Dieses Wildkraut gehört in die Familie der Kreuzblütler und ist damit entfernt mit Kohl, Rettich und Senf verwandt. Es hat seinen Namen von den eigenartig geformten Samenschötchen, die an die Hirtentaschen früherer Zeit erinnern.
Hirtentäschel ist ein ein- bis zweijähriges Kraut, das 10 bis 50 cm Höhe erreichen kann und bis 90 cm tief wurzelt. Seine Grundrosette erinnert etwas an Löwenzahn, weil die länglichen Blättchen ähnlich gezackt sind, ohne freilich mit diesem irgendwie verwandt zu sein. Aus der Mitte der Rosette schiebt sich der traubige Blütenstand empor, der einfach oder verzweigt sein kann. Aus den weißen Blütchen entwickeln sich nach der Befruchtung die verkehrt-herzförmigen bis dreieckigen Schötchen, die jeweils bis zu zwölf Samen enthalten können. Blütezeit ist bei günstigen Bedingungen fast ganzjährig und die Samen bleiben bis 30 Jahre lang keimfähig.
Das Hirtentäschel stammt vermutlich ursprünglich aus Südeuropa und Asien, ist aber als “Unkraut” inzwischen weltweit verbreitet. Außerdem kommt es überall so häufig vor, daß man es zur Unterscheidung von selteneren Verwandten “Gewöhnliches” Hirtentäschel nennt. Pro Jahr sind vier Generationen möglich und pro Pflanze und Generation bis zu 64.000 Samen. Die Licht liebende und sehr anpassungsfähige Pionierpflanze bevorzugt nährstoffreiche Böden; im Gebirge findet man sie bis an die Waldgrenze.
Die Samenschale enthält Eiweiß spaltende Enzyme, sodaß moderne Forscher der Frage nachgehen, ob das Hirtentäschel eventuell eine “fleischfressende” Pflanze wie Sonnentau oder Venusfliegenfalle sein könnte.
Als Kohlverwandte wird das Hirtentäschel von der Kohlhernie befallen, einer gefürchteten Wurzelerkrankung im Gemüsebau. Darum mögen Gemüsebauern das Hirtentäschel eher wenig.
Hirtentäschel wird seit der Steinzeit als Heilpflanze verwendet. Innerlich und äußerlich hilft es bei Blutungen. Besonders in der Frauenheilkunde hat es seine Wirkung gezeigt. Bei übermäßigen und unzeitigen Monatsblutungen wurde Täschelkrauttee getrunken, ebenso zur Geburtsvorbereitung und zur Ablösung der Nachgeburt. Die Inhaltsstoffe des Hirtentäschels führen zu milden Kontraktionen in den Gefäßwänden.
Dadurch kann Hirtentäschel auch den Blutdruck regulieren. Zu niedriger Blutdruck wird dabei ebenso gebessert wie zu hoher. Selbst bei Krampfadern scheint es hilfreich zu sein.
Bei äußerlichen blutenden Verletzungen, aber auch bei Nasenbluten hat man ebenfalls zu Hirtentäschel gegriffen.
Das ganze Kraut läßt sich aber auch sehr gut in Frühlingssalaten, zu Quark und Frischkäse sowie zur Dekoration von Platten verwenden. Wildkräutersalate sind derzeit sowieso en vogue. Kinder essen die Schötchen ebenso gern wie Hühner – und tun sich überhaupt keinen Schaden damit. Durch den Gehalt an Senfölglykosiden haben sie eine leichte Schärfe, was zu dem Regionalnamen “Bauernsenf” geführt hat.
© Amhara zu Agorá
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