Karneval ist von alters her die Zeit im Jahr, in der das Unterste zu oberst gekehrt wird. Standesunterschiede gelten nicht. Der ‚einfache Mann auf der Straße‘ darf es sich herausnehmen, Fürsten, Priester und andere wichtige Leute nicht nur nachzuahmen, sondern sie kräftig zu kritisieren oder zumindest durch den Kakao zu ziehen. Mindestens der Grundsatz der Gleichheit gilt seit über 4000 Jahren. Zur Zeit des sumerischen Priesterkönigs Gudea von Lagasch war für sieben Tage nach Neujahr arbeitsfrei („kein Getreide wird gemahlen“) und das Gesinde der Herrschaft gleichgestellt. So wurde eine symbolische Götterhochzeit gefeiert.
Im gesamten Mittelmeerraum wurde diese Tradition mit dem Ackerbau verbunden. Die ausgelassene Zeit wird am Ende des Winters gefeiert, um ihn zu „vertreiben“ – vieles davon findet man heute noch bei Masken und Lärmgeräten bis hin zur ohrenzerreißenden Guggenmusik.
„Fasching“ oder „Karneval“ wird im Mittelalter erst spät erwähnt. Für das Jahr 1296 wird aus Speyer berichtet, daß eine Schlägerei zwischen Bürgern und Bediensteten des Bischofs und des Domkapitels so ausartete, daß beide Seiten gegeneinander Klage führten. Am 05.03.1341 beschließt der Rat der Stadt Köln, keine Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln mehr für „Fastelovend“ zu gewähren – es war vorher also üblich gewesen. Und am 26.10.1353 wurde dringend darauf hingewiesen, daß der Erzbischof von Köln Klerikern und Ordensleuten verboten hatte, Bier und Wein zu verkaufen oder auszuschenken. Das Verbot hielt immerhin 13 Jahre.
Die katholische Kirche erwies sich über die Jahrhunderte als duldsamer denn viele Stadträte. Diese verboten öfter einmal den Karneval gänzlich. Worauf aber strikt von der Geistlichkeit geachtet wurde: der Fasching hat mit dem Aschermittwoch zu enden. Dann beginnt die strenge vorösterliche Fastenzeit.
Mit der Reformation erloschen die Karnevalstraditionen in England und in den protestantischen Reichsteilen. Daher gibt es auch fast keine Faschingstraditionen in den USA.
Erst in der neuesten Neuzeit erlebt er auch in protestantischen bzw. entkirchlichten Regionen Deutschlands eine Erneuerung, und zwar als kabarettistisches Großereignis.
© Amhara zu Agorá
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