Die Brennessel

24. August 2014
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Heil- und Nutzpflanzen

Große Brennessel (Tafel aus "Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz"; 1885; O.W.Thomé; Quelle: BioLib.de

Große Brennessel (Tafel aus “Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz”; 1885; O.W.Thomé; Quelle: BioLib.de

Brennesseln gibt es fast auf der ganzen Welt – in Europa sind es vier Arten, von denen die Große Brennessel und die Kleine Brennessel die weiter verbreiteten und bekannten sind.
Brennesseln wachsen als einjährige oder ausdauernde krautige Pflanzen, die je nach Art und Standort 10 – 300 cm Höhe erreichen können. Die Große Brennessel kann bei uns auf gut gedüngten feuchten Böden drei Meter hoch werden. Brennesseln lieben “reiche” Böden, sie sind regelrechte Zeigerpflanzen für Stickstoffreichtum im Boden. Die ausdauernden Arten bilden Rhizome, in denen sie überwintern, während die oberirdischen Pflanzenteile absterben, und mit denen sie sich ausbreiten. Nesseln abreißen oder -schneiden reicht also nicht, wenn man sie loswerden will – sämtliche Wurzeln müssen raus!
Die oberirdischen grünen Pflanzenteile sind mit Brenn- und Borstenhaaren besetzt. Diese sind es, die die Nessel bekannt und unbeliebt machen. Nach schon leichter Berührung einer Brennessel bildet die Haut die schmerzhaften Quaddeln. Dabei sollen die Brennhaare “nur” Fraßfeinde abhalten. Dazu sind sie als spröde Röhren konstruiert, die schon bei kleinster Berührung an einer Sollbruchstelle brechen und eine einer Kanüle ähnliche Injektionsspitze bilden. In diesen Kanülen speichert die Nessel einen Cocktail aus Ameisensäure, Serotonin, Histamin, Acetylcholin und Natriumformiat. Bereits ein Zehnmillionstel Gramm davon reicht aus, die berüchtigte Wirkung zu erzielen.
Trotz dieser Abwehrmaßnahmen ist die Brennessel eine (über)lebenswichtige Futterpflanze für die Raupen von etwa 50 Schmetterlingsarten, darunter: Admiral, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs und Landkärtchen. Wer Schmetterlinge im Garten haben möchte, sollte also nicht alle Nesseln roden.
Seit Jahrtausenden wird die Nessel genutzt. Man kann sie essen. Für Frühjahrsgemüse verwendet man die jungen Triebe, als Spinat oder Suppe kann man auch gröbere Blätter nehmen – Blanchieren zerstört die Säure. In Notzeiten (noch 1947-49 in Berlin) wurde jede Nessel gegessen, die man kriegen konnte. Ansonsten verwendet man sie als Gewürz (“Brennessel-Käse”) oder Tee. In der Tierhaltung setzt man Brennessel feingehackt in der Kükenaufzucht ein, außerdem als Zutat im Futter für Kälber und Ferkel. Günstig ist hier der Gehalt an Vitamin C sowie Kieselsäure.
Mit dem Tee sind wir bei der medizinischen Anwendung. Nessel wirkt leicht entwässernd und ist günstig bei Rheuma, Wurzelauszüge werden bei Männerleiden gebraucht, und alle möglichen Pflanzenauszüge aus der Brennessel werden von der Kosmetikindustrie in Shampoos und Haarwässer gemengt.
Für Nesseltuch wird die zähe Faser der Brennessel schon seit Jahrtausenden gebraucht. Um 1900 galt Nessel als “das Leinen der armen Leute”.
Mit der Wurzel kann man Wolle, nach einer Vorbeize mit Alaun, wachsgelb färben. Andere Vor- und Nachbeizen ergeben mit Stielen und Blättern ein kräftiges Graugrün.
Modern ist die Verwendung von Brennesseljauche als Pflanzendüngemittel und Repellent von Schadinsekten.

© Amhara zu Agorá

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