Hafer ist ein einjähriges Gras aus der Familie der Süßgräser und gehört zum Getreide. Er wird 0,6 – 1,5 m hoch und blüht mit einer charakteristischen Rispe. Naturgemäß reifen die sich aus der Blüte entwickelnden Körner ebenfalls in einer lockeren Rispe. Wie die Gerste ist der Hafer ein Selbstbestäuber. Die Haferkörner sind mit der Spelze fest verwachsen; sie bleibt auch nach dem Dreschen am Korn haften.
Zunächst scheint Hafer als Beigras auf Gersten- oder Weizenfeldern gewachsen zu sein. Er ist also eine sekundäre Kulturpflanze. Die ältesten Funde von feldmäßig angebautem Hafer hat man in Polen und an der nördlichen Schwarzmeerküste gemacht. Sie datieren von 5.000 v.Chr. Bis nach Mitteleuropa hat die Wanderung des Hafers noch ein paar Jahrtausende gebraucht. Die ältesten Funde stammen aus bronzezeitlichen Pfahlbausiedlungen in der Schweiz (etwa 2.400 v. Chr.)
Bis in das Mittelalter hinein war der Haferanbau in Deutschland auf das Gebiet nördlich des Mains beschränkt. Die Germanen schätzten den Hafer so sehr, dass die Römer sie verächtlich “Haferfresser” nannten. Wie wichtig Hafer im deutschsprachigen Raum war, wird daran deutlich, daß er in Familiennamen auftaucht, z.B. Haferkamp. Ab dem Hochmittelalter ist Hafer in Mittelgebirgslagen eine bedeutende Feldfrucht. Erst durch den Kartoffelanbau (im 18. Jahrhundert!!) wurde er verdrängt. Noch 1939 stand Hafer an dritter Stelle nach Weizen und Mais in der Rangliste der weltweit bedeutenden Getreidearten – vor dem Reis! In Deutschland war Hafer nach dem Roggen die wichtigste Getreideart. Heute hat er nur noch untergeordnete Bedeutung.
Hafer kommt mit Staunässe, Trockenheit und mageren Böden besser zurecht als Gerste und selbstverständlich erheblich besser als Weizen. Er bevorzugt ein gemäßigtes Klima mit hohen Niederschlägen. Angebaut wird Hafer als Sommergetreide, er wird im Frühjahr ausgesät. Die Ernte beginnt Mitte August. Hafer gilt als “Gesundungsfrucht”, da sich in ihm viele Getreideschädlinge nicht vermehren. Sind Weizen oder Gerste “krank”, kommt als nächste Aussaat Hafer aufs Feld – das hungert die Schädlinge aus. Die Ernteerträge stagnieren bei etwa 50 dt/ha, weil dieses Getreide kaum weitergezüchtet wird.
Verwendet wird Hafer als Futter (Pferde, Rinder, Geflügel), als Flocken, Müsli, in Salaten und Gebäck und als Brei sowie (in Auszügen) für Medikamente und chemische Erzeugnisse. Ernährungsphysiologisch ist Hafer die hochwertigste Getreideart, die in Mitteleuropa angebaut wird. Haferflocken enthalten ca. 70% Kohlehydrate, ca. 15 % Eiweiß, reichlich ungesättigte Fettsäuren, lösliche Ballaststoffe, Vitamin B1, B6 und E sowie Zink, Eisen und Calcium. Der hohe Eisengehalt ist vergleichbar mit vielen Fleischsorten. Da die Körner in einem speziellen Verfahren entspelzt, aber nicht geschält werden, bleiben die Vitamine erhalten. Viele Allergiker vertragen Hafer sehr gut, da er ein anderes Klebereiweiß enthält als Weizen und seine Verwandten. Daher sind Haferzubereitungen als Schon- und Diätkost bei Magen-Darm-Leiden, bei Gallen- und Nierenerkrankungen, bei Rheuma und Kreislaufbeschwerden sehr geeignet. Hafer hilft, den Cholesterinspiegel zu senken.
Hafermilch ist ein Milchersatz, der im Aussehen der Kuhmilch ähnelt. Sie enthält aber erheblich weniger Eiweiß als diese – natürlich auch keine Laktose.
In einigen Regionen wird aus Hafer Whiskey hergestellt – Haferbier könnte man auch daraus brauen.
Aus den Haferspelzen gewinnt man Furfural, einen Grundstoff für die chemische Industrie, z.B. für die Kunstharzherstellung. Seit 1976 setzt man Furfural dem Heizöl zu, um es farblich vom Dieselkraftstoff zu unterscheiden.
© Amhara zu Agorá
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