Als ich bei meiner Suche nach Spielen aus dem Mittelalter über Tennis gestolpert bin, war ich doch erstaunt. Immer wieder vergesse ich, dass sehr viele Dinge, die heute für uns selbstverständlich sind, ihre Wurzeln im Mittelalter haben.
Bei der Frage, wo genau Tennis entstand, scheinen mir die Fachleute uneins zu sein. Es werden Spiele wie juego de pelota oder pallone angeführt. Allerdings erscheint mir die Theorie am wahrscheinlichsten, dass die Anfänge auf Jeu de Paume zurück zu führen sind. Jeu de Paume bedeutet „Spiel mit der Handfläche (Handteller) “. Diese Bezeichnung geht darauf zurück, dass Anfangs der Ball mit der Hand zurückgeschlagen und kein Schläger benutzt wurde. Da die damaligen Bälle doch recht hart waren, ging man allerdings recht schnell dazu über, lederne Handschuhe zu benutzen.
Der Ansatz dieser Theorie basiert auf sprachlicher Ebene. In altfranzösisch bedeutet ‘teneiz’ „haltet, fangt!“. Ein weiterer Hinweis ist in den Listen der Pariser Zünfte zu finden. Im Jahre 1292 wurden hier 13 Betriebe unter der Berufsbezeichnung oder auch Personen unter dem Namen Paumier aufgeführt. Stellten also gleich 13 Betriebe Tennisbälle her? Aber auch diese Spur ist nicht ganz eindeutig. So könnte man von der sprachlichen Herleitung auch eine andere Deutung vornehmen. Palmarius könnte „Palmenträger“ oder „Jerusalempilger“ bedeuten. Die Annahme, dass Jeu de Paume ein Vorläufer von Tennis ist, verfestigt sich durch die Erkenntnis, dass seit der Zeit um 1450, als Netzschläger aufkamen, in Paris die Schlägerfabrikanten eine besondere Zunft bildeten.
Wenn man nun der Spur weiter folgt, stößt man darauf, dass Mönche in ihren Klöstern begannen, das Rückschlagspiel zu spielen. Verschiedene Zeitzeugen berichten in unterschiedlichen Handschriften von Ballspielen, die in Klöstern gespielt würden. In der im Jahre 1165 entstanden Handschrift “Summa de ecclesiasticis officiis” beklagt sich der Theologe Johannes Beleth über mehrere französische Klöster. In denen würden sogar Bischöfe und Erzbischöfe dem Ballspiel frönen. Eine eher phantastische Wiedergabe findet man in der Handschrift “Dialogus miraculorum”, welche 1219 bis 1223 von Caesarius von Heisterbach verfasst wurde. Der Zisterziensermönch beschreibt das Ballspiel, indem er mit Dämonen die Mannschaften bildete und diese sich mit der Handfläche Menschenseelen zuspielen lässt. Angeblich soll diese Geschichte auf einer wahren Begebenheit beruhen, die dem Verfasser zugetragen wurde.
An anderer Stelle wurde die Vermutung geäußert, dass wohl französische Ritter und auch Ritter aus Belgica als erstes Tennis spielten.
Das Spiel der Mönche in den Kreuzgängen wurde, wie gesagt, mit den Händen gespielt. Nach welchen Regeln nun genau gespielt wurde, war sicher in der Anfangszeit noch unterschiedlich. Ob der Ball nun gegen die Wand oder auf ein Dach gespielt werden musste und ob der Ball nur einmal aufkommen durfte – darüber sind sich die Autoren oftmals uneins.
Die Spielgemeinde vergrößerte sich immer weiter. Weitere Stände wie Bürger, Bauern und Adel waren ebenfalls von dem Spiel begeistert.
Die Verbindung zu Jeu de Paume wird auch in der Zählweise deutlich. In den französischen Ballspielhäusern jener Zeit wurde bereits im 12. und 13. Jahrhundert um Geld gespielt. Pro Fehler wurden 15 Sous bezahlt. Also zählte man 0, 15, 30, 45. Im Laufe der Zeit veränderte sich lediglich die 45 auf 40, aber der Rest der Zählung ist bis heute erhalten geblieben. Neben dem Einsatz der Spieler gab es schnell auch Zuschauer, die ihrer Wettleidenschaft freien Lauf ließen.
Wie so oft in jener Zeit erregte auch das Tennisspiel den Unmut des Klerus. Es wird berichtet, dass die Zerstörung von Fensterscheiben und die beim Spiel entstehenden Geräusche den Gottesdienst gestört hätten. Der Adel hingegen hätte seine Leute gerne bei Waffenübungen gesehen. Im weiteren Verlauf wurden in England und in Frankreich die Bürger, welche weiterhin Tennis spielten, mit hohen Strafen belegt. Allerdings frönten auch Adelige dem Spiel. Bekannte Namen wie Ludwig X. von Frankreich (geb. 1289), Philipp der Schöne, Karl VIII., Philipp der Gute lassen sich mit ihrer Leidenschaft in den Aufzeichnungen finden.
Das erste Tennisturnier wurde von den Bürgern der Stadt Brügge im Jahre 1464 veranstaltet. An diesem Turnier nahmen zwei Mannschaften teil. Bekannt ist, dass es auch Profispieler gab. Zum Beispiel wurden diese engagiert, um bei Hofe zu spielen. In diesem Zusammenhang wird auch der Name einer Frau genannt: Margot aus Hennegau. Sie wurde 1402 als Bürgerliche in Mons geboren, Sie muss die erste professionelle Tennisspielerin gewesen sein. Philipp der Gute hörte von der 20 jährigen Margot und holte diese gegen Bezahlung an seinen Hof. Nach ihrer Zeit dort zog sie weiter nach Flandern und Brabant, um dort Tennis zu spielen. Später dann ging sie bei Naumur als Nonne in ein Kloster und unterrichtete dessen Bewohner in „ihrem“ Sport.
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