Der erste nicht fränkische König des Ostfränkischen Reiches, der Sachsenherzog Heinrich I., ließ etwa im Jahre 928 für den Kronprinzen Oddo I. in England um eine Braut werben. Mit dem englischen Königshaus standen sich die Sachsenfürsten besonders gut, waren sie doch stammverwandt. Zudem bestand die angelsächsische Dynastie bereits seit 300 Jahren und war so in ihrer Würde gefestigt. Und sie führte sich auf den Märtyrerkönig Oswald von Northumbria zurück. Heilige als Familienmitglieder, noch dazu Märtyrer, hielten das Reich zusammen. Die Sachsenfürsten heirateten “nach oben”, die Königinnen erhöhten durch Herkunft und Bildung den Rang ihres Gatten.
Der 17jährige Oddo war übrigens bereits Vater eines Sohnes, der später Erzbischof von Mainz wurde. Da dessen Mutter eine vornehme Slawin war, kam sie aus politischen Gründen für Heinrich I. als Schwiegertochter nicht in Frage.
Die Brautwerbung bei König Aethelstan soll nach Roswitha von Gandersheim sofort mit Wohlwollen aufgenommen worden sein. Der angelsächsische Fürst sandte gleich zwei seiner Halbschwestern, die 17jährige Edgitha und die 16jährige Egvina, “zur Auswahl” mit reicher Mitgift ins Ostfränkische Reich. Die Schwestern reisten in der Obhut eines Bischofs übers Meer und den Rhein hinauf nach Köln, wo sie von Gesandten König Heinrichs I. empfangen wurden.
Die Wahl fiel auf die ältere Edgitha (der Überlieferung nach soll sie anmutig, liebreizend, mildtätig und ausgleichend gewesen sein) und die jungen Leute wurden im Jahre 929 in einer prunkvollen Hochzeit in Quedlinburg verheiratet. Als Morgengabe erhielt Edgitha die Stadt Magdeburg – damals ein nicht besonders bedeutender Umschlagplatz für den Handel mit den slawischen Völkern, die damit Edgithas persönliches Eigentum wurde. Diese Eheschließung trug zur Festigung des gerade erst entstehenden Deutschen Reiches nicht unwesentlich bei. Edgithas jüngere Schwester wurde nach Hoch-Burgund an Ludwig, den Bruder König Rudolfs II., verheiratet. Hoch-Burgund umfaßte große Gebiete der heutigen Schweiz. Zwei ältere Schwestern waren im Westfrankenreich verheiratet: Edgifa mit König Karl dem Einfältigen und Edhilda mit Hugo, Herzog von Franzien.
Oddo und Edgitha wurden am 07.08.936 in Aachen gekrönt, wobei Oddo (im Gegensatz zu seinem Vater) nicht auf die religiösen Weihen verzichtete.
König Heinrich I. hatte bereits in einer “Hausordnung” den erstgeborenen Oddo zum alleinigen Erben und Nachfolger bestimmt. Angesichts der bei den Franken üblichen Erbteilung war diese Regelung keineswegs selbstverständlich und sie stieß bei den übergangenen Söhnen auch gar nicht auf Zustimmung. Aber die übrigen Herzöge hatten im Zuge der Ungarn- und Slawenkriege einen derartigen Machtzuwachs erfahren, daß eine Teilung des Reiches gegen diese Fürsten nicht mehr durchführbar schien.
Edgitha wurde Mutter von zwei Kindern: Liudolf, Herzog von Schwaben (er starb 957) und Liutgard, die mit Konrad dem Roten, Herzog von Lothringen, verheiratet wurde. Dessen Vater war Werner, Graf des Worms- und des Speyergaues. Mütterlicherseits können sich die Salier also auf die Ottonen zurückführen.
Edgitha veranlaßte den Bau des Benediktinerklosters St. Mauritius in Magdeburg, das der Stadt in kurzer Zeit zu Ansehen und Blüte verhalf. Es sollte die Familiengrablege der Sachsenkönige werden. Die Engländer hatten bereits unangenehme Erfahrungen mit kriegerischen Dänen und anderen “Nordmännern” gemacht und daher Städte und Klöster befestigen lassen. So wird Edgitha maßgeblich dazu beigetragen haben, den ursprünglich nicht befestigten und direkt an der Elbe gelegenen Handelsplatz Magdeburg landeinwärts zu verlegen und zu umwallen.
Bereits zu Lebzeiten wurde Edgitha, der Geschichtsschreiberin Roswitha von Gandersheim zufolge, wie eine Heilige verehrt. Sie ist aber nie heilig gesprochen worden. Ihre Verehrung hat sich dennoch über mehrere Jahrhunderte erhalten. Sie lebte sieben Jahre als Prinzessin am Hofe, bevor sie zur Königin gekrönt wurde. Ihre Schwiegermutter Mathilde stammte aus dem Geschlecht Herzog Widukinds von Sachsen, dem Gegenspieler Karls des Großen, war ihrer Schwiegertochter an Geblüt also nicht ebenbürtig.
Als König Heinrich I. 936 starb, entzweiten sich die Königinwitwe und der Thronfolger. Eifersüchtig wurden die jeweiligen Klostergründungen gegeneinander aufgerechnet. Dabei schien Mathilde dem jungen König zuviel ihres Wittums (Witwenrente) an Klöster und Kirchen zu verwenden und zu verschenken. Außerdem ergriff sie mit einer gänzlich irrationalen Begründung Partei für den jüngeren Sohn Heinrich, den sie offensichtlich lieber auf dem Thron gesehen hätte: Oddo sei minderen Ranges, da sein Vater zum Zeitpunkt der Geburt “nur” Herzog gewesen sei, Heinrich aber sei “unter dem Purpur gezeugt”.
Daher zwang er seine Mutter zur Herausgabe ihrer Schätze und verbannte sie in das Nonnenkloster nach Enger (bei Herford), ihren Geburtsort. Durch Edgithas Vermittlung gelang es, daß Mutter und Sohn sich aussöhnten, Mathilde nach Sachsen zurückkehren konnte und auch wieder “in den alten Stand gesetzt” wurde.
Am 26.01.946 starb Edgitha, anscheinend unerwartet und vergleichsweise jung. Oddo, der seine Gemalin sehr schätzte, soll sehr um sie getrauert haben. Er wollte nach seinem Tode im Jahre 973 in Magdeburg an der Seite Edgithas, seiner ersten Frau, beigesetzt werden. Sie fand ihre letzte Ruhe in der noch im Bau befindlichen Kirche des St. Mauritius-Klosters und wurde später in den Dom umgebettet. Daher liegt das Herrscherpaar nicht mehr “Seite an Seite”.
© Amhara zu Agorá
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