Otto von Worms

26. Oktober 2014
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Otto von Worms ist das einzige Kind des Saliers Konrad des Roten, Herzog von Lothringen, und dessen Frau Liutgard von Sachsen. Er wird ungefähr im Jahre 948 geboren und ist durch seine Mutter ein Enkel Kaiser Ottos des Großen. Seine Mutter stirbt bereits am 18.11.953 und der Vater fällt am 10.08.955 bei der (siegreichen) Schlacht auf dem Lechfeld gegen die Ungarn. Konrad hatte sich am Liudolfinischen Aufstand gegen seinen Schwiegervater beteiligt, sich aber im Jahr darauf auf dem Reichstag zu Langenzenn dem König förmlich unterworfen. So wurde ihm zwar das Herzogtum Lothringen abgesprochen, aber der Herzogstitel und die familiären Eigengüter gelassen. Der kleine, noch unmündige Sohn erbt die Allodien des Vaters und ist daher anfänglich “Graf im Nahegau, Speyergau und Wormsgau”. Otto der Große hat durch den Tod seiner ebenbürtigen erwachsenen Kinder aus erster Ehe zu dieser Zeit keine sicheren Nachfolger. Obwohl die Quellen es nicht deutlich sagen, wird er sowohl den Sohn seines Sohnes Liudolf wie den Sohn seiner Tochter Liutgard als mögliche Erben betrachtet und entsprechend gefördert haben. Tatsächlich überlebt erst der Ende des Jahres 955 geborene Sohn und spätere Kaiser Otto II. das Kleinkindalter.

Otto von Worms (Quelle: Wikipedia)

Otto von Worms (Quelle: Wikipedia)

Innerhalb der Stammlande Ottos befindet sich Mainz mit dem Sitz eines Erzbischofs. Das Mainzer Erzbistum konkurriert mit Aachen und Trier um den Primat – und 954 wird Kaiser Ottos I. ältester Sohn, Wilhelm, dessen Mutter eine vornehme Slawin gewesen sein soll, zum Erzbischof von Mainz gewählt. Trotz dieser gewaltigen Konkurrenz gelingt es den Vormündern – und später Otto selbst – den Familienbesitz in enger Anlehnung an das sächsische Herrscherhaus zu mehren. Sie gewinnen im Laufe der Zeit den Elsenzgau, Enzgau, Kraichgau, Niddagau sowie den Pfinzgau dazu.
~ 970 heiratet Otto von Worms eine Judith, mit der er vier Söhne hatte. Außer ihrem Namen und Sterbedatum († 991) ist von ihr nichts bekannt. Die Zuordnung zu Adelsfamilien in Baiern ist spekulativ.
Otto der Große stirbt 973 und hinterläßt seinem Nachfolger die üblichen familiären Rangstreitigkeiten. Wie schon sein jüngerer Bruder Heinrich (später Herzog von Baiern) und sein Sohn Liudolf greift nun Heinrichs Sohn nach der Macht – ihm wird später der bezeichnende Name “der Zänker” beigelegt. Aus der Position des Herzogs von Baiern und Karantanien erhebt Heinrich Ansprüche auf das verwaiste Herzogtum Alemannien. Seine Schwester Hadwig ist dort kinderlos verwitwet. Außerdem düpiert er den Kaiser, indem er eigenmächtig und unter Umgehung herrscherlichen Rechts einen eigenen Kandidaten auf den bischöflichen Stuhl von Augsburg erhebt – Heinrich, seinen Cousin mütterlicherseits. Doch Kaiser Otto II. überträgt dem Sohn Liudolfs (ebenfalls ein Otto) noch im November 973 den Dukat über Alemannien. Bis 978 hat sich der Kaiser mit seinem bairischen Neffen und dessen Verbündeten auch militärisch herumzuschlagen.
Die zahlreichen, zusammenhängenden Grafschaften in seiner Hand ermöglichen Otto von Worms eine umfassende Adelsherrschaft. Im Jahre 977 (oder 987) gründet er das Lambertuskloster bei Grevenhausen (Gravenhusen)im Speyergau als salisches Hauskloster. In der Stiftungsurkunde sind neben der Gattin Judith und dem zustimmenden Kaiser Otto II. auch drei Söhne namentlich aufgeführt, obwohl sie kaum rechtsfähig gewesen sein dürften.
In der gleichen Zeit läßt er in Zell bei Worms die während der Ungarneinfälle verwüstete Wallfahrtsstätte des Hl. Philipp renovieren. Sie ist der für seinen Herrschaftsbereich wichtigste Wallfahrtsort.
Im Jahre 978 verkleinert Kaiser Otto II. das bairische Stammesherzogtum durch die dauerhafte Abtrennung von Karantanien erheblich und überträgt es in Personalunion an seinen Neffen Otto von Schwaben. Das neu geschaffene Herzogtum Karantanien samt der Markgrafschaft Verona erhält Otto von Worms. Im Tausch für diese einflußreiche Position muß Otto seine Einkünfte aus Bann- und Zollrechten in Worms aufgeben. Die Einnahmen aus Worms, die nun dem dortigen Bischof zugesprochen werden, stellen das Bistum in dieser Hinsicht den Bistümern von Köln und Mainz gleich.
Mit der Markgrafenwürde von Verona hat Otto die Sicherheit des Brennerpasses nach Italien zu garantieren. Der Schwerpunkt seiner politischen Tätigkeit muß daher in der Markgrafschaft Verona gelegen haben. In Kärnten, wo er 980 reiches Königsgut von Otto II. erhält, beginnt er in der Nähe der Pfalz Karnburg mit der Gründung eines Lambert-Klosters. Der Kaiser stattet die Klostergründung mit Gütern am Ulrichsberg und an der Glan aus. Die Gründung gedeiht aber nie über den Bau der Klosterkirche hinaus, da die Herzogswürde schon 985 in andere Hände gelegt wird. Und so ist um die romanische Kirche herum keine große Klostersiedlung entstanden wie in Essen, sondern nur das Dörfchen Pörtschach am Berg.
Kaiser Otto II. stirbt überraschend und vergleichsweise jung mit 28 Jahren im Dezember des Jahres 983 in Rom an der Malaria. Zu Pfingsten desselben Jahres hat er auf dem Hoftag zu Verona seinen erst drei Jahre alten Sohn von der Adelsversammlung zum Mitkönig wählen lassen. Als Vormünder für das Kind stehen zwei Frauen ein – Kaiserin Theophanu und Kaiserin Adelheid, die Witwe Ottos des Großen. Vormundschaftliche Mitregenten sind außerdem Bischof Hildibald von Worms, Leiter der kaiserlichen Kanzlei, und Erzbischof Willigis von Mainz. Doch aus der Kirchenhaft in Utrecht kehrt Heinrich der Zänker zurück und wünscht, an der Macht beteiligt zu werden. Er läßt sich den Dreijährigen von seinem Erzieher, Erzbischof Warin von Köln, übergeben, denn er ist der nächste männliche Verwandte. Zu Ostern 984 läßt Heinrich sich in Quedlinburg zum König proklamieren. Dabei folgen ihm aber nicht alle Großen des Reiches. Doch seine Anhängerschaft ist groß genug, um in dieser schwierigen Phase weniger auf Konfrontation als auf Ausgleich bedacht zu sein. Nach zähen Verhandlungen wird der “Zänker” im Jahre 985 als Herzog von Baiern wieder in seine alten Rechte eingesetzt. Der zwischenzeitlich in Baiern herrschende Herzog Heinrich (III.) bekommt dafür Kärnten und die Markgrafschaft Verona. Und Otto von Worms bekommt für seinen Verzicht den Königshof Lautern, den Wasgauforst sowie Besitzungen und Rechte der Klöster Hornbach und Weißenburg im Elsaß. Er darf auch seinen dux-Titel weiter führen. Das schwerreiche Kloster Weißenburg muß auf 68 Lehen verzichten. Was für den hohen Adel lediglich eine Umverteilung von Reichsgut war, wird in den Annalen des Klosters als gewaltsamer Raub dargestellt. Politisch kann die Schenkung von Reichsgut, die aus karolingischem Erbe entnommen wird und an der, wie die erhaltene Originalurkunde belegt, sämtliche Vormünder Ottos III. beteiligt sind, gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Mit ihr wird ein Teil der Dankesschuld abgegolten, die Herzog Otto für seine während des Thronstreites bewiesene Treue gebührte.
Vermutlich am 28.3.990 stirbt Ottos ältester Sohn Heinrich, der als Graf im Wormsgau überliefert ist, gerade 20 Jahre alt. Seine junge Witwe ist schwanger oder um diese Zeit niedergekommen. Sie muß sich ziemlich rasch wieder verheiratet haben, denn sie verschwindet aus der Familienüberlieferung der Salier fast vollständig. Sein kleiner Sohn Konrad wird später dem Bischof von Worms zur Erziehung übergeben.
Herzog Heinrich II. von Baiern, der „Zänker“, stirbt 995 und sein Sohn Heinrich (IV.) beerbt ihn. Otto III., der im Vorjahr rechtsmündig wurde (mit vierzehn Jahren!), hält an der von seinem Vater verfügten Trennung von Baiern und Karantanien fest und überträgt die Herzogswürde für Karantanien erneut auf Otto von Worms. Dieser hat sich in den vergangenen zehn Jahren fast ausschließlich um seine Eigengüter gekümmert. Auch für die Markgrafschaft Verona wird er wieder zuständig. Zudem dient er den König als “missus”, d.h. er vertritt seinen Fürsten als Vorsitzenden beim Hofgericht, und begleitet ihn auf den Italienzügen von 996, 998, 1001/2 und 1004.
Der erste Italienzug ist notwendig für die Kaiserkrönung Ottos III. und die Begleitung durch nächste Angehörige, noch dazu in gehobener Position, ist nicht ungewöhnlich. Zur Begleitung gehört auch der zweitgeborene Sohn des Wormsers, Bruno, der eine ausgezeichnete theologische Ausbildung erhalten hatte. Er ist vierundzwanzig Jahre alt und gehört zur “Hofkapelle”, dem Verwaltungsrat des Königs. Auf dem Weg nach Rom, zwischen Pavia und Ravenna, wird Otto III. durch eine römische Gesandschaft darüber informiert, daß der Papst gestorben sei und er bitte einen neuen Papst vorschlagen möge. Den Wunsch erfüllt Otto III. umgehend, indem er seinen Verwandten Bruno nicht nur vorschlägt – dem stimmen alle Fürsten seines Gefolges zu -, sondern ihn auch gleich anschließend durch Erzbischof Willigis von Mainz, Erzkanzler des Reiches, und Bischof Hildibald von Worms, Leiter der Hofkapelle, zur Inthronisation nach Rom geleiten läßt. Ottos von Worms Sohn Bruno wird Papst Gregor V. und das steigert das Ansehen und Gewicht der ganzen Familie gewaltig.
Nach dem unerwarteten und frühzeitigen Tode Ottos III. im Jahre 1002 in Italien gehört Otto von Worms neben Herzog Heinrich von Baiern, Herzog Hermann von Schwaben und Ekkehard von Meißen zu den durch Geburt und Rang ausgezeichneten Kandidaten für die Nachfolge. Doch Otto beurteilt seine Möglichkeiten nüchtern und schlägt Heinrich von Baiern vor. Dieser war schon bei der Begegnung mit dem Leichenzug des jungen Kaisers mit einer Bewerbung vorgeprescht – und bei den meisten anderen Fürsten deutscher Zunge abgeblitzt. Der Baiernherzog erreicht in zähen Verhandlungen, mit teuren Versprechungen und zum Teil auch mit List und Tücke die Königswürde.
Ottos freiwilligen Verzicht auf die Thronkandidatur belohnt Heinrich II. mit der neuerlichen Übertragung des Herzogtums Kärnten. Da er dem Bischof von Worms reiche Zusagen auf Kosten Ottos gemacht hatte, drängt er ihn, das alte salische Herrschaftszentrum in Worms, die Grafenburg, im Tausch gegen den Königshof Bruchsal und den Königsforst Luzhart wegzugeben. Darauf ist Otto eingegangen. Da sich noch vor der Königskrönung Heinrichs II. in Italien Arduin von Ivrea zum König hat wählen lassen, schickt Heinrich II. Ende des Jahres 1002 Otto von Worms mit einem Heer nach Italien. Arduin hatte im Jahre 997 den Bischof von Vercelli ermorden lassen und war durch eine päpstliche Synode exkommuniziert und gebannt worden. Die für beide Seiten verlustreiche Schlacht im Brentatal am “Ungarischen Berg” wird von den Italienern gewonnen. Im Jahr darauf zieht Heinrich II. selbst nach Italien – und Arduin flieht. Der Erzbischof von Mailand wechselt flugs die Seiten und krönt Heinrich in Pavia zum König von Italien. Herzog Otto jedoch überlebt die Rückeroberung der kostbaren Marken nur um wenige Monate. Er stirbt am 4. November 1004, sein Begräbnisort ist unbekannt. Als mögliche Begräbnisorte werden Bruchsal, Kärnten, St. Lambrecht oder Sinsheim genannt. Zwei seiner Söhne überleben ihn – und sein Enkel Konrad, Sohn des früh verstorbenen Heinrich, wird zwanzig Jahre später König des Ostfrankenreiches, König von Italien, König von Burgund – und Kaiser.

© Amhara zu Agorá

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