Mittelalter for Beginners -Teil 4 – Ordensdarstellung

13. September 2015
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Das Mittelalter - erlebe es selbstRegelmäßig begegnet man auf Märkten “Klosterbrüdern”, ab und an findet sich auch eine Ordensschwester. Von wenigen rühmlichen Ausnahmen abgesehen, bewegen sich viele dieser Darsteller in einem Niemandsland zwischen “Bruder Tuck” und Rosenmontagsumzug… Daher soll an dieser Stelle etwas Licht ins Klosterleben gebracht werden!

Eine Sache vorneweg: wer sich für die ernsthafte Darstellung einer Person aus dem Ordensbereich entscheidet, sucht sich damit eine der schwierigsten Rollen der Szene aus. Will man die Darstellung eines Ordensangehörigen korrekt, nachvollziehbar und halbwegs geschichtsnah interpretieren, braucht es eine Menge Disziplin. Auch sollte man sich möglichst umfangreich über diese Personengruppen informieren, auch über die Geschichte des jeweiligen Ordens. Und mehr als einmal in der Saison sollte man auch eine gehörige Portion Spott vertragen können… Aber wenn man erst einmal auf den Geschmack gekommen ist, läßt einen die Geschichte des Ordenslebens nicht mehr los.

Rollenfindung

In einem Ordenshaus gibt es zahlreiche unterschiedliche Personen, Ränge, “Dienstgrade”. Es gibt Mönche, Nonnen, Novizen und Novizinnen. Auch leben in einem Kloster viele “Zivilisten”, Bedienstete, die zwar im Ordneshaus leben, aber keine Gelübde abgelegt haben. Pilger kommen zu Besuch, Leute halten Einkehr… Es bieten sich also verschiedene Möglichkeiten der Darstellung. In diesem Kapitel findet ihr ein paar grundlegende Anhaltspunkte zum Thema, die einzelnen Darstellungen werden dann separat behandelt.

Da nicht alle Orden zeitgleich entstanden, sollte man sich zuerst auf die darzustellende Zeit festlegen. Man sieht meistens Franziskaner auf den Märkten, querbeet durch alle Epochen. Kaum einer denkt daran, dass es diese Mönche erst nach Franz von Assisi (+1226) gegeben hat!

Die jeweiligen Orden haben alle individuelle Kleidervorschriften. Die allseits beliebte Knotenschnur beispielsweise hat nur bei einem Franziskaner Verwendung gefunden, sonst nirgendwo. Ob Schuhe, Gugel oder Mantel, überall gibt es Abweichungen. Bitte vorab informieren!

Nicht alle Ordensgemeinschaften reisen umher. Es gibt sehr strenge Ordenshäuser, deren Mitglieder nie ihre Klöster verlassen. Im Gegenzug waren nicht alle Nonnen immer nur im Kloster aufzufinden, sondern sind entgegen der landläufigen Meinung durchaus auch gereist (im Zuber haben sie dennoch nichts zu suchen…).

Vorsicht ist geboten bei klerikalen Personen mit höheren Weihen! Überlegt euch bitte mindestens dreimal, ob es denn wirklich ein Bischof, Erzbischof oder Kardinal sein muss! Je höher der Rang, desto mehr Fettnäpfchen gilt es zu umschiffen. Hier gilt der gleiche Grundsatz wie bei den allgemeinen Tips zur Rollenfindung: fangt klein an und tastet euch langsam an die Rolle heran! Besser ein guter Novize als ein schlechter Erzbischof!

Verhalten als Ordensdarsteller

Leider wird dieser Punkt von erschreckend vielen Darstellern vergessen oder nicht beachtet. Als Darsteller eines Personenkreises aus dem kirchlichen Umfeld (Mönchsritter, Mönche, Kapläne usw.) übernimmt man eine gewisse Verantwortung gegenüber der Kirche und dem klerikalen Leben. Alle diese Personengruppen folgten sehr strengen Regeln, legten Gelübde ab, hielten eiserne Disziplin. Entscheidet man sich für eine Darstellung, deren Vorbilder es heute noch gibt (Zisterzienser, Malteser, Franziskaner), ist besondere Vorsicht geboten! Die Ordenshäuser legen sehr viel Wert auf ihren Ruf und es kann gehörigen Ärger nach sich ziehen, wenn  man in seiner Darstellung diesen Ruf gefährdet!

Daher im Folgenden ein kleiner “Ordens-Knigge”. Wer es nicht schafft, sich mit diesen Punkten anzufreunden und sich halbwegs daran zu halten, sollte im Sinne der Glaubwürdigkeit und dem Respekt gegenüber den Vorbildern eine andere Darstellung in Erwägung ziehen.

- Respektvoller Umgang mit allem, was mit dem Glauben zu tun hat, muss eine Selbstverständlichkeit sein! Sprich: Teilnahme an Messen u.ä. mit dem gegebenen Ernst ist dringend angesagt. Klerikale Dinge dürfen nicht veralbert werden. Zumindest ein Vaterunser sollte man mitbeten können. Wer einen Kirchenmenschen darstellt, sollte diesen Punkt in der Darstellung glaubhaft vertreten. Wie man privat über diese Dinge denkt, steht auf einem anderen Blatt, aber in der Darstellung gibt es da eigentlich kein Pardon.

- Vorsicht beim Umgang mit sakramentalen Handlungen! Kirchliche Riten wie Taufe, Eucharistie-Feier u. ä. sind im Monopol der Kirche und da sollten sie auch bleiben! Eine einfache Andacht oder ein Stundengebet darf jeder halten, eine Eucharistie nicht. Hier bitte vor dem Abhalten einer Zeremonie ausreichend informieren, sonst kann es schnell zu Konflikten kommen!

- Fremde Religionen und ethnische Gruppen sind zu respektieren! Der Glaubenskrieg der Kreuzzugszeit kann und darf keinesfalls in die Jetzt-Zeit transportiert werden! Ihr lagert in der Nachbarschaft von Heiden, Muslimen, Wikingern? Respektiert sie! Achtet ihre Bräuche, stört nicht ihre Riten! Nur wer anderen Respekt entgegen bringt, darf ihn auch für sich selbst einfordern!!!

- Bitte nicht mit der Freundin Hand-in-Hand oder schmusend über den Platz spazieren. Damit wird die Darstellung echt zur Parodie.

- Lautes Gröhlen, “Platz da für den Orden”-Brüllen oder sonstiges auffälliges Gehabe geht gar nicht. Demut und Bescheidenheit galt als große Tugend!

- Am hellichten Tag in deutlich angetrunkenem Zustand durch die Gegend irren macht keinen guten Eindruck. Es hat ja keiner Einwände gegen ein Glas Bier, aber man sollte seine Grenzen kennen!

- Respektloses Verhalten gegenüber Besuchern, Darstellen, wem auch immer sollte absolutes Tabu sein. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, hier besonders hervorzuheben!

- Freundlicher, disziplinierter und brüderlicher Umgang mit Mitgliedern anderen Ordensgemeinschaften [u. ä.] wäre wünschenswert!!! Leider ist auch dies bei weitem keine Selbstverständlichkeit!

Der hl. Augustinus überreicht Norbert von Xanten seine Ordensregel (um 1140) (Quelle: Wikipedia)

Der hl. Augustinus überreicht Norbert von Xanten seine Ordensregel (um 1140)
(Quelle: Wikipedia)

Und wie geht es weiter? Ihr habt es euch gründlich überlegt und wollt tatsächlich einer klösterlichen Gemeinschaft beitreten? Schön! Ein paar Anhaltspunkte für die Rollenfindung habt ihr ja schon. Sucht euch einen passenden Orden aus, informiert euch über Gewandungen und Besonderheiten, dann kann es los gehen. Nach und nach soll es auch an dieser Stelle einige Beispiele für Ordensdarstellungen im Detail geben, guckt einfach mal wieder rein!

Übrigens: ihr müsst nicht extra Latein lernen, das konnte damals auch nicht jeder Mönch!  ;)

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