Emma, die “Italienerin”, Königin des Westfrankenreiches

4. Mai 2014
Von

Geboren wird Emma etwa 948 als Tochter König Lothars II. von Italien – genauer: der Langobarden – und Adelheids von Burgund, die später in zweiter Ehe Otto den Großen heiraten wird. Schon zwei Jahre später ist ihr Vater plötzlich verstorben; man munkelt von Gift. Allerdings ist nicht die Ehefrau im Verdacht – Lothar und Adelheid sollen sich gemocht haben, was bei den arrangierten Ehen der damaligen Zeit durchaus selten war. Zugetraut wird es Berengar von Ivrea, der die Eiserne Krone der Langobarden selber haben wollte. Als Adelheid von diesem Regionalfürsten in Geiselhaft genommen wird, ist Emma mit dabei.

Nach der Eheschließung zwischen Otto dem Großen und Königin Adelheid in Pavia wächst Emma am ottonischen Hofe auf. Nun ist sie nicht mehr die Erbtochter, über die die langobardische Krone an einen Fürsten weitergereicht wird – die hat ihr Stiefvater Otto schon verlehnt. Jetzt ist sie eine Prinzessin von königlichem Geblüt, die zur Festigung von Allianzen verheiratet werden wird.

Auf dem glanzvollen Hoftag zu Köln im Jahre 965 wird die Ehe zwischen Ottos Neffen Lothar III., Sohn von Ludwig IV. d’Outre-Mer und Ottos Schwester Gerberga, und Emma verabredet. Schon im Jahr darauf kommt der zukünftige Thronfolger Ludwig zur Welt. Allerdings hat Lothar mindestens eine Konkubine, denn es sind zwei uneheliche Söhne namentlich bekannt. Dennoch halten beide Eheleute fest zueinander.

Nach dem Tode Ottos des Großen im Jahre 973 wird es im Westfrankenreich turbulent. Der zwölf Jahre jüngere Bruder Lothars – Karl – war ohne Erbteil geblieben und lebt ohne Funktion am Hofe seines Bruders. Nur militärische Aktivitäten scheinen ihm die Chance zu bieten, einen eigenen Herrschaftsbereich zu bekommen. Zunächst aber versucht er es mit Intrigen. Der wichtigste politische Berater Lothars ist Bischof Ascelin von Laon. Über diesen und die Königin Emma setzt Karl das Gerücht des Ehebruchs in Umlauf. Damit versucht er, den einflußreichen Geistlichen zu verdrängen – aber auch, den bereits elfjährigen Thronerben Ludwig als möglicherweise unehelich und damit nicht erbberechtigt zu diskreditieren.

Auf der Synode von Saint-Macre, die der Bischof von Reims leitet, werden die Königin und Ascelin von diesem Vorwurf entlastet und Karl muß nicht nur den Hof verlassen, sondern das Westfrankenreich überhaupt. In dieser Situation zieht Otto II., Königin Emmas Halbbruder, den zornigen jungen Mann auf seine Seite, indem er ihm das Herzogtum Nieder-Lothringen überträgt.

Damit zieht der ostfränkische König das karolingische Kernland in seinen Einflußbereich. Lothar deutet dies als feindlichen Akt und versucht, Otto durch einen Überraschungsangriff auf Aachen gefangen zu nehmen. Nur mit Mühe entkommt der Sachse seinem Schwager. Beim Gegenangriff Ottos reiht Karl sich in die Invasionsstreitmacht ein, da aber der westfränkische Adel weitgehend loyal zu seinem König steht, kann Otto nicht viel ausrichten. Der Plan, Karl zum Gegenkönig auszurufen, muß fallengelassen werden. Wieder geht der ehrgeizige Prinz leer aus.

Nach dem Tode Ottos II. 983 betreibt Lothar eine aggressive Ostpolitik und unterstützt eine ostfränkische Adelsopposition gegen den minderjährigen Thronerben Otto III. und Kaiserin Theophanu. Doch nach kurzer Krankheit stirbt er schon 986 und wird in Saint-Remy zu Reims bestattet.

Königin Emma hatte darauf gedrungen, daß Ludwig, der Erstgeborene, frühzeitig zum Mitkönig erhoben wurde. Wie ihre Mutter, Kaiserin Adelheid, und ihre Schwägerin Kaiserin Theophanu gedachte Emma, für und mit dem Sohn zu regieren. Anfänglich geht das auch recht gut, doch der junge Mann emanzipiert sich schnell. Statt den Ausgleich mit dem Ostfrankenreich zu suchen, wie es seiner Mutter vorschwebt, will er alte karolingische Unabhängigkeit beweisen.

Vermutlich gerät Ludwig unter den Einfluß seines Onkels Karl – wie sonst ist es zu erklären, daß der alte Vorwurf einer unmoralischen Beziehung der Königinwitwe mit dem Bischof wieder aufgewärmt wird? Emma wird vom Königshof vertrieben und geht zunächst nach Reims, dann nach Paris zu Herzog Hugo Capet. In einem Brief an ihre Mutter Adelheid bittet sie darum, diese solle Kaiserin Theophanu zu einer kompromißbereiten Haltung bewegen. Als schon alle Teilnehmer der Verhandlungen benannt sind, stürzt Ludwig V. von Westfranken bei der Jagd so unglücklich – daß er stirbt. Der letzte Karolinger auf dem Königsthron hinterläßt keine Erben. Zum Nachfolger wählen die westfränkischen Adligen nicht Karl, den Bruder Lothars und Onkel Ludwigs, sondern Hugo Capet. Dieser wird am 03.07.987 von Erzbischof Adalbero von Reims in Noyon gesalbt und gekrönt.

Königin Emma zieht sich in die alte karolingische Domäne Laon zurück. Ihr alter Feind Karl, immer noch Herzog von Nieder-Lothringen, aber gibt sich nicht geschlagen. Mit kühnem Handstreich erobert er die Stadt und nimmt Emma nebst der Mehrheit des Adels gefangen. Hugo Capet versucht zwar, mit einem militärischen Gegenschlag die Königinwitwe zu befreien, hat aber keinen Erfolg.
Verhandlungsangebote von Kaiserin Theophanu und Kaiserin Adelheid lassen Karl kalt. Noch 988 sitzt Emma in Laon fest. Allerdings scheint sie im Spätjahr 988 damit zu rechnen, bald nach Dijon reisen zu können, wo sie Herzog Heinrich von Burgund treffen will. Dieser Brief ist das letzte direkte Lebenszeichen von Emma.

Im Merseburger Totenbuch ist unter dem 01.11. vermerkt: “Hemma regina obiit” – Königin Emma ist gestorben. Das Todesjahr ist unbekannt, aber ziemlich sicher noch vor 990.

Bis 1774 wurde das Stundenbuch der Königin (ihr persönliches Gebetbuch) in der Abtei St.Remy in Reims verwahrt. Dann fiel es einem Klosterbrand zum Opfer.

© Amhara zu Agorá

Tags: , , ,

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *