Das Schilf

19. Januar 2014
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Heil- und Nutzpflanzen
Das Schilfrohr ist ein weltweit verbreitetes Süßgras, das mit seinen drei Unterarten auch in Europa verbreitet ist. Die kleinste Unterart wird nur etwa 1,20 m hoch, die mächtigste bis 10 Meter. Die Normalform des Schilfrohrs erreicht etwa 4 Meter Höhe.
Anders als der Rohrkolben, der ebenfalls zu den Süßgräsern zählt und durch einen charakteristischen Blüten- und Samenstand auffällt, hat das Schilfrohr eine Blütenrispe. Sie kann bis 50 cm lang werden und wird durch den Wind bestäubt. Blütezeit ist im Hochsommer – Juli bis September.
Die winzigen Früchte werden frühestens im Dezember reif. Sie sind Schirmchenflieger, können aber auch durch Wasser verbreitet werden. Die Samen sind Lichtkeimer und behalten ihre Keimfähigkeit bis zu vier Jahre lang.
Schilf verbreitet sich aber vorwiegend vegetativ über Wurzelausläufer. Diese können bis 20 Meter lang werden. Auch gibt es “Legehalme” die sich bei Bodenkontakt an den Knoten bewurzeln. Ganze Schilfbestände können daher eine einzelne Pflanze sein.

Gemeines Schilfrohr - Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany (Quelle: Wikipedia)

Gemeines Schilfrohr – Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany (Quelle: Wikipedia)

Bei den ältesten lebenden Schilfpflanzen, die man im Donaudelta gefunden hat, geht man von einem sagenhaften Alter von etwa 8.000 Jahren aus.
Schilf kommt häufig und beständig im Uferbereich stehender und langsam fließender Gewässer vor. Rasche Fließgeschwindigkeiten mag es nicht. Als Wassertiefe toleriert es maximal einen Meter. Es besiedelt aber auch Moore und Auwälder.
Die Schlick- und Schlammböden dürfen nicht zu kalt sein. Sie sollten Stickstoff enthalten, können aber recht sauerstoffarm sein.
Schilfbestände können ein flaches stehendes Gewässer komplett überwachsen und durch das dichte Wurzelgeflecht zur Verlandung führen.
Schilf ist in allen Teilen eßbar. Junge Sprossen können als Gemüse dienen, wobei der Geschmack aber gewöhnungsbedürftig sein soll. (Bambus ist auch ein Süßgras.. vielleicht sollte ich einmal Schilfsprossen probieren…) Aus den getrockneten Wurzelstöcken kann man ein Mehl herstellen.
Hauptsächlich aber wird Schilfrohr seit der Jungsteinzeit, als die Menschen seßhaft wurden, als Baustoff genutzt. Reetdächer sind seit Jahrtausenden in weiten Teilen der Welt erprobt, aber auch Schilfrohr-Bündel oder -matten im Lehmbau. Die ältesten Zeugnisse dieser Bautechniken hat man in den Pfahlbauten am Bodensee gefunden, die vor etwa 6.000 Jahren gebaut worden sind. Auch in Asien und Afrika baut man heute noch mit Schilfrohr in Gegenden, wo es vorkommt.
Abgesehen davon, daß Schilf in Gewässernähe leicht und reichlich zur Verfügung steht, hat es noch eigene Qualitäten. Es nimmt keine Feuchtigkeit auf und verrottet daher nur langsam. Eine Holzbedachung mit Schindeln, die mühsam herzustellen waren, war nicht dauerhafter als ein sorgfältig gebautes Reetdach – ungefähr 50 Jahre. Sein Gehalt an Kieselsäure ist ein biologischer Brandschutz. Allerdings brennen Schilfdächer sehr wohl, sodaß die Städte im Mittelalter begannen, Hartdächer vorzuschreiben.
Durch die in den Halmen eingeschlossene Luft ist Schilf ein gutes Dämm-Material. Es hilft, im Haus angenehme Temperaturen zu halten, und hält auch Geräusche ab. Schilfrohrplatten bzw. Schilfrohr-Flechtwerk sind inzwischen im Ökologischen Lehmbau durchaus probat.
Vermutlich taugt Schilf auch zur Energiegewinnung.
Schlußendlich wird Schilf bei Pflanzenkläranlagen gern genommen. Es wirkt durch Sauerstoffeintrag und dadurch befördertes Gedeihen der mitbewohnenden Mikroorganismen gewässerreinigend. Diese sogenannte Wurzelraum-Entsorgung kann das Abwasser so weit reinigen, daß es “am anderen Ende” in guter Qualität in Oberflächengewässer eingeleitet werden kann.

© Amhara zu Agorá

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