Kaiserin Theodora III. und ihre Zeit

11. Januar 2015
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Theodora wird um 985 als dritte und jüngste Tochter des Mitkaisers Konstantin VIII. und seiner Frau Helene Alypina geboren. Doch obwohl ein Mitkaiser auch eigene Aufgaben übertragen bekommt, überläßt Konstantin das Regieren seinem älteren Bruder Basileios und widmet sich privaten Vergnügungen.

Kaiser Romanos II. war bereits 963 gestorben und hatte seinen erstgeborenen Sohn Basileios schon 960 zum Mitkaiser gemacht – da war der Bub erst drei Jahre alt! Nun sind erst einmal Regenten für das Kind nötig. Wenige Monate lang ist die Kaiserwitwe Theophanu mit Unterstützung eines ranghohen Eunuchen die Regentin, bis die Armee den General

Konstantin VIII, Zoe und Theodora auf Emailletafeln (vermutlich Teil einer Krone) circa 1042 (Quelle: Wikipedia)

Konstantin VIII, Zoe und Theodora auf Emailletafeln (vermutlich Teil einer Krone) circa 1042 (Quelle: Wikipedia)

Nikephoros Phokas zum König ausruft. Durch die Eheschließung mit Theophanu am Tag nach der Krönung heiratet Nikephoros Phokas quasi in die Dynastie ein. Für sechs Jahre wird er der Vormund der Kindkaiser sein. Dann hat er durch persönliches Fehlverhalten alle Sympathien verspielt und kommt durch ein Mordkomplott ums Leben. Zu den Verschwörern zählen neben Theophanu, die im Verdacht steht, schon ihren ersten Ehemann durch Gift beseitigt zu haben, und dem General Johannes Tzimiskes, mit dem sie ein Verhältnis hat, auch ranghöchste Hofbeamte. Eine dritte Ehe ist für die verwitwete Theophanu nicht möglich, der Patriarch von Konstantinopel ist unerbittlich. Nur um den Preis, daß die Gattenmörderin für immer vom Kaiserhof verschwindet, krönt er den Usurpator zum Kaiser. Und dieser verbannt die eben noch so Nützliche in ein fernes Kloster – und heiratet eine ihrer kaiserlichen Schwägerinnen. Als Johannes Tzimiskes am 10. oder 11. Januar 976 an Typhus stirbt, ist der älteste Thronerbe neunzehn Jahre alt und schon lange regierungsmündig. Doch erst im Jahre 985 – und nach etlichen militärischen Auseinandersetzungen – kann Basileios sich gegen selbsternannte Vormünder und Usurpatoren endgültig durchsetzen. Der Kaiser ist achtundzwanzig Jahre alt.

Kaiser Otto III. läßt ungefähr im Jahre 1000 durch Erzbischof Arnulf II. von Mailand um eine “purpurgeborene” Prinzessin werben – er selbst ist ja Sohn einer Nichte von Johannes Tzimiskes. Kaiser Basileios II. ist unverheiratet und hat keine Kinder; da bleiben nur die Nichten zur Auswahl. Die älteste, Eudokia, soll wenig ansehnlich (vielleicht durch schwere Akne entstellt) gewesen sein. Zudem soll sie ohnehin die Absicht gehabt haben, ins Kloster zu gehen – was sie auch tut. Theodora muß als Jüngste zurückstehen. Und Zoe ist nicht nur im richtigen Alter, sondern auch anmutig – der Erzbischof ist begeistert. Er geleitet sie mit großem Gefolge Anfang des Jahres 1002 zu Schiff nach Bari in Italien. Doch Otto III. starb Ende Januar mit gerade 22 Jahren an der Malaria. Zoe kehrt nach Konstantinopel zurück. Von ihr wird noch einiges zu berichten sein.
Kaiser Basileios II. stirbt im Dezember des Jahres 1025 mit etwa 67 Jahren und sein jüngerer Bruder folgt ihm nach. Der zeitgenössische Chronist Michael Psell0s läßt kein gutes Haar an ihm. Allerdings darf man dem aalglatten, intriganten und eitlen Wissenschaftler nicht alles glauben, bloß weil es aufgeschrieben ist und Psell0s andererseits ein faszinierender Rhetoriker, Historiker, Theologe und Philosoph ist. Richtig wird aber sein, daß Konstantin VIII. in den knapp drei Jahren seiner Regierung (er starb im November 1028 mit ebenfalls Ende 60) kaum eigene Akzente setzen kann. Er verläßt sich weitgehend auf seine Minister und Berater. Dadurch schlecht beraten nimmt er die von seinem Bruder erlassenen Landgesetze zurück – und stärkt damit unnötigerweise den Landadel. Der nämlich wird nun – durch Verfolgung eigener Interessen – eine ernste Bedrohung für das Reich.
Auch Konstantin VIII. hat keine Söhne, die ihn beerben können – “nur” Töchter, die aber alle bereits vierzig Jahre und älter sind. Dennoch läuft die Erbfolge über sie: Konstantin verheiratet seine Tochter Zoe (fast fünfzigjährig) mit dem Senator Romanos Argyros. Psellas beschreibt in romanhafter Buntheit, daß der glücklich verheiratete Romanos samt Ehefrau vor die Wahl gestellt worden sei, sich entweder scheiden zu lassen – oder das Augenlicht durch Blendung zu verlieren. Was blieb ihnen übrig?… Der Senator war Urenkel eines Kaisers und hatte eine steile Beamtenkarriere gemacht – zum Schwiegersohn des Kaisers avanciert er als Eparch von Konstantinopel, das ist der Stellvertreter des Fürsten vor Ort – vergleichbar einem Pfalzgrafen im Ostfränkischen Reich.
Trotz ihres vorgerückten Alters sind Romanos und Zoe überzeugt davon, daß mit Gottes Hilfe und “medizinischen” Mitteln leibliche Nachkommen möglich wären. Sie geben jedem Scharlatan eine Chance, benutzen Wässer und Salben, behängen sich mit Amuletten und Talismanen – alles umsonst. Nach etwa zwei Jahren gibt Romanos alle Hoffnungen auf, von Zoe ein Kind zu bekommen, und nimmt sich eine Mätresse, wie Psellos berichtet.
Zu Beginn der Regierung von Romanos III. Argyros beteiligt Theodora sich offenbar an der Verschwörung etlicher hochrangiger Generäle, darunter Presian (ein bulgarischer Prinz) und Konstantin Diogenes, der mit einer Nichte von Romanos verheiratet war. Das Komplott wird verraten, die Generäle geblendet und “zu Mönchen geschoren”. Eventuell ist geplant, daß Theodora den bulgarischen Fürsten ehelicht, immerhin den Erben des letzten bulgarischen Zaren. Nun muß sie sich 1032 in das Petrion-Kloster zu Konstantinopel zurückziehen.
Obwohl Romanos nur durch die Heirat mit einer Erbtochter an die Regierung gekommen ist, seine Frau also “eigentlich” im Rang über ihm steht, gesteht er ihr keinen uneingeschränkten Griff in den Staatsschatz zu. Stattdessen setzt er ihr eine knapp bemessene jährliche Apanage aus. Dafür nimmt sie sich ebenfalls ein “Betthäschen”. Der hochrangige Eunuch Johannes, der schon unter ihrem Vater ein Ministeramt bekleidet, führt seinen jüngeren Bruder Michael beim Kaiserpaar ein, und Zoe findet Gefallen an dem schmucken jungen Mann. Auch Romanos III. Argyros nimmt seine Dienste in Anspruch. Ein Jahr später, am Gründonnerstag des Jahres 1034, stirbt Kaiser Romanos III. Argyros unter verdächtigen Umständen im Bade. Es kursieren sofort Gerüchte über einen Giftmord bei Hofe, aber die zeitgenössischen Geschichtsschreiber überliefern sehr widersprüchliche Einzelheiten. Wahrscheinlich erliegt der Sechsundsechzigjährige einem Schlaganfall. Schon am Karfreitag krönt Patriarch Alexios Studites den Kammerherrn und traut ihn mit der Kaiserin Zoe. Diese ist inzwischen fast sechzig Jahre alt.
Auch Michael IV. hält seine Gattin finanziell “an der kurzen Leine”. In Abstimmung mit seinen Brüdern (außer Johannes sind noch drei weitere als Kastraten am Kaiserhof beschäftigt) erweist er sich als energischer und fähiger Politiker. So kann ein Friedensvertrag mit dem Kalifat der Fatimiden in Ägypten ausgehandelt werden, der dreißig Jahre Bestand haben wird. Allerdings leidet er an häufig auftretenden epileptischen Anfällen.
Seit dem Jahre 988 stellen Waräger die Leibgarde des Kaisers – Skandinavier, die als Söldner oder Piraten im sagenhaft reichen Süden ihr Glück suchen. 1034 kommt Harald Hardrade, der spätere norwegische König, mit 500 Mann Gefolge nach Byzanz. Anfangs wird er bei der Flotte zur Abwehr arabischer Piraten eingesetzt. Von 1038 bis 1041 kämpft er unter dem Oberkommando von Georgios Maniakes in Sizilien. Seine Kriegsbeute aus dieser Zeit schickt er an Fürst Jaroslaw von Kiew, um sie dort in Sicherheit zu wissen.
Da das Kaiserpaar aus naheliegenden Gründen keine leiblichen Kinder hat, adoptiert Kaiserin Zoe im Jahre 1040 einen Neffen ihres Gatten, ebenfalls Michael genannt. Das ist ein Mißgriff. Kaiser Michael IV., bereits totkrank, besiegt im September 1041 die Bulgaren vor Thessaloniki und stirbt am 10.12. desselben Jahres. Nun wird der adoptierte Jungspund zum Kaiser gekrönt. Anschließend verbannt er seine Adoptivmutter in die Frauengemächer, entzieht ihr sämtliche Hofdamen und Zofen, und will sie in der Karwoche des Jahres 1042 gar in ein Kloster verbannen. Die Haare hat man ihr schon abgeschoren, sie wird zu Schiff auf die Prinzeninseln gebracht – da bricht ein Volksaufstand los. Michael V. muß sich in diesen vier Monaten überall Feinde gemacht haben.
Weil Harald wegen Unterschlagung von Kriegsbeute und Steuern mit zwei Offizieren der Waräger-Garde im Gefängnis landet, verliert der Kaiser die Loyalität der Skandinavier. Es nützt ihm nichts, daß er nun skythische Sklaven als Leibwache beschäftigt. Mit Ausbruch des Aufstandes kommen die inhaftierten Gardeoffiziere frei und sind “mit Äxten” am Sturm auf den Palast beteiligt. In einer blutigen Schlacht wird er genommen. Der Kaiser flieht – in ein Kloster. Man holt die Kaiserin aus ihrem Verbannungsort und putzt sie fürstlich heraus. Doch der öffentliche Auftritt des Kaiserpaares beendet den Volksaufstand keineswegs. Der Kaiser und sein Bruder Konstantin fliehen ihrem Untergang entgegen; sämtliche von Michael V. entlassene Ministeriale aber begeben sich zum Petrion-Kloster, um auch Theodora zu holen, der die Kaiserkrone ebenso zusteht wie ihrer Schwester Zoe. Theodora aber wehrt sich entschieden und wird unter Anwendung körperlicher Gewalt gezwungen, kaiserlichen Purpur anzulegen. Sie ist nun Mitkaiserin. Der lediglich adoptierte Kaiser wird geblendet und in ein Kloster verbracht, wo er stirbt.
Die beiden Schwestern sollen sich, nach Angaben von Michael Psellos, überhaupt nicht verstanden haben und für die Regierung des Reiches auch völlig ungeeignet gewesen sein. Dem widersprechen aber einige kaiserliche Erlasse, Ämterbesetzungen, ein Tribunal zur Untersuchung des Amtsmißbrauches in der Vorgängerregierung sowie Rückführungen von Unterschlagungsgeldern in den Staatsschatz. Wirklich “ungeeignet” aber sind die Schwestern für das Militär. Der Kaiser ist oberster Befehlshaber – aber eine Frau kann diesen Posten nicht ausfüllen. Da Theodora sich entschieden weigert, an eine Ehe auch nur zu denken, geht Zoe ihre dritte Ehe ein. Diese ist zwar unkanonisch, aber Konstantin Monomachos wird trotzdem gekrönt. Von Theodoras Beteiligung an der Regierung hören wir vorerst nichts mehr.
Konstantin Monomachos war in erster Ehe verwitwet und hatte eine Geliebte. Kaiserin Zoe lädt sie ein, nach Konstantinopel zurückzukehren, und es ergibt sich eine augenscheinlich harmonische Dreierbeziehung. Sogar zu Theodora hat “die Sklerina”, die vielleicht Maria heißt, ein herzliches Verhältnis. Allerdings stirbt sie nach wenigen Jahren an einem Lungenleiden. Vermutlich gehört zum Frauenhaushalt auch eine Tochter Konstantins, entweder aus dessen erster Ehe oder aus der Beziehung mit Maria Sklerina. Diese Irene wird ungefähr 1053 mit Wsewolod Jaroslawitsch, dem Großfürsten von Kiew, verheiratet.
Zoe stirbt 1050 und der Kaiser am 11.01.1055 – und Theodora, die die Frauengemächer des Palastes nicht mehr verlassen hat, übernimmt erneut die Herrschaft. Der kinderlose Kaiser hat zwar den Herzog von Bulgarien, Nikephoros Protoeuon, zum Erben und Nachfolger bestimmt, aber Theodora gelingt es, ihn in Thessaloniki festnehmen zu lassen. Dort wird er “zum Mönch geschoren” und in ein Kloster verbannt.
Theodora regiert autoritär und hat in Patriarch Michael I. Kerularios einen Gegner, der ihr die eigenmächtige Bestallung von Klerikern verübelt. Sie ernennt Michael VI. Bringas zum Nachfolger. Mit ihr endet die makedonische Dynastie der byzantinischen Kaiser.

© Amhara zu Agorá

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