Die Zieste

2. August 2015
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Heil- und Nutzpflanzen
Die fast weltweit verbreiteten Zieste gehören zu den Lippenblütlern. In Mitteleuropa sind mehrere Arten ursprünglich beheimatet, der Knollenziest aber wurde eingeführt. Er stammt aus China. Das sommergrüne, ausdauernde Kraut wird bis 120 cm hoch. Die wie Taubnesseln aussehenden, kurz gestielten Blätter werden bis 12 cm lang. Die rotvioletten Blüten bilden eine dichte Scheinähre. Blütezeit ist im Juli und August. Allerdings blüht er in Europa kaum und kann daher nur vegetativ vermehrt werden. Der Knollenziest bildet bei ausreichend Feuchtigkeit bis 8 cm lange und bis 2 cm dicke Speicherwurzeln aus, die eine perlmuttfarbene Haut umhüllt. Da die Speicherwurzeln sich in unregelmäßigen Abständen einschnüren, sehen sie entfernt wie fette Raupen aus – oder wie ein längliches Michelin-Männchen.

Sumpf-Ziest (Tafel aus "Deutschlands Flora in Abbildungen"; J.G.Sturm; 1796 Quelle: BioLib.de)

Sumpf-Ziest (Tafel aus “Deutschlands Flora in Abbildungen”; J.G.Sturm; 1796 Quelle: BioLib.de)

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verdrängte der asiatische Knollenziest den einheimischen Sumpfziest als Gemüsepflanze.

Der Sumpfziest ist ebenfalls ein sommergrünes ausdauerndes Kraut, das meist 30 – 100 cm Höhe erreicht. Die ganze Pflanze ist behaart. Die Laubblätter sind schmaler als bei der vorigen Art, außerdem entwickeln sich in den Blattachseln oft Seitentriebe. Die von Juni bis September erscheinenden Blüten sind ebenfalls rötlich-purpurn. Sie sondern reichlich Nektar ab und werden daher gerne von Bienen, Schmetterlingen und Schwebfliegen besucht. Wie sein Name schon sagt, bevorzugt der Sumpfziest feuchte Standorte. Außer durch Samen vermehrt sich der Sumpfziest vegetativ durch Ausläufer. Im Ackerbau gilt er als Wurzelunkraut und wird mit Gift bekämpft, da die Speicherwurzeln bis in einen Meter Tiefe reichen können. Wildschweine würden sie ausgraben und vertilgen. Als früher noch die Hausschweine auf der Weide gehalten oder sogar zur Waldweide getrieben wurden, haben sie das regelmäßig gemacht. Daher wird der Sumpfziest auch Schweinsrübe genannt. Bevor die Menschen zur Schweinehaltung kamen, haben sie die fleischigen Speicherwurzeln des Sumpfziest selbst gesammelt und gegessen.

Aufrechter Ziest (Tafel aus "Deutschlands Flora in Abbildungen"; J.G.Sturm; 1796; Quelle: BioLib.de)

Aufrechter Ziest (Tafel aus “Deutschlands Flora in Abbildungen”; J.G.Sturm; 1796; Quelle: BioLib.de)

Der Aufrechte Ziest ist ein sommergrünes Kraut – selten einmal auch ein Zwergstrauch – und wird etwa 40 cm hoch. Die Blätter sind schmal oval geformt, rau behaart und glattrandig bis gesägt. Er blüht von Juni bis Oktober mit hellgelben bis weißlichen Blüten in einer endständigen Scheinähre. Im Gegensatz zum Sumpfziest ist der Aufrechte Ziest an trockene Standorte angepaßt und möchte wärmere Temperaturen.

Heil-Ziest (Tafel aus "Curtis's Botanical Magazine; 1820; Quelle: Wikipedia)

Heil-Ziest (Tafel aus “Curtis’s Botanical Magazine; 1820; Quelle: Wikipedia)

Heil-Ziest und Aufrechter Ziest zählen zum Arzneischatz des Hippokrates, Paracelsus und Hildegards von Bingen, die sich damit in der guten Gesellschaft der antiken Ärzte befinden. Man traute ihnen wahre Wunderdinge zu. Sie sollten bei Verletzungen der Gladiatoren ebenso helfen wie bei schwammigen Geschwüren, gegen Zauberei und Auszehrung, Krämpfe und Gicht. Heutzutage sind sie kaum noch in Gebrauch.

Dioskourides beschreibt sehr detailliert eine Pflanze, die er Kestron nennt und von der es in einer spätantiken Handschrift eine ungewöhnlich genaue Zeichnung gibt – aber ob dies der Heil-Ziest ist… Botanisch gesehen ist der Heil-Ziest keiner, sondern eine Betonie – aber sie sehen sich einfach zum Verwechseln ähnlich, diese rosa blühenden, Taubnessel-ähnlichen Lippenblütler…

Heil-Ziest (Kestron) (Tafel aus dem Wiener Dioskourides; 6. Jhdt.; Quelle: Wikipedia)

Heil-Ziest (Kestron) (Tafel aus dem Wiener Dioskourides; 6. Jhdt.; Quelle: Wikipedia)

In Europa kommt er bis Südschweden vor, sucht sich feuchtere Standorte mit gerne kalkärmeren Böden und außerdem etwas wärmere Eckchen. Bei der Pflanzengesellschaft ist der Heil-Ziest nicht wählerisch – Moorwiesen werden ebenso wie Laubwälder bewohnt. Die kräftig grünen Blätter erinnern in der Form an Pfeil- oder Speerspitzen, sie sind am Rand gezähnt, haben deutliche Nerven und sind zudem an der Unterseite behaart. Die elegante, mehrjährige alte Heilpflanze läßt sich auch im Garten anpflanzen. Sie hilft bei Entzündungen – bei Durchfällen, Magenbeschwerden, Halsweh und Zahnfleischentzündung. Und sie ist eine sehr gute Bienenweide!

© Amhara zu Agorá

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