Das genaue Geburtsjahr dieses wohl schillernsten Mannes des 10. Jahrhunderts ist nicht bekannt. Noch unter der Vormundschaft der Mutter stehend erbt er 915 die Güter und Abteien des Vaters, der Graf im Maasgau war. Zu der Zeit verstanden sich die Fürsten Lothringens besser mit Karl III. dem Einfältigen, König des Westfrankenreiches, als mit Konrad I., König des Ostfrankenreiches. Doch als Karl ihm 919 die Abtei St. Servatius zu Maastricht nimmt und dem Erzbischof von Trier überträgt, macht er sich Giselbert zum Feind. Wegen ihrer strategischen Lage ist die Abtei wichtig – zu der Zeit fallen ständig die Normannen plündernd in die westlichen Lande ein. Mehrfach hat Giselbert normannische Angriffe zurück geschlagen. Im Jahre 920 fällt die Mehrzahl der Lothringer von Karl ab und wählt Giselbert zum “princeps”.
Dieser orientiert sich nunmehr nach Osten – der neue König im Ostfrankenreich, Heinrich I. der Vogler, agiert diplomatisch geschickter als Karl III. im Westen. Im Jahre 925 unterstellt Heinrich das ehemalige Lotharingien (bzw. große Teile davon) dem Heiligen Römischen Reich und erhebt Giselbert zum Herzog. Etwa 928/29 bindet Heinrich den wichtigen Verbündeten durch Heirat an sein Haus, indem er ihm seine ältere Tochter Gerberga zur Frau gibt. Gerberga bringt die reiche Grundherrschaft Brüssel mit in die Ehe.
Das ehemalige Lotharingien reichte ursprünglich von der Rheinmündung im Norden bis nach Rom.
Zur Zeit Giselberts hatte sich bereits ein selbständiges Königreich in Burgund entwickelt, aber auch so war Lothringen noch beeindruckend genug, wie man sieht:
im Bereich des Rheindeltas mit Maas und Schelde reichte Lothringen sogar noch darüber hinaus nördlich nach Friesland, griff im Kölner Raum über den Rhein hinaus nach Osten, folgte dann bis Rüdesheim wieder dem Rhein und umfaßte im Süden das heutige Saarland, Luxemburg, Elsaß und Wallonien.
Aus der Ehe mit Gerberga hat Giselbert drei oder vier Kinder: Heinrich, (Hadwig ?,) Alberada und Gerberga.
Als Otto I. 936 in Aachen zum König gekrönt wird, hat Giselbert das wichtige Ehrenamt des Kämmerers inne. Allerdings führt Otto I. wohl ein strengeres Regiment als sein Vater Heinrich. Das veranlaßt Giselbert, für den jüngeren Schwager Heinrich (später Herzog von Bayern) Partei zu ergreifen und sich zusammen mit dem Herzog von Franken, Eberhard, gegen Otto zu verbünden. Zwischen den Brüdern Otto und Heinrich herrscht offene Konkurrenz. Der Vater hatte in seiner Hausordnung Otto zum alleinigen Nachfolger bestimmt, aber erst Heinrich war “unter dem Purpur (des gesalbten Königs) geboren”. Für die symbolgeladene Vorstellung der mittelalterlichen Menschen bedeutete dies, daß der jüngere Sohn eine höhere Würde hatte als der ältere…
In der Zeit der Normanneneinfalle von See und der Ungarneinfälle aus der zentraleuropäischen Tiefebene hatten die Stammesherzogtümer eine große Unabhängigkeit und Macht gewonnen. Diese suchten sie durch Taktieren und Paktieren zu festigen. Nichts schien günstiger, als Machtkämpfe innerhalb der königlichen Familie (Otto/ Heinrich) in diesem Sinne auszunutzen oder auch die Händel der Könige (Otto/ Ludwig) für sich zu instrumentalisieren.
In der Schlacht bei Andernach am 02. Oktober 939 siegt Otto gegen die Revoltierenden; Herzog Eberhard fällt, König Ludwig IV. von Frankreich kann nicht mehr in die Schlacht eingereifen und Giselbert ertrinkt auf der Flucht im Rhein. Er soll von Fischern heimlich beerdigt worden sein, die ihn vorher seiner reichen Waffen beraubt haben dürften. Sein Grab ist daher nicht bekannt.
© Amhara zu Agorá
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