Medizinische Wissenschaft im Mittelalter

5. Oktober 2014
Von

Das Wissen zur Medizin im Mittelalter kam aus der Antike. Arabische, griechische und römische Ärzte waren die Vorbilder. Der Name Hippokrates, welcher 460 vor Christus geboren wurde, wird sicher vielen ein Begriff sein.  Seine Humoralpathologie bildete die Grundlage. Eine Weiterentwicklung erfuhr diese durch Galen.

Die Säftelehre stand hierbei im Vordergrund. Das Verhältnis von Blut, Schleim, schwarzer und gelber Galle sollte Auskunft geben über den Zustand der Gesundheit. Ein Gleichgewicht der Säfte wurde nicht angenommen. Vielmehr war man der Ansicht, dass immer einer der Säfte überwiegen würde. Daraus erklärte man sich auch die vier verschiedenen Temperamente.  Sie wurden in sanguinisch, phlegmatisch, cholerisch und melancholisch unterteilt. Die ärztliche Behandlung wurde voll und ganz darauf abgestellt. Die Auswahl der Heilmittel wurde danach ausgerichtet. Selbst Hildegard von Bingen war von der Säftelehre überzeugt.

Heidelberger Totentanz Heinrich Knoblochtzer - nicht nach 1488 -GW M47257- 6v

Beispiel für Harnschau
Heidelberger Totentanz
Heidelberg: Heinrich Knoblochtzer, nicht nach 1488 [GW M47257]
Seite: 6v
Quelle: Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz: Creative Commons-Lizenz cc-BY-NC-SA 

 

Die Harnschau und der Aderlass waren im Zusammenhang mit der Säftelehre sehr wichtige Elemente. Manch einer würde sogar sagen, dass das Harnglas als eine Art Zunftzeichen für die ärztliche Tätigkeit stand. Wir finden es heute auf zahlreichen Darstellungen. Meist hält der dargestellte Arzt das Harnglas in der Hand und betrachtet den Inhalt prüfend.

Im Bereich der Anatomie machte die Medizin keine Fortschritte. Auf der Schule zu Alexandria wurde im Altertum Anatomie noch gepflegt. Aber bereits im frühen Mittelalter kam es durch die fortschreitende Christianisierung dazu, dass dieses Wissen nicht ausgebaut wurde. Man muss sogar sagen, dass die Chirurgie eine Geringschätzung erfuhr. Grund dafür ist, dass es ein Verbot seitens der Kirche gab, welche das Sezieren von Leichen untersagte. 1163 wurde auf dem Konzil zu Tours den Priestern die chirurgische Betätigung verwehrt. Dieses Verbot wurde für die gesamte Geistlichkeit auf dem Laterankonzil 1215 erneuert. 1298 ging die Würzburger Diözesansynode noch weiter. Sie verbot den Klerikern nicht nur, selbst Chirurgie zu betreiben, sondern auch bei dieser anwesend zu sein.

Dem Vorbild Galens folgend sezierte man lange Zeit Tiere und zog unglaubliche Rückschlüsse auf den Menschen. Der Wandel kam erst zum Anfang des 14. Jahrhunderts. Mondino in Bologna sezierte entgegen den Verboten menschliche Leichen und gab damit den entscheidenden Anstoß. Auch schrieb er seine Erkenntnisse 1316 in einem Buch (Anatomia) nieder. In Deutschland dauerte es bis zum Jahr 1500, bis das Buch von Ketham herausgegeben wurde. Heute würde man das Buch sicher als Bestseller bezeichnen, denn es war ganze zweihundert Jahre das beliebteste Lehrbuch im Bereich Anatomie.

Jacopo Berengario da Carpi - Anatomia - Venedig 1535 - Titelholzschnitt

Sezieren
Jacopo Berengario da Carpi – Anatomia – Venedig 1535 – Titelholzschnitt
Quelle: Wikimedia

Der Senat von Venedig ordnete bereits 1308 an, dass jährlich eine Leiche zu sezieren sei. Sie sollte anatomischen Studien dienen. Aber auch an deutschen Hochschulen wurde seit dem 14. Jahrhundert wieder mit der Zergliederungskunst begonnen.  In Prag war dies seit Karl IV. ebenfalls der Fall. War das Sezieren von Leichen im 14. Jahrhundert noch etwas seltener, wurde es im 15. Jahrhundert bereits häufiger zu Studienzwecken betrieben. Hierzu versammelte sich das Auditorium und die Leichen wurden von Wundärzten oder Barbieren geöffnet. Die Professoren beschränkten sich auf die Erläuterungen, welche sie nach der Terminologie von Galen oder anhand des Buches von Mondino abgaben. Das Berühren des Leichnams kam für sie nicht in Frage.

Allerdings bedeute die neuerliche Beschäftigung mit der Anatomie nicht, dass geforscht wurde. Nein, man stellte die Überlieferungen nicht in Frage. Dahinter steckte ein recht starrer Autoritätsglaube.

Wer nun mehr zu dem Thema erfahren möchte, dem sei das Buch „Aus der Geschichte der Keilkunst“ von Ernst Königer im Prestel Verlag (1958) zu empfehlen.

Tags: , , , ,

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *