Der Ratsherr in der Pitzlinger Teufelskuchen

10. März 2013
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Sagen, Geschichten und Märchen

In Landsberg am Lech gibt und gab es immer schon etliche Wirtsstuben.

Es sind dort kleinere, in denen die einfachen Leut einkehren und dort ihre Halbe trinken, oder wohl auch hie und da einen Teller von der Tagesspeis essen, und es gibt größere Gaststuben in reichen Brauhäusern, in denen den ganzen Tag ein Kommen und Gehen ist unter den Vornehmen der Stadt, und die Gäule mit den Bierwägen in den Hof hinein und wieder heraus fahren, grad einer hinter dem anderen.

Bei so einem reichen Bräu diente einst ein schönes Mädchen. Zart war sie von Gestalt und weiß und rein ihre Haut, wie Milch. Die Haare waren licht wie die Sonne und ganz golden die kleinen Locken, die sich nah am Halse unter dem langen, aufgerollten und festgesteckten Zopf ringelten. Die Lippen waren wie Rosenblätter gleich nach dem Aufbrechen der Blüte und ihre Augen blickten klar und blau wie der Bußtags-Himmel. Der Sinn und das Wesen des Mädchens allerdings waren nicht so licht und rein, wie ihre Erscheinung es hätte vermuten lassen. Und so schlug sie nicht fromm die Augen nieder, wenn ein Mann sie ansprach, sondern blickte keck ihm direkt in die Augen und hatte eine schnelle und gar lustige Zunge im schönen Mund. Das gefiel vielen Männern, die in dem Wirtshaus ein- und ausgingen. Am meisten aber vergaffte sich der reiche Bräu, der auch Ratsherr im Rat der Stadt war, selber in das Mädchen. Er nannte sie “sein Fräulein Zizibeh” vor allen Leuten und scherzte und lachte mit der Dirn, ohne sich ein weniges nur um sein Weib oder sein Ansehen zu scheren. Und das war öffentlich; was aber im Geheimen zwischen den Zweien war, darüber wurde nur hinter der vorgehaltenen Hand von den Leuten geredet..

Das Weib des Ratsherren freilich war nicht sanft und fromm, sie wollte auch nicht stumm leiden über den Narrheiten ihres Mannes. Wie ein feuriger Drache war sie im Haus des Bräus. Die machte bald ein Ende mit der Jungfer Zizibeh und jagte die Dirn mit Schimpf und Schande aus dem Haus.

Nun war diese aber daheim in Pitzling und das ist nit weit weg von Landsberg. Einer geht nur durch die Teufelskuchen und weiter geradeaus durch das Pössinger Holz und schon sieht er den Kirchturm von Pitzling.

Und also pflegten sie ihr Stelldichein im Pössinger Holz des Heimgartens (=Feierabend, Anm. Hojeweible) öfter und mehr, denn gut.

Eines Abends konnte sich der Ratsherr wieder kaum trennen von seiner jungen Friudiea (= Geliebte im MA, Anm. Hojeweible). Immer wieder ließ er sich von den schlanken weißen Armen zurückhalten. Weil es aber schon herbstelte, ließ ihn endlich doch ein kalter Windstoß ,der aus dem Haberhalm blies, daran denken, sich noch vor Einbruch der Nacht auf den Heimweg zu machen, weil er ja auch durch die übel verrufene Teufelskuchen gehen musste und man solchen Weg gewisslich besser bei Tageslicht macht. Schnell hat er der Dirn also Lebewohl gesagt und beeilte sich, nach Haus zu kommen. Wie er aber eilenden Schritts unter der Lichten über den Steg der Kuchen hastet, gleitet sein Fuß auf dem herbstnassen Holz des Steges aus, die rudernden Hände greifen die leere Luft und finden keinen Halt, die Angst kommt über ihn wie ein heißer Guss und mit einem gähen Schrei stürzt der Ratsherr hinab in die Untiefen; und wie derjenige, der mit dem Teufen spielt, bald sein wird mit Haut und Haar, so kam auch der Ratsherr nimmer lebend herauf, starb elend und einsam da unten in der Schlucht.

Weil er aber an diesem verrufenen Ort sein Leben hat lassen müssen und um des Verbrechens des Ehebruchs willen, das dem Tod durch das Schwert fällig ist, muss er da nun umgehen, mit abgehauenem Kopf, wo er gesündigt, bis dass er erlöst wird, Gott weiß allein, wann und wie.

wieder ein bisschen zurechtgemacht und gebürstelt vom

Hojeweible

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