Er wird als jüngster Sohn Swajtoslaws I. von Kiew etwa 960 als Sohn einer Konkubine geboren. Dennoch tritt er nach dem Tode des Vaters im Jahre 972 mit den beiden ehelichen Halbbrüdern gleichberechtigt das Erbe an. Denn nach dem nordischen Rechtsbrauch bestimmt der Rang des Vaters den sozialen Status der Kinder. Nach der Ermordung des etwa gleichaltrigen Halbbruders Oleg durch den ältesten Bruder Jaropolk 977 flieht Wladimir zu Verwandten nach Schweden. Dort hebt er ein warägisches Söldnerheer aus und kehrt zurück: 979 oder 980 erobert er zunächst Nowgorod, eines der beiden Machtzentren der Kiewer Rus. Von dort wendet er sich nach Polozk, das er ebenfalls erobert. Die nordischen Sagen beschreiben die Stadt als die bestbefestigte Stadt der Rus, von drei Seiten durch Wasser geschützt. Den dortigen skandinavischen Herrscher Rogvolod (altnordisch: Ragnvald) ermordet er samt Frau und Söhnen, nachdem er die Tochter Rogneda (altnordisch: Ragnhild) vergewaltigt hat – die heiratet er dann. Die Legenden berichten auch einen persönlichen Grund Wladimirs, nach Polozk zu ziehen: Er habe wie Jaropolk um die Hand der Fürstentochter angehalten, aber diese habe ihn abgelehnt, angeblich, weil er Sohn einer Sklavin sei.
Aus dieser Ehe gehen vier Söhne und zwei Töchter hervor.
Von Polozk wendet Wladimir sich nach Kiew, das sich kampflos ergibt, während Großfürst Jaropolk I. flieht. Als dieser einer Einladung zu Verhandlungen folgt, wird am 11.06.980 auch er ermordet. Wladimir ist Alleinherrscher der Rus. Seine schwangere griechische Schwägerin nimmt er als Konkubine und zieht den Sohn Jaropolks (Swjatopolk I. Wladimirowitsch) als Stiefsohn auf. Die Grenzen seines Herrschaftsgebietes muß er im Anschluß an seinen Sieg verteidigen: bereits 981 müssen im Westen gegen die polnischen Ljachen die Handelswege gesichert werden und nach Nordosten die schon einmal vom Vater unterworfenen Wjatitschen wieder bezwungen. 984 unterwirft er die nördlich von Kiew siedelnden Radimitschen, bleibt aber gegen die Wolgabulgaren verhältnismäßig erfolglos. Schließlich reicht sein Herrschaftsgebiet vom Dnjepr bis zum Ladogasee und bis an die Düna.
987/988 wendet der byzantinische Kaiser Basileios II. sich an Wladimir um Hilfe. Kämpfe mit den Bulgaren und ein Aufstand in Kleinasien haben ihn in ärgste Bedrängnis gebracht. Als Dank verspricht er dem Großfürsten die Kaisertochter und -schwester Anna zur Frau (um die schon Otto der Große für seinen Sohn geworben, die er aber nicht bekommen hatte). Wladimir schickt dem Kaiser daraufhin eine Armee von 6000 warägischen Söldnern, die dieser in seinen Dienst nimmt – aus ihnen entsteht die Warägergarde. Allerdings läßt Basileios II. sich unziemlich lange Zeit mit der Einlösung seines Versprechens. Anna will nämlich gar nicht (“Lieber sterbe ich!”). Daraufhin greift Wladimir das byzantinische Cherson auf der Krim an, die wichtigste byzantinische Kolonie am Nordufer des Schwarzen Meeres, und nimmt es ein. Daraufhin lenkt der Kaiser ein, stellt allerdings noch eine letzte Bedingung: der Großfürst müsse sich taufen lassen. Dazu ist Wladimir gern bereit. Er läßt sich in Cherson taufen und bekommt den Taufnamen Wassili. Mit der familiären Verbindung zu Byzanz ist er nunmehr eine Persönlichkeit von europäischem Rang und diplomatischer Bedeutung.
Anläßlich der Eheschließung mit Anna von Byzanz 988 gibt es am 28.07. eine Massentaufe im Dnjepr. Dieses Datum wird seit 2010 als Tag der Taufe Rußlands gefeiert. Obwohl es kaum Widerstand gegen die verordnete Bekehrung gegeben hat, soll Wladimir als Alternative angeboten haben: “Entweder ihr werdet im Dnjepr getauft – oder ertränkt!” In Vorbereitung der familiären Veränderungen muß Wladimir einige Ehefrauen entlassen. Bis zu seiner Taufe soll er als “Wüstling” mit sieben Hauptfrauen und 800 Konkubinen gelebt haben. Rogneda wird nach Polozk entlassen, das ihr als Erbe ja auch zusteht. Wenige Jahre später tritt sie unter dem Taufnamen Anastasia in ein dortiges Kloster ein. Der gemeinsame Sohn Isjaslaw begründet eine Fürstenlinie in Polozk, die bis ins 13. Jahrhundert herrschen wird.
Nach der Massentaufe im Dnjepr beginnt schnell der Ausbau eines Netzes von Kirchen und Klöstern in der Kiewer Rus. Er trägt erheblich zur Festigung des Reiches bei.
In neuen Burgstädten entlang der Nebenflüsse des Dnjepr siedelt Wladimir unter anderen auch Slowenen, Wjatitschen und Tschuden an, die die Angriffe der Petschenegen abwehren sollen. Mit der Verwaltung betraut er seine zwölf Söhne. Die Trennung von den Hauptfrauen und Konkubinen hat nämlich nicht automatisch die Enterbung der Nachkommen zur Folge. Die faktische Teilung der Macht allerdings bedeutet gleichzeitig eine Schwächung, da die Söhne mit zunehmendem Alter auf Unabhängigkeit vom Vater pochen. Als 1014 der designierte Nachfolger Jaroslaw sich weigert, den Nowgoroder Tribut an den Vater zu zahlen, droht Krieg. Doch zu einem Feldzug kommt es nicht mehr: Wladimir I., Großfürst von Kiew, stirbt am 15.07.1015 in Berestowo nahe bei Kiew.
Bereits im 11. Jahrhundert verehrt man den Fürsten als Heiligen. Diese Zuschreibung ist weniger in seinem Lebenswandel als in seiner kirchenpolitischen Bedeutung begründet.
© Amhara zu Agorá
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