Getreide – die ältesten Arten

5. August 2012
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Heil- und Nutzpflanzen“Getreide” nennt man wegen ihrer Körnerfrüchte kultivierte Pflanzen aus der Familie der Süßgräser. Sie gehören zu den Grundnahrungsmitteln der menschlichen Ernährung, werden aber auch als Viehfutter und zur Herstellung von Genussmitteln und technischen Produkten verwendet. Manche dieser Getreidearten enthalten Gluten, ein Klebereiweiß, andere nicht. Die glutenfreien Getreidearten sind Mais, Reis und Hirse. Wegen des Mangels an Klebereiweiß kann man allenfalls Fladenbrot aus ihnen machen.

Für die menschliche Ernährung muss man das Getreide dreschen, mahlen und gegebenenfalls die Kleie abtrennen. Um das nun gewonnene Mehl lagerfähig zu machen, muss der Keimling entweder entfernt oder durch Erhitzen denaturiert werden – so kann das darin enthaltene Oel nur verlangsamt ranzig werden. Sonst würde der Genuss der daraus hergestellten Erzeugnisse doch sehr beeinträchtigt werden. Tiere stellen an ihr Futter geringere Ansprüche.

 

Grannenweizen

Grannenweizen (Tafel aus -Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz- von Otto Wilhelm Thomé von 1885) – Quelle: www.BioLib.de

Einkorn und Emmer – die ältesten Weizenarten

Weizen ist das Hauptgetreide der gemäßigten Zone. Die beiden ältesten Weizenarten Emmer und Einkorn werden seit der Jungsteinzeit kultiviert. Sie stammen aus dem Vorderen Orient. Durch archäologische Ausgrabungen wurde kultiviertes Einkorn sicher in Jericho nachgewiesen (6700 – 6000 v. Chr.), aber auch am oberen Euphrat unter anderem in Nevali Cori (7.200 v. Chr.) und in Abu Hureyra (7.800 – 7500 v. Chr.). Diese jungsteinzeitlichen Siedlungen haben eine noch ältere Vorgeschichte – in den älteren Lagen findet sich Wildes Einkorn, sodass man sicher annehmen kann, dass es schon vor der Domestizierung eine Bedeutung als Sammelpflanze hatte.
Auch Oetzi hat sich von Einkorn ernährt.

Einkorn ist relativ anspruchslos und widerstandsfähig gegen viele Schädlinge. Allerdings bringt es erheblich geringere Erträge als moderner Hybridweizen: 12-21 dt pro Hektar gegenueber 80 dt pro Hektar. Es ist begrannt und in der Farbe Roggen ähnlich. Im 20. Jh. war Einkorn fast ausgestorben. Es wurde aus den letzten verbliebenen Samen in der Schweiz, in Deutschland, dem österreichischen Waldviertel und in der Türkei angebaut und so erhalten.

Einkorn enthält mehr Mineralstoffe und Aminosäuren als Weizen. Das in ihm enthaltene Betacarotin gibt Einkornmehl eine gelbliche Farbe. Aus Einkorn-Malz kann Bier gebraut werden.

Emmer, auch Zweikorn genannt, ist die zweite urtümliche Weizenart. Er hat recht lange Grannen. Aus wildem Emmer wurden Hartweizen und Kumut kultiviert. Er kann recht leicht mit Wildem Weizen verwechselt werden. Im Gegensatz zum Wildemmer hat die Kulturform eine feste Spindel. Sie verhindert, dass das Getreide sich selbst vermehren kann. Beim Wilden Emmer bricht die Spindel mit der Reifung der Körner, diese fallen herab und können austreiben. Domestizierter Emmer wird seit Nevali Cori (7200 v. Chr.) regelmäßig in jungsteinzeitlichen Siedlungen gefunden.

Emmer ist eiweiß- und mineralstoffreich und auch zum Brotbacken geeignet, besonders gut für Vollkornbäckerei. Ebenso kann man Bier daraus brauen, das dunkel, meist trüb und sehr würzig ist. In Deutschland wird es nur noch zum Sortenerhalt (für den Genpool) angebaut.

Dinkel und Weizen

Dinkel

Weizensorten (Tafel aus -Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz- von Otto Wilhelm Thomé von 1885) – Quelle: www.BioLib.de

 

Wildformen von Weizen und Dinkel sind unbekannt. Seit 15.000 Jahren ist Dinkel als Kulturpflanze im Gebiet des heutigen Iran, Afghanistan und Pakistan bekannt. Dort wird er auch als sogenannter “Additionsbastard” aus zwei Wildgetreidearten (Einkorn und ein anderes Gras) entstanden sein. Dinkel wird auch “Spelz” oder Schwabenkorn genannt. Die Körner sind fest mit der Spelze verwachsen, was einen extra Verarbeitungsschritt erfordert.

Dinkel ist eng mit dem Weizen verwandt, verträgt aber rauheres Klima als dieser und ist widerstandsfähiger gegen Krankheiten. Heutzutage wird er besonders in Baden-Württemberg angebaut, in der Schweiz, in Belgien und in Finnland. Dinkel enthält Gluten, sodass man Brot daraus backen kann. Auch Bier kann man aus Dinkel brauen, für das das Reinheitsgebot von 1516 gilt. Ortsnamen wie Dinkelsbühl machen deutlich, wie wichtig dieses Getreide früher auch in Deutschland gewesen ist. “Grünkern” ist die unreife Frucht dieses Getreides. Diese Form der Verwendung ist aus der Not geboren: drohten Missernten, holte man das Getreide unreif ein, musste die Körner dann dörren, um sie haltbar zu machen, und kam damit wenigstens über den Winter. Grünkern ist nicht backfähig, aber gut und nahrhaft in Suppen und Eintöpfen; auch zu Bratlingen kann man ihn verarbeiten.

Weizen hat seinen Namen von der hellen Mehlfarbe, bedeutet also “weiß”. Ein “junges” Weizenfeld wirkt blaugün, die Ähren sind gedrungen und haben keine Grannen. Weizen ist anspruchsvoller als andere Getreidearten. Der Sommer sollte warm und trocken sein und der Boden nährstoffreich. Sommerweizen ist nicht so ertragreich wie Winterweizen, dafür enthält er mehr Protein als dieser. In Deutschland macht Sommerweizen lediglich 1% der Gesamternte an Weizen aus.

Nach Mais ist Weizen das zweitwichtigste Getreide weltweit. Meist handelt es sich dabei um Weichweizen, den man zum Backen braucht. Hartweizen, den man für Nudeln benötigt, wird in Deutschland fast gar nicht angebaut.

Weizen

Kulturweizen (Tafel aus -Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz- von Otto Wilhelm Thomé von 1885) – Quelle: www.BioLib.de

Weizen ist aus mehreren Wildgrasarten (wie Dinkel) entstanden. Älteste Funde hat man im westlichen Mittelmeergebiet sowohl in Afrika wie in Spanien und Portugal gemacht, sie datieren aus dem 7. Jahrtausend vor Chr. In Mitteleuropa war Weizen den Getreidearten Einkorn, Emmer und Gerste unterlegen. Der moderne Weichweizen ist geschichtlich relativ jung. Der Weizen Roms war Emmer, auch ‘far’ genannt.

Das im Weizen enthaltene Gluten enthält alle essentiellen Aminosäuren. Für sich allein genommen entspricht es aber nur 55% des Vollei-Standards. In Kombination mit Hülsenfrüchten entsteht hingegen ein Gesamtprotein mit sehr hoher biologischer Wertigkeit. Vollreifer Weizen enthält 70% Stärke, bis zu 12% Eiweiß, etwa 2% Fett und ungefähr 14% Wasser. Das Keimöl besteht zu über 60% aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren, davon sind etwa 88% die Omega-6 Fettsäure “Linolsäure”. Mit bis zu 300 mg Vitamin E pro 100g Öl ist Weizenkeimöl das Öl mit dem höchsten Gesamtgehalt an diesem Vitamin. Daher aber hat es auch eine recht geringe Oxydationsstabilität.

© Amhara zu Agorá

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