Lazarus Hospital – Frühchristliche Anfänge des Lazarus-Ordens

31. März 2013
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Der Orden, dessen Markenzeichen die Sorge um die Leprakranken bzw. Aussätzigen war, steht nach seiner Überlieferung in der Tradition jener frühen christlichen Glaubensgemeinschaften aus dem Orient, deren Zuwendung gegenüber Notleidenden und Kranken schon bereits im dritten und vierten Jahrhundert nach Christus der Nachwelt

Malteserkreuz - Lazarus-Orden

Das grüne Malteserkreuz – das Symbol des Lazarus-Ordens

 vorbildliche Zeugnisse praktischer Nächstenliebe überliefert hat. Die besondere Erkennung der Ordensangehörigen mit Aussätzigen ist mehr als ein Beweis für eine Wurzel des Ordens, die weitaus älter ist, als die, die erst mit den Kreuzzügen in das Heilige Land kamen bzw. dort erst in Folge derselben neu gegründet wurden. Selbst die Muslime, die ab dem 6. Jahrhundert immer tiefer in den Vorderen Orient vorrückten und die griechischen Christen auf wenige Gebiete dort zurückdrängten, waren von dieser vorbildlichen sozialen Versorgung der Bevölkerung beeindruckt, so dass sie den Christen die Betreibung ihrer Wohlfahrtseinrichtungen weiter ungehindert gestatteten.

Basilius der Grosse

Basilius der Große in einer Handschrift des 15. Jh. aus Dionysiou
Quelle: Wikipedia

Nach alten Überlieferungen soll die Gründungsstätte des Lazarusordens ein Lepra-Hospiz außerhalb der Mauern Jerusalems gewesen sein, welches vom Hohepriester Johannes Hircanus (135-105 v. Chr.) gegründet wurde. Die meisten Historiker sehen jedoch das Jahr 369 n. Chr. als einigermaßen fundiertes Gründungsdatum des Ordens an. Danach soll der Heilige Basilius der Große, Erzbischof von Caesarea, durch die Gründung eines Leprahauses in der Nähe von Caesarea die Grundsteine für den späteren Lazarusorden gelegt haben. Seit dem 5. Jahrhundert existierten Lepra-Hospitäler in Akkon und Caesarea, die von armenischen Mönchen nach der Regel des Heiligen Basilius geführt wurden. Das spätere Haupthaus wurde dann im Jahre 530 bei Jerusalem gegründet. Dieses Hospiz diente nicht nur der Aufnahme und Pflege von Leprakranken, sondern widmete sich generell der Wohlfahrt der Pilger im Heiligen Land. Da das Leprosorium sich in der Nähe von Bethanien, dem Ort, an dem Christus Lazarus von den Toten erweckt haben soll, befand, wurde es Lazarus-Hospital genannt. Dieses Hospital soll sich angeblich an eben jener Stätte befunden haben, an der auch das alte, von Johannes Hircanus gegründete Haus stand.

Gerard Tum Gerhard Sasso

Gerhard Sasso (sein Nachname wird auch mit Tum, Tune, Tunc, Tenque, Tonque oder Thom angegeben)
Quelle: Wikipedia

Um 1098 organisierte Gerhard Sasso (* um 1040; † 3. September 1120) den bereits veralteten und verkrusteten Hospitalorden des Heiligen Lazarus und gilt ebenso auch als der Begründer des heutigen Johanniterordens.

Leider war die Gemeinschaft des „Hospitals zu Jerusalem“ nur von kurzer Dauer. Recht bald gestalteten die drei einzelnen Einrichtungen ihre eigenen Aufgaben, aber das Haus des Heiligen Lazarus blieb seiner Aufgaben treu und pflegte weiterhin Aussätzige.

In den folgenden Jahrzehnten wurden die Ritter des Johanniterordens, des Templerordens und des Heilig-Grab-Ordens, die an Lepra oder vergleichbar schweren Krankheiten litten, dem Lazarus-Hospital unterstellt. Da die Krankheit in den meisten Fällen nur sehr langsam fortschritt und das Hospital sowohl gegen die Ungläubigen als auch gegen maraudierende Plünderer geschützt werden mußte, wandelte sich die Gemeinschaft der Ordensritter, die Lazarener, Lazariten oder auch Lazaristen genannt wurden (von dieser Bezeichnung leitet sich auch der Begriff Lazarett ab), vom reinen Pflegedienst zum Ritterorden mit militärischen Aufgaben.

Balduin IV

Links: Balduin IV. verletzt sich beim Spiel mit seinen Freunden. Rechts: Wilhelm von Tyrus entdeckt erste Anzeichen der Lepra an seinem Schützling. Miniatur aus einer französischen Ausgabe der Historia rerum in partibus transmarinis gestarum des Wilhelm von Tyrus, 13. Jahrhundert. (London, British Library)
Quelle: Wikipedia

Deswegen legen andere Quellen das Gründungsdatum des “Militärischen und Hospitalischen Ordens des Heiligen Lazarus von Jerusalem” in das frühe 12. Jahrhundert.

Sicher scheint, daß die Mönche des Lazarus-Ordens nach der Eroberung Jerusalems die Augustiner-Regel annahmen und sich unter die Protektion des römischen Papstes stellten.

Sowohl in der Regel der Johanniter als auch der Tempelritter wurde festgelegt, daß Mitbrüder, die an Lepra erkrankten, den Orden verlassen und in den Lazarus-Orden eintreten sollten. Der Großmeister des Lazarus-Ordens mußte zumindest in den ersten beiden Jahrhunderten der Ordensgeschichte immer selbst ein Lepröser sein, und nach einigen Autoren sollen sich die meisten Großmeister und sonstigen Ordensgrößen aus den Reihen der Johanniter rekrutiert haben. In Ausnahmefällen wurden auch nicht an Lepra erkrankte Brüder in den Orden aufgenommen. Ähnlich wie im Johanniter-Orden gab es bei den Lazarenern Ordensbrüder, die Ritter waren, und Laien-Brüder, die als Sergeanten bezeichnet und aus der Schar der Lepra-Patienten rekrutiert wurden.

Krönung von Fulko und Melisende von Jerusalem

Krönung von Fulko und Melisende von Jerusalem
Quelle: Wikipedia

Der Lazarener-Orden wurde von den christlichen Königen des Jerusalemer Königreiches sehr geschätzt und unterstützt, insbesondere von König Balduin IV, der selbst an Lepra erkrankt war. Im Jahre 1143 nannte der neue Orden unter dem Patronat Königin Melisendes eine eigene Kirche und ein eigenes Ordenshaus bei Bethanien sein eigen. In der Zeit um 1155 gab

es bereits neue Ordenshäuser in Tiberias und Askalon, nach einigen Quellen auch in Beirut.

Saladin

Saladin in einer ritterlichen Darstellung aus einer mitteleuropäischen Handschrift des 15. Jahrhunderts
Quelle: Wikipedia

Nach dem Fall von Jerusalem im Jahre 1187 war Saladin so beeindruckt von der Arbeit des Ordens, daß er das Lazarus-Hospital unter seinen persönlichen Schutz nahm und den Armen der Stadt erlaubte, Jerusalem durch das Lazarus-Tor zu verlassen und im Hospital Zuflucht zu suchen. Während des Waffenstillstandes zwischen Saladin und den Kreuzfahrern errichtete der Orden im Jahre 1191 seinen neuen Hauptsitz in Akkon, wo ein befestigtes Hospital und eine Ordenskirche erbaut (bzw. übernommen, s. o.) wurden. Außerdem übernahmen die Lazarener den Lazarus-Turm und die Lazarus-Kirche bei Caesarea.

Im Jahre 1255 erkannte Papst Alexander IV. den Orden unter der Augustiner-Regel an. Urban IV. sicherte den Lazarenern 1262 die selben Privilegien wie den anderen Ritterorden zu. Seit 1265 bestand dann sogar eine kuriale Anordnung Papst Clemens IV., wonach alle Leprakranken der Aufsicht des Lazarus-Ordens unterstellt wurden. Als im Jahre 1291 Akkon an die Moslems fiel, mußte der Lazarener-Orden das Heilige Land verlassen.

Schon bevor der Orden das Heilige Land verlassen mußte, hatten einige Brüder sich in Europa niedergelassen. Sie gründeten Hospitäler und Ordenshäuser in ganz Europa. Die berühmtesten waren die Häuser in Boigny, Schlatt, Seedorf, Gfenn und Capua.

Alexander IV

Papst Alexander IV., ursprünglich Rainald Graf von Segni
Quelle: Wikipedia

Jedes einzelne Ordenshaus war autonom und wurde zum größten Teil von den leprakranken Insassen getragen, die bei Eintritt in den Konvent ihre weltlichen Güter dem Ordenshaus vermachten.

Nach dem Fall von Akkon 1291 verloren die Lazarusritter in Europa immer mehr ihre entsprechende Bedeutung, um 1308 musste sich der Grossmeister Thomas de Sainville dem französischem König unterwerfen und somit stand das Haus Boigny unter dessen Protektion; die übrigen Ordenshäuser verloren ebenfalls immer mehr an militärischer Bedeutung.

Im 14. Jahrhundert gelang es – vor allem auch durch die Arbeit des Lazarus-Ordens in den Leprosorien – die Verbreitung der Lepra in Europa zurückzudrängen. Dadurch wurde der Lazarus-Orden immer mehr zu einer rein militärischen Organisation innerhalb des Hauses Boigny. Im Jahre 1556 wurde der Lazarusorden in den Johanniter-Orden eingegliedert und im Jahre 1557 endgültig aufgelöst.

Quelle: Ralf Koch – Der Lazarusorden – Geschichte, Leben und Wirken – von seinen Anfängen bis zum Jahre 1557 PDF-Ausgabe 26. Oktober 2011

Heribert von Werden

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