Umweltbelastungen im Mittelalter – Luftverschmutzung und Gestank

20. April 2014
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Heutzutage versucht man, Umweltverschmutzung und Lärmbelastung mit mehr oder minder geeigneten Mitteln einzudämmen. Aber auch für die Menschen im Mittelalter war dies schon ein Thema. Allerdings waren sie noch weit entfernt von einem umfassenden ökologischen Bewusstsein. Der Raubbau an der Natur, Umweltverschmutzungen, Rauch, Gestank, Müll und auch Lärm waren fast überall allgegenwärtig. Die eine oder andere Verordnung aus jener Zeit zeigt, dass auch damals schon versucht wurde, dagegen vorzugehen. Allerdings waren die Bemühungen nur sehr regional begrenzt. Globale Absprachen wie heute gab es nicht.

Nicht erst im Mittelalter kam es zur Luftverschmutzung. Möglicherweise wurden bereits in der Antike Schwermetalle in die Luft geblasen. Die Qualität der Luft in einer mittelalterlichen Stadt war vermutlich schlechter als vor etwa 50 Jahren.

Wie kam es im Mittelalter zu Luftverschmutzungen?

Färber - Hausbuch der Landauerschen Zwölfbrüderstiftung

Färber
Hausbuch der Landauerschen Zwölfbrüderstiftung, Band 1. Nürnberg 1511-1706. Stadtbibliothek Nürnberg, 279.2°
Quelle: Wikimedia

Bereits das Abbrennen von Holz und Kohle zum Heizen erfüllt die Luft mit Abgasen. Aber auch zahlreiche technische Prozesse trugen maßgeblich zur Luftverschmutzung bei. Meist ging dies einher mit dem Abbrennen von Materialien zur Gewinnung von Hitze im Herstellungsprozess. Die Verarbeitung von Erzen, Metallen und Glas in Seiger-, Schmelz- und Glashütten sowie in Schmieden verbreiteten Stickoxyde, Schwefeldioxyd, Kohlenmonoxyd, Kohlendioxyd, Blei, Arsen, Antimon oder Zink. Auch bei der Herstellung von Salz durch Verdampfen in Siedehütten bzw. Pfannhäusern entstanden Abgase. Aber auch bei einfacheren Gewerken waren die Luftverschmutzungen nicht unerheblich.

In den Färbereien entstanden nicht nur Abgase durch Feuer. Durch die verwendeten Komponenten wie Mineralien, Pflanzen, Tieren und Urin kam es teilweise zu erheblichen Geruchsbelästigungen. Ähnlich ging es auch in den Gerbereien zu. Diese verwendeten zur Verarbeitung von Tierhäuten ebenfalls Urin.

Aber auch die einzelnen Menschen trugen dazu bei, dass es stank. Viele hielten auch in den Städten an der alten landwirtschaftlichen Lebensweise fest. Neben den Werkstätten im Erdgeschoss gab es häufig auch Ställe für Tiere. Gehalten wurde so ziemlich alles. Neben kleineren Tieren sogar Rinder, Schafe und Schweine. Gerade letztere verbreiteten einen enormen Gestank.

Schlossgraben mit Aborterker - Wasserschloss Hülsede

Titel: Wasserschloss Hülsede , Schlossgraben mit Aborterker
Foto: AxelHH
Original-Datei: Wasserschloss Hülsede , Schlossgraben mit Aborterker
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Nicht zu vergessen sind die katastrophalen Verhältnisse bei der Entsorgung der Fäkalien. Verliefen durch die Stadt fließende Gewässer, brachten die Menschen Erker an ihren Häusern an. In diesen befanden sich die Aborte. Ohne weitere Rohre fielen die Exkremente direkt ins Wasser.

Ansonsten verliefen in den Städten zur Entsorgung der Fäkalien meist offene Gräben durch die Straßen, durch welche die stinkenden Abwässer geleitet wurden. Auch hier gab es wieder die Aborte an den Häuserwänden. Da der Gestank kaum zu ertragen war, hatten die Häuser an dieser Seite möglichst wenige Fenster und Türen. Solche Art von Toiletten gab es aber nicht nur bei den Menschen in der Stadt. Auch auf vielen Burgen wurden diese Erker angebaut. Auch hier fielen die menschlichen Ausscheidungen direkt hinunter.

Die Maßnahmen, die gegen die Luftverschmutzung und den Gestank getroffen wurden, waren recht unterschiedlich. Zum einen wurde versucht, durch die Separierung der Wohnviertel von den verschmutzenden Gewerken eine Verbesserung für die Menschen zu erreichen. Reine Wohn- bzw. Gewerbegebiete entstanden. Zum anderen wurde die Verwendung einzelner Stoffe verboten. Ein Beispiel dafür ist die Steinkohle, welche durch ihren hohen Schwefelgehalt zu Erkrankungen der Atemwege führte. Zwickau soll den Schmieden die Verwendung bereits 1248 verboten haben.  

Die Kirchen versuchten, dem Gestank, der überall herrschte und der auch im Gotteshaus von dessen Besuchern ausging, entgegenzutreten. Durch die Verwendung von Weihrauch und Myrre, welche einen intensiven Geruch verbreiteten, stellten die Kirchen einen extremen Gegensatz zu der sonst so übelriechenden Umgebung dar.

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2 Responses to Umweltbelastungen im Mittelalter – Luftverschmutzung und Gestank

  1. 20. April 2014 at 13:58

    Daher auch der Ausdruck “Stadtluft macht frei”:
    Es stinkt dort zwar zum Himmel, aber die Bewohner waren vor dem Gutdünken der Fürsten (und Räuberbanden) geschützt.

    • Landrichterin
      20. April 2014 at 19:03

      Das ist eine schöne Überleitung zu einem weiteren interessanten Thema. Wie konnten die Menschen eine bessere Rechtsstellung erreichen?

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