Boris I. Michael, Knjaz von Bulgarien

16. September 2012
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Eine Veränderung im Bulgarischen Reich deutet sich schon im Titel des Herrschers an: ‘Khan’ wird der Herrscher von turkstämmigen Reiternomaden, die aus Asien westwärts drängen, genannt – ‘Knjaz’ ist slawisch und bedeutet “König”. Die ursprünglich nomadischen Bulgaren haben sich in der Mitte des 9. Jahrhunderts mit der ortsansässigen slawischen Bevölkerung vermischt.

Boris ist Sohn und Nachfolger von Khan Presian I. Sein Geburtsjahr ist nicht überliefert, dürfte aber um 836 gelegen sein. Im Jahre 852 stirbt sein Vater und hinterläßt ein expandierendes Reich, das dem Oströmischen Reich größere Gebiete auf dem Balkan abgenommen hat.

Wie schon Karl der Große gegen die Awaren ruft auch Ludwig II. der Deutsche die Bulgaren zu Hilfe, um Probleme an der Ostgrenze des Ostfränkischen Reiches anzugehen. Inzwischen ist das Großmährische Reich entstanden. Zwar kann Ludwig den bulgarischen Fürsten für einen gemeinsamen und erfolgreichen Feldzug gegen Großmähren gewinnen, weitere Kriege der Bulgaren gegen das slawische Fürstentum aber bleiben erfolglos. Außerdem droht der oströmische Kaiser mit Krieg. Knjaz Boris läßt sich etwa 864 im Beisein Kaiser Michaels III. taufen und nimmt ihm zu Ehren den Taufnamen Michael an. Anschließend widmet er seine Regierung der Christianisierung des Bulgarischen Reiches. Eine heidnische Revolte wird von Ludwig II. unterstützt, von Boris aber blutig niedergeschlagen.

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Stifterbild von Boris I. im Kloster Sveti Naum in Ohrid (Quelle: Wikipedia)

Trotz der Nähe zum Oströmischen Reich (sowohl geographisch wie kirchlich) möchte Boris aber etwas weniger Abhängigkeit. Im Jahre 866 erbittet er von Papst Nikolaus I. ein Lehrschreiben. Mit diesem Lehrschreiben kommen römische Missionare ins Land, die byzantinischen Priester werden vertrieben. Letztlich aber setzt sich in Bulgarien die Ostkirche durch. Im Jahre 885 oder 886 empfängt er die Schüler der Slawenapostel Kyrill und Method, nämlich Kliment von Ohrid, Naum und Angelarij, die in der Schule von Pliska lehren und arbeiten werden. Im Gegensatz zur römischen Kirche, die als liturgische Sprache nur das Lateinische akzeptiert, ist in den oströmischen Kirchen die jeweilige Landessprache für den gottesdienstlichen Gebrauch gestattet. Dazu muß die Bibel aber aus dem Griechischen übersetzt werden – und das in eine Sprache, die noch keine Schrift hat! Die Geistlichen haben viel zu tun…

Im Jahre 890 legt Knjaz Boris die Herrschaft nieder und tritt in ein Kloster ein. Als sein ältester Sohn und Thronfolger Wladimir Rassate mit 50 Adligen versucht, das Heidentum der Vorfahren – eine animistische Naturreligion – wieder einzuführen, kehrt Boris noch einmal für kurze Zeit aus dem Kloster zurück. Er läßt den eigenen Sohn blenden (und damit für die Regierung unfähig machen) und die Familien der Adligen ermorden. In einem eigens einberufenen Konzil in Pliska, der alten Hauptstadt, wird das Altbulgarische als liturgische Sprache der Bulgarischen Kirche eingeführt. Das selbe Konzil erklärt Wladimir Rassate für abgesetzt. An seiner Statt wird der dritte Sohn von Boris, der in Konstantinopel ausgebildete Simeon, zum Herrscher eingesetzt. Anschließend kehrt Boris I. Michael ins Kloster zurück. Nachdem Simeon I. die Schule von Pliska nach Preslaw (in die neue Hauptstadt) verlegt hat, ist auch Boris als Mönch dorthin umgezogen. Am 02.05.907 stirbt er als Mönch im Pantelejmon-Kloster, sechs Kilometer von Preslaw entfernt. In Bulgarien wird er als Nationalheiliger verehrt, sein Festtag ist der 2. Mai.

Für die Bulgaren ist ihr Heiliger Boris zugleich auch “Zar Boris” – der erste Zar der Geschichte (obgleich erst sein Sohn Simeon I. geschichtlich erwiesen diesen Titel trägt).

© Amhara zu Agorá

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