Die Europäische Stechpalme

28. Dezember 2014
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Heil- und Nutzpflanzen

Der Ilex ist der einzige in Europa heimische Vertreter der Stechpalmengewächse, verbreitet bis Norwegen und Schweden. Regional sind auch noch “Hülse”, “Hulstbaum”, “Walddistel”, “Stechlaub”, “Schradl” oder “Schradlbaum” als Bezeichnung gebräuchlich. Die Einordnung als “Waldunkraut” findet sich noch in dem Kindervers “Ilse, Bilse, keiner will’se – böse Hülse”. Die Stechpalme verträgt viel Schatten, sodaß sie auch in Laubwäldern gedeihen kann.

Europäische Stechpalme  Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé - "Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz" 1885, Gera (Quelle: Wikipedia)

Europäische Stechpalme
Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé – “Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz” 1885, Gera (Quelle: Wikipedia)

Ilex ist immergrün. Als Strauch wird er etwa einen Meter hoch, als Baum 10 – 15 Meter. Junge Zweige sind grün und dicht behaart; sie verkahlen beim Älterwerden. Auch die Stammrinde bleibt lange grün. Spät erst wird eine dünne schwarzgraue Borke ausgebildet. Stämme der Baumform können bis 50 cm Durchmesser erreichen. Die Sträucher werden bis zu 300 Jahre alt. Die größte Stechpalme Deutschlands steht im Odenwald im Gorxheimertal und ist ein Naturdenkmal.

Ilexblätter sind dick und ledrig, oberseits glänzend dunkelgrün, unterseits gelbgrün. Die Ränder der elliptischen Blätter sind gezackt und bezahnt (=> Stechpalme!), sie werden etwa drei Jahre alt. Je höher die Blätter sitzen, um so weniger wehrhaft sind sie – hoch in den Baumkronen, außer Reichweite des Wildes, haben sie nur noch selten Stacheln.

Stechpalmen sind zweihäusig, es gibt also männliche und weibliche Pflanzen. Blühen tun beide – aber Frucht tragen nur die weiblichen Pflanzen, wenn eine männliche in erreichbarer Nähe steht. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten. Die Blüten sind meist weiß und recht unscheinbar; die Früchte reifen ab Oktober. Es sind erbsenförmige, rote, glänzende, saftige Steinfrüchte. Und sie sind giftig! 20 – 30 der Beeren gelten als tödliche Dosis für Erwachsene – für Kinder entsprechend weniger. Sie führen zu Schläfrigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, zu Magenentzündungen und Nierenschäden sowie zu Herzrhythmusstörungen.

Ilex verbreitet sich über Wurzelsprosse und Samen. Die werden von Vögeln “gesät” (Amseln, Drosseln, Mönchsgrasmücken und Rotkehlchen), die die giftigen Steinfrüchte anscheinend schadlos vertragen. Sie sind ein wichtiges Winterfutter. Weich und freßbar werden die “Beeren” erst nach mehrmaligem Frost. Sie können den ganzen Winter über am Strauch bleiben.

Das kräftige Grün und glänzende Rot im Winter haben den Ilex schon früh zu einem besonders beachteten Gewächs werden lassen. Seine Farben stehen für Hoffnung und Liebe. So wurde Ilex auch – besonders im angelsächsischen Kulturraum – zu einem gern genommenen Weihnachtsschmuck.

Die Früchte wurden früher bei Verstopfung und Epilepsie verwendet, geröstete Samen dienten als Kaffee-Ersatz. Ilex-Zweige im Kälberstall beugen erfolgreich der Rinderflechte vor, einer Hautkrankheit des Rindes. Zur Bekämpfung der Mäuse- und Rattenplage hat man Ilex-Zweige ebenfalls gebraucht: Hohlräume in einigen Decken des Kanzleigebäudes zu Lübeck wurden zu diesem Zweck mit “Hülsbusch” ausgefüllt. Ob sich die Tiere daran vergiften sollten, oder ob sie einfach der Drahtverhau der Stachelpflanze abhalten sollte, ist nicht ganz klar. Immerhin kann man Ilexzweige auch zu Buschen ähnlich Reisigbesen zusammenbinden und damit den Schornstein kehren…

Ilex-Holz ist dicht und schwer, gut polierfähig und wurde früher für Intarsien oder Druckstöcke für Holzschnitte verarbeitet, manchmal auch zu Messerfurnieren. Es war ein Ersatz für Ebenholz, da es dunkle Lacke gut annimmt.

© Amhara zu Agorá

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