Giersch

22. April 2012
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Heil- und Nutzpflanzen

Das Frühjahr war im Mittelalter eine magere Zeit: Obst, Gemüse und Getreide waren langsam aufgegessen, aber noch nichts wieder nachgewachsen. Bis auf die Wildkräuter! Die hat man also seit der Steinzeit in der Phase langsam abnehmender Vorräte für die menschliche Ernährung genutzt. Der Giersch gehört dazu.
Von den vielen Namen, die er volkstümlich trägt, erwähne ich hier “Geißfuß” und “Zipperleinskraut”. Auch in seinem lateinisch-griechischen Artnamen ist die Ziege enthalten, der Fuß – und das Leiden, das man dort haben kann: die Gicht, auch Podagra genannt. Giersch ist also nicht nur Frühlingsgemüse, sondern auch Heilpflanze. Das freilich ist gründlich in Vergessenheit geraten.
Denn Giersch ist ein besonders wüchsiges “Un-Kraut”, das manchen Gärtner zur Verzweiflung bringen kann. Er gehört in die Familie der Doldenblütler wie Möhre, Liebstöckel oder Kümmel. Das ausdauernde Kraut vermehrt sich nämlich nicht nur über die kümmelähnlichen Samen, sondern noch viel besser über seine stark wuchernden Wurzelausläufer. Auch aus kleinen Bruchstücken der Wurzel können sich neue Pflanzen entwickeln. So bildet sich ein dichter grüner Teppich von bis zu 30 cm hohen Blättern, die von bis zu 100 cm hohen Blütenständen überragt werden.

Giersch

Giersch (Aegopodium podagraria) (Tafel aus -Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz- von Otto Wilhelm Thomé von 1885) – Quelle: www.BioLib.de

Giersch kommt fast überall in den gemäßigten Gebieten des eurasischen Laubwaldgürtels vor. Er liebt stickstoffreiche Böden und schattig-feuchte Standorte. Dort treiben im März die ersten Blätter aus – an einem Stiel mehrere dreigeteilte, gezähnte Blätter. Die Blüte kommt etwa im Mai; der Blütenstengel ist straff, dreikantig und hohl. Die Dolde setzt sich aus vielen kleinen Dolden zusammen, die aus bis zu 20 kleinen weißen Einzelblüten gebildet werden. Nach dieser Blüte wird der Giersch auch “Wiesenholler” genannt, da sie dem Schwarzen Holunder ähnelt.
Giersch schmeckt und riecht (wenn man ein Blatt zerreibt) entfernt wie Petersilie. Man kan ihn roh oder gekocht verwenden. Grobe Stiele und große, alte Blätter sind allerdings oftmals kein Genuß, da sie bitter sein können – die liest man also vor der Verwendung aus. Um Verwechslungen mit giftigen Doldenblütlern (wie Schierling z.B.) zu vermeiden, sollte man sich auf seine Nase verlassen: Schierling stinkt nach Mäuseurin, Giersch nicht…
Giersch enthält viel Kalium, Vitamin C, Karotin und Eisen, außerdem viele Spurenelemente. Außer gegen Gicht und andere Gelenkbeschwerden soll er auch entgiftend und krampflösend wirken. Auf jeden Fall ist er dienlich bei Insektenstichen: ein Blatt zwischen den Fingern rollen und drücken, damit der Zellsaft austritt, und den Stich damit betupfen. Das nimmt den Juckreiz.
Im Mittelalter wurde Giersch eigens als Heilpflanze angebaut. Darauf würde heute kein Mensch mehr kommen. Wenn man ihn einmal im Garten hat, wird man ihn nämlich nicht mehr los – es sei denn, man zieht weg…
Dennoch kann man es nach der Devise “Esset eure Feinde” halten und den gerodeten Giersch in der Küche verwenden: getrocknete oder frische Blätter kann man als Tee aufbrühen, junge Blätter, fein geschnitten, in Salate, Pesto, Kräuterbutter, Kräuterquark… untermengen, “Spinat”gemüse daraus kochen, Suppen, Pasteten und Füllungen damit anreichern.
Kaninchen und Meerschweinchen mögen Giersch übrigens auch – zum Fressen gern.
© Amhara zu Agorá

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