Der Taufe Chlodwigs am 2. Weihnachtstag folgten 3000 seiner Krieger und Angehörige des Adels als Loyalität gegenüber ihrem König, in dem sie sich taufen ließen. Mit diesem Akt hat Clodwig sowohl die Römer als auch die Franken an sich binden können. Seine Taufe durch einen katholischen Bischof war nicht nur die Absage gegenüber dem Heidentum, sondern auch eine Absage ans arianische Christentum, dem die meisten Germanen angehörten.
In den Lehren des Arius galt Jesus nicht als Gott, sondern als Mensch, der Heldenhaftes bewirkte. Dieses Denken entsprach eher den germanischen Vorstellungen, als der Gedanke eines trinitarischen Gottes. Die politischen Rivalen Chlodwigs, z.B. sein Schwager, der Ostgotenkönig Theoderich, die Westgoten und die Burgunder, waren Arianer. Galt noch sein Großvater als Spross eines Meeresgottes, war im Zusammenwirken der römischen Bischöfe und ihm der Anfang einer königlichen Legitimation durch Gottes Gnade zu erkennen. Der Bischof von Vienne, Avitus, gratuliert Chlodwig zur Taufe mit folgenden Worten: „Euer Glaube ist unser Triumph. Jede Schlacht, die Ihr ausfechtet, ist ein Sieg für uns.“
Chlodwig verstand das als Auftrag zur Fortsetzung seiner Eroberungskriege. Mit dem erbeuteten Besitz der Arianer kehrte er zurück. Trotz Taufe war er weiterhin ein grausamer und skrupelloser Heerführer. Er bestach die Krieger des Königs Chararic mit vermeintlichem Gold, das sich dann als Kupfer entpuppte. Der König und sein Sohn wurden in einem Kloster eingesperrt. Nach einem mißglückten Fluchtversuch tötete Chlodwig beide eigenhändig.
Getreue Versallen des Königs wurden damit beauftragt, Kirchen mit den dazu gehörigen Ländereien und Leibeigenen zu verwalten. Das Eigenkirchensystem wurde eingeführt. Eigenkirchen (lat. ecclesia propria oder propriae haereditatis) waren im frühen Mittelalter Gotteshäuser (Kirchen, Klöster), die meist begüterte Laien (örtlicher Adel, Grafen und Herzöge des Frankenreiches zeitweise bis hin zum König) auf privatem Grund und Boden errichten ließen.
Über die Eigenkirchen bzw. Eigenklöster hatte der Grundherr das Recht der Investitur, das heißt der Ein- und Absetzung der Pfarrer bzw. der Äbte ohne Bewilligung durch den Diözesanbischof. Der Grundherr war Vogt seiner Eigenkirche. Es stand ihm zwar die Nutzung der Erträge (Zehnt und Grunderträge) zu, doch hatte er auch für die Bedürfnisse der Kirche und der Seelsorge aufzukommen. Als Gegenleistung wurden der Eigenkirchenherr und seine Angehörigen in die Gebete einbezogen (Memoria); dies war – zumindest theoretisch – der Hauptgrund für die Stiftung von Kirchen und Klöstern auf dem eigenen Boden.
Chlodwig starb im Alter von 45 Jahren. Sein Reich umfasste am Ende seines Lebens das heutige Belgien, den größten Teil Frankreichs, Deutschlands Westen, Thüringen, Sachsen, Bayern und das Gebiet der Alemannen. Chlodwig teilte das Reich unter seinen vier Söhnen, doch starben drei Linien aus, sodass Chlothar I. von 558 bis 561 das inzwischen um Thüringen und Burgund erweiterte Reich wiedervereinigen konnte. Unter Chlothars Nachfolgern wurde das Reich wieder geteilt und durch Bruderkriege zerrissen, von Chlothar II. jedoch 613 wieder vereinigt. Chlothar II. und Dagobert I. waren die letzten mächtigen Herrscher aus dem Geschlecht der Merowinger, doch fing bereits unter ihnen der Einfluss der Hausmeier (maior domus) an zu wachsen.
In der Endphase der Merowingerherrschaft, als die Merowinger nur noch Schattenkönige waren, und nach der Beseitigung ihrer Dynastie wurden sie als Bewahrer altertümlicher Bräuche wahrgenommen. Auch darin hat man in der Moderne letzte Überreste oder Nachklänge einer nicht mehr verstandenen sakralen Herrscheridee aus vorchristlicher Zeit vermutet. Angaben aus der Karolingerzeit, die das traditionsgebundene Verhalten der letzten Merowinger als seltsam und antiquiert erscheinen lassen, dürften übertrieben und verzerrt sein, da sie der Rechtfertigung des Dynastiewechsels von 751 dienen sollten.
So schreibt Einhard, der in karolingischer Zeit eine Biographie Karls des Großen verfasste, die letzten Merowinger hätten sich auf einem von Ochsen gezogenen Karren (carpentum) herumfahren lassen. Was der karolingerzeitliche Autor als Kuriosität schilderte, war ein Element der spätantiken Herrscherrepräsentation gewesen: Ammianus Marcellinus berichtet, Kaiser Constantius II. sei 357 auf einem carpentum in Rom eingezogen, und noch im 6. Jahrhundert reisten römische Präfekten laut dem im Ostgotenreich wirkenden Gelehrten und Politiker Cassiodor meist in Karren.
Darüber hinaus wurde der Ochsenkarren der Merowinger in der Forschung oft auf einen heidnischen Kultwagen zurückgeführt und als zusätzliches Indiz für den vermuteten sakralen Charakter des merowingischen Königtums genannt. Dagegen wendet Murray ein, dass Einhard den Ochsenkarren nur mit den letzten Merowingern in Verbindung bringt und ihn nicht als herrscherliches Merkmal oder Privileg kennzeichnet, und dass keine einzige der älteren Quellen solche Karren als Fahrzeuge der merowingischen Könige erwähnt.
Die letzten Merowinger wurden trotz ihrer Machtlosigkeit nicht allgemein als lächerliche Figuren wahrgenommen; anderenfalls hätten die Karolinger den Dynastiewechsel leichter und früher durchführen können und wären dafür nicht auf die Autorität des Papstes angewiesen gewesen. Die Hausmeier mussten lange Zeit Rücksicht auf die tief verwurzelte Tradition nehmen, nach der nur Merowinger zur Königswürde legitimiert waren.
Der Historiker Julius von Pflugk-Harttung sprach für die Jahre nach 687 von einer „planmäßigen Entwöhnung“ von der Herrscherfamilie. Diese quasi religiöse Scheu gegenüber der Dynastie dient oft als Argument dafür, dass ihr bis zuletzt ein sakraler Charakter zugeschrieben worden sei, dessen Wurzeln in archaischen heidnischen Vorstellungen zu suchen sind.
Wir setzen unsere Reihe über die germanischen Königshäuser fort mit den Hausmeiern, die zum Geschlecht der Karolinger wurden.
© Thalassa von Kerygma
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