Liudolf von Sachsen, Kronprinz und Herzog

8. Februar 2015
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Etwa 930 wird in Magdeburg Liudolf geboren, der älteste Sohn Ottos des Großen aus seiner Ehe mit Eadgitha von Wessex. Als Kronprinz und zukünftiger Erbe wird er sorgfältig erzogen.

Liudolf (Abbildung aus einer Stammtafel der Ottonen in der Chronica St. Pantaleonis, 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts) (Quelle: Wikipedia)

Liudolf (Abbildung aus einer Stammtafel der Ottonen in der Chronica St. Pantaleonis, 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts)
(Quelle: Wikipedia)

Roswitha von Gandersheim beschreibt ihn als “sanftmütig, milde und demütig, klug und überaus weise” – also als idealen Herrscher. In anderen Dokumenten der Zeit wird ein nicht ganz so schmeichelhaftes Bild gezeichnet.
Schon 939 wird Liudolf mit der ungefähr gleichaltrigen Ita verlobt, der Erbtochter Herzog Hermanns I. von Schwaben aus seiner Ehe mit der Herzoginwitwe Regelinda. Hermann hat auch Besitzungen im Wesergebiet und im Lahngau. Mit dieser Verbindung wird Schwaben (Alemannien) zu einem äußerst wichtigen Teil des Ostfränkischen Reiches.
Zur Jahreswende 947/948 wird die Hochzeit gefeiert und mittels “Umritt” im ganzen Reich bekannt gemacht. Am 10.12.949 stirbt Hermann von Schwaben und Liudolf tritt als Siebzehnjähriger in sein Erbe ein – Herzogtum, Besitz und politische Beziehungen. Da Königin Eadgitha bereits im Jahre 946 verstorben war, ist Ita nun die ranghöchste Frau im Reich.
Doch dann ergibt sich für Otto I. über die Ehe mit Adelheid von Burgund und Königin von Italien die Möglichkeit, die Eiserne Krone der Langobarden zu erlangen und hierüber das Kaisertum für das gesamte Karolingerreich neu zu beleben. Dem will Liudolf zuvor kommen. Adelheids Mutter Bertha und seine Frau Ita sind Halbschwestern mütterlicherseits. Beide also stammen von den italienischen Karolingern ab. Daher hofft Liudolf, eigene Ansprüche auf den lombardischen Thron, die er über seine Gemahlin erworben hat, geltend machen zu können. Allerdings hat er starke Gegner für diese Pläne in der eigenen Familie.
Ottos I. jüngerer Bruder Heinrich, inzwischen Herzog von Baiern, hat für sein Herzogtum eigene Interessen an Italien und behindert Liudolfs Fortkommen nach Kräften. Der Neffe muß seinen Italienzug abbrechen.  Zwischen Heinrich und Liudolf herrscht erbitterte Konkurrenz. Liudolf befürchtet, von Heinrich aus der Nähe des Königs gedrängt zu werden. Daher demonstriert er zu Weihnachten 951 mit königlichem Pomp seinen Status auf der Pfalz Saalfeld. Mit dieser Aktion aber ist er schlecht beraten: Königliches Zeremoniell steht allein dem König zu – also Otto – und ausgerechnet Saalfeld…! Hier hatte die letzte Rebellion Heinrichs ihren Ausgang genommen, bevor Otto I. seinen forschen Bruder zähmen konnte.
Liudolfs Aufstand bricht im Jahre 952 im Herbst aus, nachdem Verhandlungen gescheitert waren. Otto I. hatte sich auf den Standpunkt gestellt, er brauche mit “untergeordneten” Fürsten keine Verträge zu schließen. Liudolf und sein Schwager Konrad der Rote, Herzog von Lothringen und Gatte von Ottos I. Tochter Liutgard, verschanzen sich in Mainz und werden von Otto dort zwei Monate lang belagert. Auf dem Reichstag zu Fritzlar 953 werden Liudolf und Konrad geächtet und als Herzöge abgesetzt. Dann aber brechen Unruhen in Baiern aus: Verwandte von Heinrichs Frau mögen den landfremden Herzog nicht. Als Liudolf Mainz Richtung Regensburg verläßt, schließen sich ihm die Baiern aus Ottos I. Gefolge an.
Im Jahr darauf beginnt der Aufstand zu bröckeln. Wieder einmal sind die nomadischen Magyaren ins Reich eingefallen. Die Aufrührer stehen im Verdacht, die Plünderer gerufen zu haben. Ob dieser Verdacht zutrifft, kann nicht mehr geklärt werden. Allerdings haben Liudolf und Konrad die Ungarn bis nach Lothringen geleitet und ihre Lande durch teure Geschenke von Plünderungen frei gekauft.
Am 16.06.954 treffen sich Liudolf, Konrad und Bischof Friedrich von Mainz in Langenzenn (bei Nürnberg) mit Otto I. und Heinrich von Baiern. Da Otto nun auf die Forderung verzichtet, die Mitverschwörer auszuliefern, bleiben als unversöhnliche Gegner Heinrich und Liudolf übrig. Beide werfen sich gegenseitig vor, die Ungarn gerufen zu haben. Liudolf flieht zurück nach Regensburg. Dort belagert ihn Heinrich mehrere Wochen, bis er ihm schließlich die Stadt über dem Kopf anzündet. Am 22.07.954 fällt Pfalzgraf Arnulf vor Regensburg – er hatte, obwohl sein Schwager, zu den erbitterten Gegnern Heinrichs gehört. Liudolf kann der militärischen Zwickmühle entkommen und sich nach Saufeld in Thüringen durchschlagen. Otto I. ist dort zur Jagd.Dort wirft er sich dem Vater zu Füßen und erlangt seine Verzeihung.
An der Schlacht auf dem Lechfeld nimmt Liudolf nicht teil. Vermutlich kämpft er zur selben Zeit in Sachsen mit eingefallenen Slawen. Sein innerfamiliärer Gegner Heinrich stirbt im selben Jahr. Davon kann Liudolf profitieren. Seine kleinen Halbbrüder aus Ottos I. Ehe mit Adelheid sind noch zu klein und ihr Überleben ungewiß. So ist der älteste Sohn wichtig für die gesamte Familie. Dabei geht es nicht nur um die Wahrung von Besitz, Macht und Beziehungen – es geht auch um das Seelenheil der Verstorbenen. Dafür zu beten, die Erinnerung wach zu halten (die memoria zu pflegen), war höchste Pflicht des Erben. Dafür werden Stifte gegründet und Donationen an Kirchen und Klöster gegeben, damit die Verstorbenen während bestimmter Gottesdienste namentlich genannt und so in der Gemeinde vergegenwärtigt werden.
Im Jahre 956 beauftragt Otto I. seinen Sohn Liudolf, seine Interessen in Italien zu wahren, wo Berengar von Ivrea vertragsbrüchig geworden war. Liudolf hat gegen den lombardischen König zwar Erfolg, stirbt aber unerwartet am 06.09.957 in Pombia an einem Fieber – möglicherweise Malaria. Seine Leiche wurde über die Alpen gebracht und entweder in St. Alban vor Mainz oder in St. Peter und Alexander in Aschafffenburg beigesetzt. Das Aschaffenburger Stift hatte er selbst gegründet. Liudolf wurde nur 27 Jahre alt.
Ita von Schwaben hat ihren Gatten um fast 30 Jahre überlebt – sie starb am 17.05.986. Die gemeinsame Tochter Mathilde ist ab 971 Äbtissin des Stiftes Essen – sie gilt als die bedeutendste Äbtissin dieses Stiftes. Der Sohn Otto, beim Tode des Vaters gerade drei Jahre alt, wird von seinem Großvater Otto I. adoptiert. Der nunmehrige Kronprinz, später Kaiser Otto II., ist nämlich auch erst drei Jahre alt. Und der älteste Sohn des Herrschers – Wilhelm – ist nicht ebenbürtig, daher nicht erbberechtigt und bereits seit drei Jahren Erzbischof von Mainz. Für die Nachfolge steht er nicht zur Verfügung. Vorsichtshalber also sollte man mehrere Erben haben…

© Amhara zu Agorá

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