“Kirschen rot – Spargel tot” lautet eine Bauernregel. Am heutigen Johannistag endet die Spargelsaison. Die Sprosse werden nicht mehr gestochen und dürfen zur Pflanze ausreifen. Den Spargel hatten wir schon in dieser Rubrik. Die ersten frühen Kirschen sind auch bei uns bereits reif – aber die Kirschensaison dauert zum Glück noch eine Weile. Wenden wir uns also einer anderen Pflanze zu, die vom heutigen Tage ihren Namen hat: dem Echten Johanniskraut, auch Tüpfel-Hartheu genannt.
Das ausdauernde Kraut zieht im Winter komplett ein. Seine Wurzel ist stark verästelt und wird bis 50 cm lang, das Kraut selbst wird 15-100 cm hoch und ist am oberen Ende buschig verzweigt. Die ovalen bis länglichen Blätter sitzen ohne Stiel am Stengel an; sie werden bis 3 cm lang und sind dicht mit durchsichtigen Öldrüsen besetzt. Die namengebenden “Tüpfel” sind Behälter für das helle ätherische Öl der Pflanze. Johanniskraut blüht gelb. Es blüht in der Mittsommerzeit und hat seinen Namen vom Johannistag. In den Blüten und Knospen ist das blutrote Hypericin enthalten. Allerdings wirkt die Blüte schütter und verlockt nicht dazu, für bunte Wiesensträuße gepflückt zu werden. Eine Gartenform bildet sehr ansehnliche Fruchtstände aus, die vom Floristen ab und an in kunstvolle Gebinde eingefügt werden.
Echtes Johanniskraut ist in Europa, Westasien und Nordafrika heimisch, anderswo wurde es eingebürgert. Es geht bis in mittlere Höhenlagen und ist eine Pionierpflanze auf warmen, “ärmeren” Standorten. Dort tritt es in Gruppen auf, allerdings bildet es selten größere Bestände. Es mag mäßig warme bis warme Standorte, die trocken bis mäßig feucht und stickstoffarm sein sollten. Daher findet man es öfter auf begrünten Brachen, Bauerwartungsland, auch in den Kurven und “Ohren” von Autobahn-Zubringern. Die Bestäubung übernehmen Hummeln, Bienen und Schwebfliegen.
Johanniskraut ist eine Heilpflanze und leicht giftig. Das in den Blüten enthaltene Hypericin führt bei weißen Weidetieren (Pferden, Ziegen, Schafen etc.) unter Sonnenlicht zu Haemolyse-Erscheinungen. Dabei zerfallen die Roten Blutkörperchen zu rasch ,und die betroffenen Tiere, die davon gefressen haben, leiden an einer Gelbsucht.
Als Arzneipflanze wird es feldmäßig angebaut, ansonsten gilt es als “Unkraut” – wenig nachdenkliche Bezeichnung profitorientierter sogenannter “Landwirte”. Johanniskraut ist ein Cadmiumsammler, und Cadmium ist giftig. Darauf muss bei der Auswahl der Böden für den feldmäßigen Anbau zu Arzneizwecken geachtet werden.
Der Wirkstoff Hypericin ist vor allem in Blüten und Knospen enthalten. Für die Wirksamkeit sind zusätzlich noch Flavonoide wichtig. Das nur in Johanniskraut vorkommende Hyperforin ist antibiotisch wirksam.
Johanniskraut hilft bei leichten bis mittelstarken Depressiven Verstimmungen und nervöser Unruhe genau so gut wie chemische Präparate. Es dauert jedoch – genau wie bei den allopathischen Medikamenten – einige Wochen, bis man eine Wirkung verspürt. Auch zur Behandlung von alkoholkranken Menschen wird es neuerdings eingesetzt. Bei hellhäutigen Menschen (sog. “keltischer Hauttyp”) wirkt Johanniskraut allerdings phototoxisch, d.h. die Sonnenbrand-Neigung ist erheblich verstärkt. Daher sind Johanniskraut-Präparate verschreibungspflichtig.
Früher wurde es auch als Mittel für Abtreibungen genutzt – also Vorsicht in Schwangerschaft und Stillzeit!
Das durch Mazeration aus den Blüten und Knospen gewonnene Rotöl dient als Einreibemittel bei Ischialgie, Gicht und Rheuma, bei Verrenkungen und Verstauchungen, Blutergüssen und Gürtelrose sowie zur Beförderung der Wundheilung.
© Amhara zu Agorá
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