Ehrbare Gesellen in der Weinstube “Zur Herberge”

22. April 2012
Von
Walz 1

Kundschaft für einen Tischlergesellen, ausgestellt in Bremen 1818 (Quelle: Wikipedia)

… Wie wir da so gemütlich sitzen in der ältesten Weinstube Neustadts (an der Weinstraße), wo 1793 ein Ersatzbalken in die Gaststuben-Decke eingezogen worden ist und seit Jahrhunderten “Zur Herberge” geheißen, lugt auf einmal ein schwarz behüteter Mann zur Tür herein. Seine Kluft läßt ihn auf den ersten Blick als “ehrbaren Wandergesellen” erkennen. Ein suchender Blick, dann hat er die Wirtin entdeckt, der er nur kurz Bescheid gibt – dann verschwindet er wieder. Das kleine Intermezzo erinnert uns daran, daß in der Innenstadt ein fachkundig renoviertes Häuschen steht, von Wandergesellen aus ruinösem Todesschlaf zurückgeholt – dafür dürfen alle “Fremden” während ihres Aufenthaltes in Neustadt hier kostenfrei unterkommen und anfallende Bauaufgaben bei Gelegenheit gleich mit erledigen.

Und in der Weinstube “Zur Herberge” bekommen sie offenbar eine Antrittsverköstigung. Es dauert nicht lange, da ist der Gastraum “geruddelt voll” mit Wandergesellen “auf Tippelei”, die zielstrebig zum Tresen gehen und ein Getränk in Empfang nehmen – Steinmetze und Maurer in grau, Zimmerleute in schwarz, mitten drin zwei in zivil, auch noch ohne Hut – ein bunter Haufen. Anschließend sitzen sie im Innenhof der Wirtschaft und betreiben munteren Erfahrungsaustausch.

Eine Weile später erscheint noch ein ortsansässiger (einheimischer) fremder Geselle. Er ist auch den Gästen bekannt. Vielleicht findet hier in der Herberge ja der regelmäßig angesetzte Gesellenabend statt – schön wär’ es ja! Jedenfalls wandert vom Stammtisch eine kleine finanzielle Unterstützung für die “ehrbaren fremden Gesellen” in seine Tasche, unprätentiös und selbstverständlich…

Walz 2

Wanderbuch des Kürschnergesellen Albert Strauß, 1816 (Quelle: Wikipedia)

 

© Amhara zu Agorá

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