsche. Bei Kinderlosigkeit sollte die Begegnung mit einer Prostituierten Fruchtbarkeit bringen, und in Italien sollte ein schweres Leiden heilbar sein, wenn man heimlich drei Steine aus dem Hauseingang einer Prostituierten ausgrub und sie auf die Brust des Kranken legte… Beim Konstanzer Konzil (1414 – 1418) sollen 1.500 Dirnen, beim Basler Konzil (1431) 1.800 Dirnen in der Stadt gewesen sein.
Die Verbindung zwischen Soldaten und Prostituierten im Spätmittelalter wurde eher als Form des Konkubinats gesehen. Früh- und Hochmittelalterlichen Berichten zu folge scheint es vor allem Prostituierte gegeben zu haben, die von Ort zu Ort zogen und so für das Wohl ihrer männlichen Gäste sorgten ( siehe „ Die Wanderhure“).
Als Vorläufer von Bordellen werden vor allem in der Literatur der Jahrhundertwende die Spinn- und Webstuben genannt. Dort arbeiteten meist die jüngere Frauen der Stadt, es wird mit ziemlicher Sicherheit auch das eine oder andere Techtelmechtel gegeben haben. Freilich ist nirgendwo etwas von Bezahlung die Rede. So könnte kann man nur zum dem Schluss kommen , dass die Herren “Historiker” Frauen mit einem etwas “lockereren” Lebensstil mit “Schlampen” gleichgesetzt haben und diese nichts anderes als Nutten wären. Ich glaube allerdings, dass das eine recht überzogene Meinung ist.
Eine Gründungswelle von städtischen Bordellen fand gegen Ende des 14. Jhdt. statt. Man nannte sie Frauenhäuser. In Hamburg, Augsburg und Zürich waren bereits im 13. Jhdt. Bordelle bekannt. Neben diesen Frauenhäusern gab es noch das eine oder andere Badehaus, in dem es Prostitution gab und vor allem freie Prostitution, die wohl den Hauptanteil ausmachte.
Wem diese Frauenhäuser gehörten? Fragt sich da so mancher. Mit Sicherheit nicht den betreffenden Damen. Die Frauenhäuser waren manchmal städtisches Eigentum und wurden von der Stadt an einen Frauenwirt verpachtet, oder das Anwesen gehörte einem reichen Bürger, der das Gebäude der Stadt verpachtete. Somit förderte der Rat einer mittelalterlichen Stadt die Prostitution, institutionalisierte und legalisierte sie damit gleichzeitig. Eine Frauenhausordnung regelte die Rechte und Pflichten der Dirnen. Beispielsweise sah diese Ordnung vor, dass eine Prostituierte “frei”, das heißt allgemein zugänglich, sein musste und eine gewisse Menge von Kunden pro Tag zu bedienen hatte. Die Regelungen für den Krankheitsfall sowie die Ernährung der Prostituierten wurden in dieser Frauenhausordnung festgelegt. Die Dirnen in den Bordellen waren oft angehalten, sich an bestimmte hygienische Vorgaben zu halten. Trota von Salerno, eine der ersten Frauen, die sich mit weiblicher Medizin beschäftigte, hat dazu klare Vorschriften wie das Waschen, Abtrocknen und ähnliches mehr angegeben.
Um die ehrbare Frau von einer Prostituierten unterscheiden zu können, mussten letztere sich oft einer Kleiderordnung unterwerfen. Ihnen wurde das Tragen bestimmter Schuhe, Bänder oder Schleier vorgeschrieben. Die Schandfarben rot, gelb oder grün waren nur allzu oft deren Kennzeichnung. Jede Stadt hatte allerdings verschiedene Kleidervorschriften. So mussten beispielsweise Prostituierte in Wien ein gelbes Tüchlein an der Achsel tragen, in Augsburg einen Schleier mit einem grünen Strich, in Frankfurt a. M. eine gelbe Verbrämung (Saum) und in Zürich und Bern verdeutlichte ein rotes „Käppeli“ ihre niedrige Standeszugehörigkeit. Gelb war also nicht zwingend die Farbe der Prostituierten, denn auch Juden wurden teilweise mit dieser Farbe gekennzeichnet. Nach dem Meraner Stadtrecht durften um 1400Prostituierte keine öffentlichen Tanzveranstaltungen besuchen, an denen “ehrbare” Frauen teilnahmen.
Der Aberglaube, dass sie den “bösen Blick” besäßen und Unglück brächten, hielt sich sehr lange in der mittelalterlichen Gesellschaft. Sie durften bestimmte Lebensmittel nicht berühren. So mussten in Pavia neben Kriminellen und Ketzern auch Prostituierte die Stadt verlassen, wenn der neu gewählte Herrschaftsträger auf die städtische Verfassung vereidigt wurde.
Oftmals hatten Prostituierte eine beachtliche Funktion zu erfüllten. Huren wurden manchmal als Sachverständige vor Gericht gehört. Wenn ein Mann impotent war, also sein Glied nicht hart wurde, so war die Ehe mit einer Frau ungültig. War der Mann aber nur bei seiner Frau impotent, so war die Ehe gültig. Wenn sich nun eine Frau beschwerte, ihr Mann sei impotent, wurden oft Huren als Sachverständige Frauen hinzugezogen, um direkt am Mann zu probieren, ob er wirklich impotent wäre. Ihr Urteil hatte dann auch erheblichen Einfluss auf die Entscheidung der Richter.
Das Thema hatten wir aus der Sicht des Berufs Hure bereits angerissen.
Letzte Kommentare