Adam von Bremen

13. Mai 2012
Von

Drachen

Adam von Bremen ist die Schlüsselfigur des Mittelalters, durch die wir die objektivsten und umfangreichsten Informationen über Nord- und Mitteleuropa im Frühmittelalter bekommen. Er stammte eigentlich aus Franken. Möglicherweise wurde er in der Nähe von Würzburg noch vor 1050 geboren. Seine Ausbildung erhielt er in Bamberg, bevor er nach Bremen ging. Der dortige Erzbischof Adalbert ernannte ihn 1066 zu Domherrn. Das war das Jahr, in dem die Normannen, die letztlich ihre Abkunft von den Wikingern herleiten, Britannien in der Seeschlacht von Hastings eroberten. In seiner Biographie und seinem vier Bände umfassenden Werk, der “Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum”, finden wir alle historisch bedeutenden Ereignisse wieder, die die Wikinger betreffen.

1. Die frühkarolinische Zeit unter Karl Martell und Karl dem Großen

2. Die Aufteilung des Reiches nach Karls Tod und Heidenmission unter seinen Nachfolgern in der Zeit von 937 bis 1043.

3. Das Episkopat des Erzbischofs Adalbert

4. Erst im letzten Band, der DESCRIPTIO INSULARUM AQUILONIS  (Beschreibung der Inseln des Meeres) berichtet er über die Besiedlung Islands und Grönlands. Hier stehen die Passagen, durch die wir überhaupt Genaues über die Wikinger wissen. Sie selbst hatten keine ausgeprägte schriftliche Tradition. Archäologisch fanden sich nur Zeichen auf Runensteinen. Ihr Wissen wurde mündlich weitergeben. Nur die Schamanen und Druiden (Kelten) verständigten sich über diese Runenschrift, die nur den Eingeweihten vorbehalten war. Die Lieder-Edda und Prosa-Edda wurden erst im Hochmittelalter schriftlich durch Snorri Sturluson (†1241) überliefert. Hätte man nicht die jüdischen, islamischen und christlichen Schulen gehabt, die darauf achteten, dass ihre heiligen Schriften immer wieder und wieder abgeschrieben wurden, irrten wir heute immer noch wie Ahnungslose herum und wüßten nichts über den Islam, das Juden- oder Christentum. Selbst wenn Religion – wie es so mancher Zeitgenosse von sich sagt – ihm egal wäre, so wäre viel technisches, medizinisches oder naturwissenschaftliches Wissen verborgen geblieben oder erst viel später entdeckt worden, wenn es keine schriftliche Überlieferung, die  über Generation reicht, gegeben hätte.

Adam von Bremen und Snorri Sturluson haben vielleicht damals getan, was heute die Gesellschaft für bedrohte Völker  oder die Wycliff-Übersetzer tun, Völkern ohne Schrift die Möglichkeit zu geben, ihre Sprache und damit auch ihre Geschichte festzuhalten.

Adam von Bremen

Adam von Bremen, Geschichte der Hamburger Kirche aus dem Buch Matthias Puhle (Herausgeber): Otto der Große. Magdeburg und Europa, Band II. aus dem 11. Jahrhundert (Quelle: Wikipedia)

In Auftrag des Erzbischofs unternahm er Reisen zu König Sven Estridsson aus Dänemark und zu König Olaf Tryggvason von Norwegen. 1069 wurde er magister scholarum (Domscholast), also Leiter der Klosterschule. Gestorben ist er vermutlich 1081, spätestens 1085. Nach der Verfassung der katholischen Kirche jener Zeit umfasste das Erzbistum Bremen-Hamburg das ganze Gebiet von den Britischen Inseln im Westen bis zu zur Ostsee. Adam beschreibt es so: “Diesen Sprengel umgrenzt gegen Abend der britannische Ozean (so genannt von den Römern, später Fresisches Meer; gegen Mittag die Elbe; gegen Morgen die Peene, welche in das Barbarische Meer (Ostsee) läuft; und gegen Mitternacht der Eider-Fluß.” Nach Norden waren jedoch keine wirklichen Grenzen gesetzt. Es schloss das unerforschte Gebiet, als da wären Island, Grönland und die nordamerikanische Küste, mit ein. Wenn es da Christen gab und neue Gemeinden, so gehörten sie natürlich gleich unter das Regiment des bremisch-hambugischen Erzbistums. Je größer das Land war, das von Seiten des Erzbischofs erfasst werden konnte, desto größer war auch sein Machtanspruch gegenüber den anderen Bischöfen. Es ging in großem Maße um persönliches Wohlleben, Geld, Einfluss und Macht. Als typisches Beispiel kann hier Adalbert genannt werden, der als äußerst machtbewusst galt. Er war versessen darauf, mehr vom unbekannten Norden unter seine Kontrolle zu bekommen, und schickte daher Adam immer wieder auf Reisen. Erzbischof Adalbert wollte Bremen zum “Rom des Nordens” machen und erwartete von den skandinavischen Königen die Zahlung des Zehnten. Logischerweise führte das zu Konflikten. Adam war dann in diplomatischer Mission unterwegs. Als 1103 Lund zum Erzbistum für Skandinavien ernannt wurde, herrschte Ruhe. Obgleich er wohl ein loyaler Mann war, den der Bischof häufig schickte, sparte Adam nicht an Kritik gegenüber seinem Vorgesetzten, so warf er ihm “übermäßiges Fressen und Saufen”, “Schwelgen und Huren in der Fastenzeit” vor.

In seinem Buch “von Göttern und Helden” gibt Arnulf Krause einen Bericht Adams von Bremen wieder, der Erzählungen über den Märtyrertod Wulfrads, eines christlichen Missionars in Schweden, und von Menschenopfern in der Gegend um Uppsala aufnimmt. Adam erzählt, dass der junge Angelsachse aus Liebe zu Gott nach Schweden zog, um den Heiden von Christus zu erzählen. “Nachdem viele Christen geworden waren, wagte er es, das Götzenbild Thors mit einer Axt zu zerstören. Darauf trafen ihn die Pfeile der Barbaren “mit tausend Wunden und so ging seine des Märtyrerlorbeers würdige Seele in den Himmel ein. Seinen Leichnam versenkten die Barbaren auf sehr schimpfliche Weise im Moor.” Adam schildert die Siedlung Uppsala als Mittelpunkt eines Tempels, in dem drei Götterbilder  standen. In der Mitte war Thor, der mächtigste Gott. Rechts von ihm war Odin und links Frikko (Freyr). Dort war ein für sie heiliger Hain, in dem alle neun Jahre neun männliche Opfer von Hunden, Rindern, Pferden, vor allem aber Menschen dargebracht wurden. Ein Christ erzählte Adam von Bremen,  er habe 72 Leichen ungeordnet an Bäumen hängend gesehen. Bis ins 20. Jh. hielten einige diese Geschichten für christliche Propaganda, bis vor einiger Zeit Archäologen in Uppsaka bei Lund auf Überreste eines Tempelturms und Menschenopfer stießen. Es wurden auch Waffen gefunden, die unbrauchbar gemacht wurden, indem man sie in einander verbog. Wer diese Opfer waren, ob sie Kriegsgefangene waren, Sklaven oder sich freiwillig meldeten, ist noch offen. Es sollte jedoch jedem zu denken geben, der sich fürs “Neuheidentum” begeistert.

Schriftliche Quellen:

Günther Garbrecht – Streifzüge durch die Geschichte Bremens

Arnulf Krause – Von Göttern und Helden

Wer Adam von Bremen im Original lesen will und des Latein mächtig ist, findet ihn hier: Bücher Adam von Bremen

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