Ursprünglich siedelten die Bulgaren rund um das Asowsche Meer, nachdem sie mit den Hunnen aus der zentralasiatischen Steppe nach Europa vorgedrungen waren. Dieses Gebiet wird von den griechischen Geschichtsschreibern “Groß Bulgarien” genannt. Kubrat Khan war der letzte Fürst des Großbulgarischen Reiches, das sich nach seinem Tode auflöste. Die Chasaren drängten in diesen Raum. Seine fünf Söhne führten einzelne Stammesverbände von dort “in alle Winde”.
Kotrag Khan zog nach Norden an die mittlere Wolga und gründete dort das Reich der sogenannten Weißen Bulgaren. Sie nahmen um 922 den Islam an. Als bedeutende Handelsmacht – und militärisch nicht zu unterschätzen – vermittelten sie zwischen der Kiewer Rus und den islamischen Ländern im Süden.
Kuwer Khan und sein Bruder Alzek Khan zogen gemeinsam bis Ungarn, wo sie sich trennten. Alzek wanderte mit seinen Stämmen weiter bis Italien ins Benevent. Hier bekam er vom Langobardenherzog die Region Molise zugesprochen. Auf diese Einwanderer geht der Name “Bulgari” in Italien zurück.
Kuwer Khan zog von Ungarn Richtung Balkan in den Bereich des heutigen Mazedonien. Daher halten viele Bulgaren die modernen Mazedonier ‘eigentlich’ für Westbulgaren.
Asparuch Khan gründete 678 das Erste Bulgarische Reich in der ursprünglich byzantinischen Dobrudscha. Nach heftigen Kriegen über mehrere Jahre bezwangen die Bulgaren im sumpfigen Donaudelta sowohl Flotte wie Heer des byzantinischen Kaisers Konstantin IV. Pogonatos. Ein Friedensvertrag regelte die Staatsgrenzen, ein Flottenmoratorium – und Tributleistungen, die Byzanz zu erbringen hatte! Das Erste Bulgarische Reich war neben dem Frankenreich und dem Byzantinischen Reich zum dritten anerkannten Staat in Europa geworden. Die Ruinen der alten Hauptstadt Pliska liegen unweit von Varna. Asparuch Khan fiel 700/ 701 im Kampf gegen die Chasaren.
Sein erstgeborener Sohn Terwel wurde der Nachfolger. Im Jahre 705 floh der abgesetzte und verbannte Kaiser Justinian II. in den Schutz Terwels. Beide schlossen einen Vertrag und Justinian gelang es, mit Hilfe einer 15000 Mann starken bulgarischen Armee seinen Thron zurückzuerobern. Dafür hatte er dem Khan reiche Belohnung und eine seiner Töchter zur Frau versprochen. Ob es zu dieser Eheschließung kam, ist allerdings nicht überliefert. Immerhin verlieh er Terwel zum Dank den Titel ‘Caesar’, der eigentlich dem Thronfolger vorbehalten war und machte den bulgarischen Fürsten zum zweiten Mann im Staate. Dies und die Rechte an Ländereien, die Justinian seinem Verbündeten einräumte, löste alles andere als Begeisterung bei den Byzantinern aus. Sobald Justinian sich auf seinem Thron sicher fühlte, begann er folglich einen Krieg gegen die Bulgaren, den er 708 verlor. Nach der Ermordung Justinians 711 versuchte Terwel weiter in der oströmischen Politik mitzumischen. Dies geschah immer unter dem Vorwand, seinen ehemaligen Verbündeten rächen zu müssen. Endlich 716 kam es zu einem neuen Friedensvertrag zwischen ihm und Kaiser Theodosios III.
Schon länger drohte Unheil aus dem Süden: die Araber rüsteten zum Krieg. Im Jahr 717 überschritten sie die Dardanellen und umzingelten mit einer 180000 Mann starken Armee die oströmische Hauptstadt, ihre Flotte soll nach arabischen Quellen 2500 Schiffe stark gewesen sein. Mit Hilfe des griechischen Feuers, eine seit dem 7. Jahrhundert bekannte Brandwaffe, konnten die Verteidiger dem ersten Ansturm widerstehen. Als Brandmittel dienten Baumharz, Schwefel, gebrannter Kalk und Salpeter. Im Jahre 718 schickte Terwel Khan seine Armee Kaiser Leo III. zu Hilfe.
Winterkälte, Hunger und Epidemien hatten die Belagerer bereits schwer mitgenommen und der bulgarische Angriff forderte Zehntausende Tote. Die Seeblockade wurde am 15.08.718 aufgegeben. Arabische Chronisten beziffern die Verluste auf arabischer Seite auf 500000 Mann. Die Ausbreitung des Islam nach Norden war für die nächsten 600 Jahre aufgehalten. Diese Schlacht unter den Zinnen Konstantinopels war genau so bedeutend wie die Schlacht von Tours und Poitiers im Jahre 732 unter Karl Martell.
Terwel Khan starb etwa 721; es ist nicht überliefert, ob sein Nachfolger auch ein Sohn oder “nur” ein Familienangehöriger war.
© Amhara zu Agorá
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